Franzosen, Österreicher und Russen in unserem Lande
Die Völker, die Frankreich besiegt hatte, wollten sich mit ihrer Niederlage nicht abfinden. Sie bereiteten sich zu einem neuen Kampfe vor. So rückten Mitte Oktober 1798 österreichische Truppen in den Kanton Graubünden ein, der damals nicht zum helvetischen Einheitsstaat gehörte. Die Franzosen verstärkten darauf ihr Heer in unserem Lande nach und nach von 25‘000 auf 95‘000 Mann, und die Zahl der Pferde vermehrten sie von 2000 auf gut 17‘000. Die Schweiz mußte diese Armee ernähren und zeitweise auch besolden. Im März 1799 erklärte Frankreich den Österreichern und ihren Verbündeten den Krieg. Verbündet mit Österreich war Rußland. So marschierten nun nicht bloß Österreicher in unser Land ein, um die Franzosen zu bekämpfen, sondern auch Russen. Das waren seltsame Gäste, diese Leute aus dem Osten, vom Don und vom Ural. Augenzeugen schildern sie:
«Die russische Armee bestand aus allerlei Völkern, deren Sprache hier kein Mensch verstehen konnte: Russen, Kosaken, Kalmücken und Tataren, harte, rohe, kriegerische Leute, aller Strapazen gewohnt, von schwarzbrauner Farbe. Einige waren von großer Statur, so Kosaken, Kalmücken
und Tataren. Sie trugen lange, weite Hosen, zugespitzte rote Mützen oder Kappen und lange Bärte und Schnäuze, die ihnen ein fürchterliches Aussehen verschafften. Sie besaßen Karabiner und an langen ledernen Riemen kleine Spieße, die sie künstlich zu werfen und wieder zurückzuziehen wußten, und einen großen Säbel und Dolche. Andere trugen Gabeln oder lange Spieße. Die Reiterei war vortrefflich; die Pferde waren zwar nur klein, aber außerordentlich schnell und wohl abgerichtet»
Eine Zeitlang beherrschten die Russen einen großen Teil der Ostschweiz samt der Stadt Zürich. Die Fraumünsterkirche war für ihren Gottesdienst eingerichtet, und es wurden in ihr täglich Messen gelesen. Die Offiziere waren in den Bürgerhäuscrn und die Gemeinen in der Kaserne einquartiert.In der Landschaft hauste ein Teil der russischen Soldaten in Zelten von grünem und weißem Tuch. Andere errichteten aus Weiden und Strauchwerk Hütten, die wie Hundeställe aussahen. Oben waren blecherne Heiligenbilder angebracht. Vor diesen bezeugten sie große Ehrfurcht. Niemand durfte sie berühren.