Die Kämpfe der Schwyzer bei Rotententurm und Morgarten

Die Bewohner von Uri, Schwyz, Nidwalden, Glarus und Zug wollten trotz allen Drohungen die helvetische Verfassung nicht annehmen.

Wir wissen, es erfüllte sie mit Ingrimm, daß sie nicht mehr zu Landsgemeinden zusammenkommen sollten und daß sie ihre Beamten nicht, wie früher, selbst wählen durften. Auch verletzte es sie, daß ein Verfassungsartikel bestimmte:

«jeder Gottesdienst steht unter der Aufsicht der Polizei. Diese hat das Recht, sich die Lehren und Pflichten, die gepredigt werden, vorlegen zu lassen.»

Bald kamen die Unzufriedenen - Verbot hin oder her - zu Landsgemeinden zusammen. Hier schwuren sie, entblößten Hauptes, mit emporgereckten Händen, «für Erhaltung der katholischen Religion und Rettung der teuren Freiheit Gut, Blut, Leib und Leben zu opfern». Zugleich wählten sie den schwyzerischen Landeshauptmann Alois Reding zum Oberanführer. Reding hatte in Spanien gedient und zählte 34 Jahre.

Wenn Volk und Priester die Landsgemeinden verließen und den Heimweg zu ihren Hütten antraten, so riefen sie: «Das Kreuz Jesu Christi sei unser Freiheitsbaum !»

Unter den Priestern fiel Pater Paul Styger auf. Er erschien hoch zu Roß, den Säbel an der Seite und das Kruzifix in der Hand. Das Volk verehrte und liebte ihn, weil er zugleich ein guter Reiter, ein sicherer Schütze und ein frommer Mann sei.

Bald wurde es in den Werkstätten der Dörfer und in den Hütten der Bauern lebendig. Die Männer besserten Tag und Nacht Gewehre aus, beschlugen Knüttel und Morgensterne, gossen Kugeln und stellten Patronen her.

Ende April besetzte Reding mit etwa 10‘000 Mann die Eingänge zur Urschweiz. Allein er mußte sich bald vor den andringenden Scharen des Generals Schauenburg zurückziehen. Am 2. Mai kam es bei Rotenturm zu einem blutigen Kampfe.

Ein zeitgenössischer Schriftsteller und Politiker (Johann Heinrich Zschokke), der Berichte von Augenzeugen verwerten konnte, schildert diesen Kampf mit folgenden Worten:

«Alois Reding ließ nach dem ersten Abfeuern das sehnlich erwartete Sturmzeichen schlagen. Mit einem Mut, der beinahe an Raserei grenzte, brach nun alles auf, mit gefälltem Bajonett, jauchzend dem Feind entgegen. Die Begierde, mit den Besiegern Europas handgemein zu werden, war so groß, daß sie, allen Gefahren und dem fürchterlichsten Feuer aus tausend Röhren und Schlünden zum Trotz, durch eine Ebene von mehr als 800 Schritt festgeschlossen vordrangen, ehe sie den Feind am Fuße des Berges angreifen konnten. Die Franken schienen einen Augenblick unschlüssig, ob Flucht, ob Widerstand. Es war aber bald entschieden. Das Bajonett der Schwyzer brach die feindlichen Reihen. Ein viertelstündiges Gemetzel, und die Franken ergriffen die Flucht. Binnen einer halben Stunde waren die Schwyzer Meister von den Anhöhen. Die Franzosen büßten viel Volk ein.»

Ähnlich wie bei Rotenturm ging es in einem Gefecht bei Morgarten. Urner und Schwyzer sagten zueinander: «Machen wir's kurz, nehmen wir sie unter die Kolben!»
Der Sieg über die Franzosen entschied jedoch nichts endgültig; denn Schauenburg konnte neue Truppen heranziehen. Die Mannschaften Redings dagegen waren erschöpft. So berief: dieser mit der Kriegsgemeinde, und darauf unterhandelte er mit Schauenburg. Der französische General versprach freien Gottesdienst und Sicherheit des Eigentums, wenn das ganze Volk die Verfassung annehme. Ja, es sollte in diesem Falle auch die Waffen behalten dürfen.

Eine Landsgemeinde in Ibach bei Schwyz stimmte - nach stürmischen Beratungen - den Vorschlägen zu. Nun unterwarfen sich auch die übrigen Kantone und nahmen die Verfassung an. Es blieb ihnen nichts anderes übrig.