Gespenster im Bohnenplätz
Ein junges Mädchen hatte eine Freundin auf Besuch und die beiden schwatzten noch spät nachts in ihrer Kammer. «Weisch was?» sagte die eine, «i hät jetz Gluscht nach Erdbeeri.» Darauf meinte die andere, sie wisse wo solche zu finden seien, nämlich im «Pflanzplätz» oben am Waldrand.
Es ging bereits gegen Mitternacht, im Rebdorf waren alle Lichter erloschen. Die zwei Kameradinnen schlüpften mäuschenstill aus dem Hause in ihren langen weissen Nachthemden und kletterten leichtfüssig den steilen Weg hinauf. Es war eine laue Sommernacht, nichts regte sich in der Dunkelheit, so dass sie unbemerkt ihr Ziel erreichten. Zwischen hohen Bohnenstauden hindurch gelangten sie zu den Erbeerbeeten, wo schöne reife Früchte lockten.
Nebenan lag der Gottesacker in tiefem Frieden. Die beiden hatten schon eine Weile geschmaust, als sie plötzlich erschrocken innehielten. Auf dem Weg ertönten Schritte, und als sie durch die Stauden äugten, erblickten sie ein Liebespaar, das eng umschlungen daher kam und geradewegs auf die nahe Bank zusteuerte.
«Wei-mer däne Angscht mache?» flüsterte die Freundin und ohne lange Überlegung sausten die zwei weissgekleideten Gestalten hinter den Bohnenstangen hervor, mit den Armen fuchtelnd und dumpfe Töne ausstossend. Die Wirkung war furchtbar. In wilder Panik schoss das Paar davon und rannte schreiend um sein Leben. Der voraus eilende junge Mann drehte sich nicht einmal nach seiner Liebsten um, als diese stolpernd umfiel.
Betreten schauten die «Geister» den Flüchtenden nach und schlichen dann still nach Hause, zurück in ihre Betten.