Freitag der 2.März

Es war am Freitag, dem 2. März, in der Morgenfrühe. Die bernischen Truppen im Dorfe Lengnau - 850 Mann - schliefen noch. Über dem dunklen Jurahang stand der Vollmond. Plötzlich schlichen sich in der Stille französisehe Soldaten gegen das Dorf, umstellten es und drangen dann von allen Seiten ein. Die Überraschten setzten sich zur Wehr. Bald hörte man Sturmglocken läuten, Kanonen donnern und Flinten knattern. Die Berner erlagen der achtfachen Übermacht. Zweihundert Mann fielen; die andern flohen gegen Grenchen und Solothurn. Um 11 Uhr übergab sich diese Stadt den anrückenden Franzosen. Ungefähr zur gleichen Zeit kapitulierte Freiburg. In Payerne unterhandelten die ahnungslosen bernischen Gesandten noch immer - bis um 1 Uhr.

Die Truppen in Murten und Umgebung mußten ihre Stellungen aufgeben. Über ihren Rückzug berichtet jener Scharfschützenleutnant  <<Wo wir durchkamen, lagen Greise, Weiber und Kinder auf den Knien und beschworen uns, sie nicht zu verlassen; denn sie betrachteten uns als ihre Schutzengel. „Truppweise folgten sie schluchzend unserem Zuge. Viele hatten ihre besten Habseligkeiten zusammengepackt und flüchteten, sie wußten selbst nicht, wohin. Alle beteuerten, sie wollten fechten bis auf den letzten Mann; nur sollten wir bei ihnen bleiben. Für mich war es der traurigste Augenblick meines Lebens, dieses schöne Land, dieses treue Volk einem übermütigen Feinde preisgeben zu müssen, ohne einen Schuß zu seiner Verteidigung getan zu haben.»

Nach dem Falle Freiburgs und Solothurns liefen Scharen von bernischen Soldaten nach Hause. Sie waren fest davon überzeugt, daß Regierung und Offiziere sie «verkauft und verraten» hätten.

Wie verlief der Tag in der Stadt? Ein Patrizier (Oberst und Ratsherr Albrecht Rudolf von Büren) und ein Handwerksmann (Schneidermeister Eggimann) berichten:

«In der Morgenfrühe hörte man fernen Kanonendonner. Nachmittags gegen 2 Uhr schallten von verschiedenen Orten her Sturmglocken. Auf dem Gurten und dem Bantiger brannten Wachtfeuer hell und hoch als Alarmzeichen. Massen von Zuschauern füllten die Plattform an, um das niegesehene Feuerzeichen der Not des Vaterlandes anzustaunen. Verwirrung, Angst und Unordnung stiegen allenthalben.»

«Um 5 Uhr abends langte ein Teil der Truppen, die bei Lengnau gefochten hatten, in der Stadt an. Man erfuhr von ihnen, daß die Franken weit bessere Soldaten seien, als man sie unserm leichtgläubigen Landvolke geschildert hatte. Diese Berichte dienten wahrlich nicht dazu, unsern Mut zu erhöhen.

Nun fing es an, in dem sonst so ruhigen Bern recht lebhaft zu werden. Bataillone rückten ein, Bataillone rückten aus, bald hierhin, bald dorthin. Bagagewägen und Kanonen sprengten bald zu diesem, bald zu jenem Tore hinaus. Kuriere langten an, Kuriere flogen fort. Überall wollte man helfen, und nirgends war geholfen. Bagagewägen schleppten Brot hin, wo Kugeln nötig waren, und Kugeln dorthin, wo man kein Brot bekommen hatte. Die Befehle durchkreuzten sich.

Abends um 6 Uhr ward durch Trommelschlag bekanntgemacht, wie sich jegliche Klasse der Bewohner Berns bei einem Angriff auf die Stadt zu verhalten habe. So endigte der erste Tag des unseligen Krieges. Man legte sich mit sehr verschiedenen Gefühlen zu Bett, die einen mit schwerem Herzen; die andern waren immer noch der besten Hoffnung und träumten sogar von Siegen»

 

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