7 Verhütung von Kriegen - Erfolge und Misserfolg
Der Völkerbund hat in einer Reihe von gefährlichen Zwistigkeiten mit Erfolg vermittelt, so z. B. zwischen Schweden und Finnland. Nach dem Weltkrieg hätten die Bewohner der 300 Alands-Inseln gewünscht, sich vom finnischen Staatswesen, dem sie angehörten, zu trennen und sich Schweden anzuschließen. Deshalb verlangte Schweden im November 1918 von Finnland, die Bevölkerung dieser Inseln solle darüber abstimmen„ zu welchem Staate sie gehören möchte. Finnland lehnte das ab, landete Truppen auf den Inseln und nahm zwei Führer der Trennungslustigen gefangen. Darauf verließ der schwedische Gesandte die finnische Hauptstadt, und es war denkbar, daß die Spannung zum Kriege führe. Da brachte ein englischer Minister den Streitfall vor den Völkerbund. Der Rat versammelte sich sogleich und lud Vertreter der beiden Parteien ein, ihre Ansichten und Gründe darzulegen. Da der ständige internationale Gerichtshof damals noch nicht geschaffen war, setzte der Rat eine Untersuchungskommission ein. Nachdem er von dieser Bericht erhalten hatte, entschied er: Die Alands-Inseln bleiben bei Finnland; aber die schwedische Sprache darf nicht verdrängt werden; in den öffentlichen Schulen ist sie Unterrichtssprache. Schweden war bitter enttäuscht, aber fügte sich. Damit war dieser Streitfall erledigt.
Im Oktober 1925 drohte ein Krieg zwischen Griechenland und Bulgarien auszubrechen. Nachdem Grenzposten aufeinander geschossen hatten, marschierten griechische Truppen in bulgarisches Gebiet ein. Bulgarien telegraphierte sofort an den Generalsekretär des Völkerbundes; dieser machte dem damaligen Ratspräsidenten Briand Mitteilung. Briand telegraphierte an die streitenden Parteien und forderte sie auf, keine feindseligen Handlungen zu begehen. Gleichzeitig berief er telegraphisch den Rat nach Genf. Dieser sandte ein neues Telegramm nach Bulgarien und Griechenland mit dem Befehl: Zieht die Truppen hinter die Grenzen zurück! Es geschah. Dann ordnete der Rat eine genaue Untersuchung an. Das schließliche Ergebnis war: Griechenland mußte eine ansehnliche Entschädigung bezahlen.
Viel schwieriger als die Vermittlung zwischen kleinen ist das Eingreifen gegenüber großen Mächten. Im Jahr 1931 brach ein Streit zwischen China und Japan aus. Eine Völkerbunds-Kommission untersuchte die strittigen Fragen gründlich und unparteiisch. Allein Japan fügte sich dem Spruche nicht. Im Gegenteil, es verletzte die Vorschriften der Satzung und trat aus dem Bunde aus. Dieser unterließ es, die Strafbestimmungen anzuwenden.
Wegen der Ermordung des Königs von Jugoslawien flammte im Herbst 1934 ein sehr gefährlicher Konflikt auf zwischen diesem Staat und Ungarn, das sich verfehlt hatte. Alle Welt dachte an das furchtbare Signal von Serajewo. Allein der Völkerbund griff auf eine geschickte und erfolgreiche Weise ein und verhütete dadurch vermutlich großes Unheil.
Glücklich und verdienstlich war auch das, was er bei der Saarabstimmung leistete. Die Einberufung von Truppen, die für Ruhe und Frieden sorgten, und die rasche, gerechte Neuordnung haben der Welt sehr wahrscheinlich Schweres erspart. In den letzten Jahren hat der Völkerbund leider stark an Einfluß und Ansehen verloren. Es gibt Menschen, die das mit einer gewissen Schadenfreude erfüllt.
Sie vergessen, daß früher oder später unter größten Anstrengungen eine neue Völkervereinigung geschaffen werden müßte, wenn die jetzige ganz zusammenbrechen sollte. Auch ist es sehr wohl möglich, daß eine spätere Zeit die Friedensbemühungen während der Jahre 1920 bis 1930 bewundert und deren Vorkämpfer als kühne Bahnbrecher verehrt.
Nansen: « Der Weg ist noch lang, bis das Ziel erreicht und der dauernde Friede wirklich gesichert ist. Gute Worte und ehrlicher Wille bei den Leitern sind eine große Ermutigung. Aber sie reichen nicht aus. Handlung gehört dazu, viel und wache Arbeit. Die Losung für sie muß lauten: Nie wieder Krieg irgendwelcher Art; denn Kriegsführung ist ein Laster, sei es nun zwischen den Ländern oder im Innern der Länder.»