5. Die Maschine dringt auch in unser Land ein
Wie in ganz Europa, so wurde auch in der Schweiz um die Mitte des 18. Jahrhunderts viel gesponnen und gewoben, vor allem in der Ostschweiz. In St. Gallen war das Leinwandgewerbe schon im 16. Jahrhundert eine Goldgrube.
Des Handels wegen lernten die dortigen Kaufleute viele fremde Sprachen, „besonders Spanisch, Französisch, Lombardisch, Ungarisch, Böhmisch und Polnisch“. In Zürich konnte man 1768 rühmen: „Noch niemals blühten hier Handel und Gewerbe wie zu dieser Zeit. Halbseidene und wollene Zeuge, halb- und ganzseidene Schnupftücher, Handschuhe, Strümpfe, Sammet, halbseidene und halbwollene Creppen und baumwollene Tücher werden in erstaunlicher Menge hergestellt, teils in der Stadt, teils auf dem Lande. Die seidenen und kunstreichen Stoffe, durchwirkt mit Blumen, Gold und Silber, werden weit und breit an kaiserliche und königliche Höfe versandt. Sie lassen an Schönheit und gutem Geschmack selbst den Lyoner Stoffen nichts nach“.
Es gab damals in der Schweiz schätzungsweise 50‘000 Spinner und 30 bis 40‘000 Sticker, die bei ihrer Arbeit ihr gutes Auskommen fanden.
Das wurde anders, als in England, wie erzählt, Spinn- und Webmaschinen aufkamen. Auf den Märkten des Festlandes wurden nun vor allem die billigen englischen Garne und Tücher gekauft. Da blieb den festländischen Unternehmern nichts übrig, als auch zum Maschinenbetrieb überzugehen.
England erschwerte das, indem es die Ausfuhr von Spinnmaschinen mit allen erdenklichen Mitteln zu verhindern suchte. Allein es gelang ihm auf die Dauer doch nicht: Die Maschinen wurden in den festländischen Staaten eingeführt oder gleich da gebaut. So auch in der Schweiz, besonders in Zürich.
Das war der Anfang der schweizerischen Maschinenindustrie. Die englische Konkurrenz und der Maschinenbetrieb hatten ähnliche Folgen wie das Aufkommen der Maschine in England: Viele Arbeiter wurden brotlos; die Handspinnerei und später auch die Handweberei verschwanden nach und nach; die Fabriken blühten auf. Zwischen 1815 und 1830 nahm die Zahl der Spindeln in der Ostschweiz gewaltig zu.
Männer, Frauen und Kinder zogen scharenweise in die neuen Arbeitsstätten.