Vom ersten eidgenössischen Fabrikgesetz (1877)

Bei der Beratung der glarnerischen Fabrikgesetze erklärten die Fabrikanten wiederholt und mit Recht: Glarus kann, der Konkurrenz wegen, unmöglich allein die Arbeitszeit verkürzen. Es ist im Gegenteil notwendig, die Arbeitsdauer mit andern Kantonen gemeinsam zu ordnen. Auf drei Konferenzen wurde das versucht. Es erschienen Abgeordnete aus Glarus, Zürich, Aargau, Schaffhausen, St. Gallen, Thurgau, Zug, Schwyz, Luzern, Baselland und Solothurn.

Allein es kam keine Einigung zustande. Die Vertreter erklärten: Eigentlich müßte die Angelegenheit gleich für die gesamte Eidgenossenschaft, ja für alle Industriestaaten der Erde einheitlich geregelt werden.

Im Jahre 1874 gab die neue Bundesverfassung dem Bunde das Recht, ein eidgenössisches Fabrikgesetz zu erlassen. Ein Mitglied des Bundesrates arbeitete einen ersten Gesetzesentwurf aus und ließ ihn dann durch eine elfgliedrige Kommission eingehend beraten. In dieser Kommission arbeitete auch Fridolin Schuler mit.

Der Entwurf der Kommission wurde im Nationalrat, im Ständerat und in einer Menge von Vereinen, Versammlungen und Zeitungen erörtert und nach heftigen Kämpfen in einer Volksabstimmung mit einer kleinen Mehrheit angenommen. Hätte man nicht sagen können: In Glarus machte man mit dem elfstündigen Arbeitstag gute Erfahrungen, so wäre das neue Bundesgesetz wahrscheinlich verworfen worden.

Schuler: « Industrielle in der Bundesversammlung suchten mit allerlei Schreckgespenstern Eindruck zu machen. So drohte der Zürcher Keller mit Auswanderung der Fabrikanten, und der St. Galler Rikli meinte, von 13 auf 12 Stunden könne man ohne Schaden gehen, nie aber von 12 auf 11.

Unser einflußreichster Bürger, Landammann Heer, mahnte mich in einem Briefe, meine Erfahrungen der Öffentlichkeit darzulegen. lch ließ darauf Zeitungsartikel und eine Broschüre erscheinen.

Zum Ärger der Fabrikanten sprach Heer die Überzeugung aus, in Zukunft werde der 10 stündige Arbeitstag die Regel sein: Wer gesehen hat, wie aus den 14 Stunden 13, aus den 13 Stunden 12, aus den 12 Stunden 11 geworden sind, der wird doch nicht glauben, daß man die 11 Stunden für die Ewigkeit festnageln könne.»