Hierauf schwören Landammann und Volk mit aufgereckten Händen bei Gott und den Heiligen feierliche Eide, daß sie des «Landes Nutzen fördern, Schand, Schaden und Laster» dagegen abwenden wollen. Nach diesem Schwure setzt sich der Landamrnann, auf das Landesschwert gestützt, in den großen Lehnstuhl, der bereitgestellt ist, und beginnt die Verhandlungen.

Zuerst läßt er die Wahlen vornehmen. Wer ein Amt begehrt, hat in den letzten Wochen in den Wirtshäusern Gastmähler veranstaltet, Wein ausschenken und vielleicht auch Geld verteilen lassen. Der Gewählte muß schwören, daß er niemanden bestochen habe. Es ist aber üblich, unbedenklich falsche Eide abzulegen und nachher zur Beichte zu gehen.

Die Landvogteistellen in den gemeinen Herrschaften werden an diesen Landsgemeinden gewöhnlich gekauft, oder man versteigert sie an die Meistbietenden. Der Erlös kommt samt dem Ertrag der Bußen in die Staatskasse oder wird direkt an die einzelnen Bürger verteilt.

In allen Landsgemeindeorten spaltet sich das Volk in zwei Parteien. Einzelne vornehme Familien leiten diese. Sie suchen dafür zu sorgen, daß nur ihre Anhänger Ämter erhalten, und daß die Landsgemeinde stets das beschließt, was sie beantragen. Häupter dieser Familien sind fast immerehemalige Söldnerführer oder Empfänger von geheimen Pensionen aus dem Ausland. Einen Teil dieser Pensionen geben sie weiter und erkaufen damit Stimmen.

Hat eine solche einflußreiche Familie gemeinsam mit ihren Verwandten und ihrem Anhang im Volk eine Zeitlang das Land regiert, so wird die Gegenpartei immer unzufriedener und auch stärker. Darum kommt es eines Tages vor oder nach den Landsgemeinden oder an diesen selbst zu WildenKämpfen. Einmal wird an der Schwyzer Landsgemeinde der Landarnmann so mißhandelt, daß man für gut findet, ihm die Sterbesakramente zu reichen. Ein andermal sprengt eine Landsgemeinde in Zug die Anhänger der Regierung in den See.

Unterliegt eine regierende Familie bei den Wahlen, so kommen ihre Gegner ans Ruder und verfolgen die Besiegten mit harten Strafen. Sie verurteilen die Führer der Unterlegenen zum Pranger, zu ungeheuren Bußen oder gar zum Tode, oder sie verbannen sie.

Kurz, im 18. Jahrhundert bestand in den Länderorten meist keine ehrbare Ordnung. Es tobten vielmehr wütende Parteikämpfe. Nicht die Gesamtheit der Bewohner herrschte, sondern eine kleine Anzahl mächtiger Familien. Allein das Volk hatte nicht vergessen, wie es eigentlich hätte sein sollen.

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