Bismarcks Aufstieg

Im Zeitalter der Maschine war es notwendiger als je, die Waren innerhalb eines möglichst großen Gebietes frei austauschen zu können. Das fühlten die Bewohner in den vielen kleinen Staaten Deutschlands und Italiens ja längst, Darum wünschten sie die politische Einigung. Sie war bis dahin nicht zustande gekommen. Da traten zwei große Staatsmänner auf, in Italien Cavour, in Deutschland der preußische Minister Bismarck.

Bismarck ist zur Zeit des Wiener Kongresses (1815) geboren worden auf dem großen Gut Schönhausen an der Elbe. Der Vater war ein kerniger Landedelmann. Die kluge, aber harte und ehrgeizige Mutter wünschte, daß ihr Sohn sich in den besten Schulen ausbilde, um einst hohe Staatsstellen bekleiden zu können. So kam er, noch nicht sieben Jahre alt, in eine Erziehungsanstalt nach Berlin; später besuchte er Gymnasium und Hochschule. Er war ein wilder Student. Visiten machen, kneipen, marschieren, reiten, fechten, tanzen, spielen - das nahm einen großen Teil seiner Zeit in Anspruch. Vor das Hochschulgericht wurde er oft geladen, und noch nach Jahren hatte er mit Spielschulden zu kämpfen. Die Berliner meinten, er sei verrückt, und die Bauern zu Schönhausen sagten: „Use arme junge Hehr, wat mak em wull sin ?“ Neben all dem ungestümen Treiben fand er aber doch Muße und Kraft, sich bedeutende Kenntnisse zu erwerben.

Er bestand seine Examen und trat beim Gerichtswesen in den Staatsdienst ein, aber ohne Freude, ja mit Ekel. Es ging ihm alles zu langsam, zu pünktlich, mit zu viel Zwang. Er wünschte, frei und selbständig zu werden. „Ich will Musik machen, wie ich sie für gut erkenne, oder gar keine“, so schrieb er damals. Im Alter von 24 Jahren erhielt er von seinen Eltern die Einwilligung, die Beamtenlaufbahn aufzugeben und sich der Landwirtschaft zu widmen. Er übernahm die Bewirtschaftung von zwei großen Gütern, die der Familie gehörten. Hier konnte er sein eigener Herr und Meister sein. Mit seinen Dienstleuten und Taglöhnern verstand er sich gut, und so schien alles aufs Beste bestellt. Allein die alte Unrast quälte ihn weiter. Leidenschaftlich ergab er sich der Jagd oder raste stundenlang zu Pferd über die Ebenen dahin. Nach einigen Jahren unternahm er eine große Reise durch Schottland, England, Frankreich und die Schweiz. ln seinem Taten- und Abenteuerdrang dachte er eine Zeitlang daran, das stille Landleben für immer zu verlassen, nach Ägypten zu gehen oder in Indien englische Dienste zu nehmen. Stürmisch durchsuchte er die Werke der Dichter und Denker, aber fand in ihnen lange nichts, was ihn befriedigte und sein Herz erfüllte. - Er hatte auch seinen Glauben verloren. So quälte ihn eine völlige „Gleichgültigkeit gegen Freude und Leid, eine bodenlose Langeweile und Leere“.

Da führten Freundschaft und Liebe zu religiös gesinnten Menschen eine Wendung in seinem Leben herbei. Er verlobte und verheiratete sich mit einer Tochter aus einem frommen adeligen Hause und fühlte sich mit ihr sehr glücklich. Im Jahre seiner Hochzeit, es war zur Zeit des Sonderbundskrieges, begann er sich mit Politik zu beschäftigen. Er wurde von der Ritterschaft einer Provinz als ihr Vertreter in eine beratende Behörde abgeordnet. Als er sich in dieser Versammlung zum erstenmal zu einer Rede erhob, fiel er auf durch seine hohe Gestalt und ihren mächtigen Bau. Mit seinen blanken, etwas vorstehenden Augen schaute er einen Augenblick um sich „und sprach dann schlicht, mitunter stockend, mit einem scharfen, zuweilen schneidenden, nicht eben angenehmen Klang in der Stimme“. Er wird, wie wir sagen, „preußisch“ geredet haben.

Nach einigen Jahren ernannte ihn der König zu seinem Vertrauensmann (Tagsatzungsherrn) am deutschen Bundestag in Frankfurt. Später wurde er Gesandter in Petersburg und Paris. Dann (1862) machte ihn König Wilhelm I. zum preußischen Minister. Er zeigte wenig Achtung vor Volksrechten und Volksvertretern, sondern wünschte, daß der Adel und vor allem der König die Macht in den Händen behielten. Die liberalen Zeitungen, die sein Regiment angriffen, verbot er, beschränkte die Versammlungsfreiheit und bestrafte das Einreichen von Bittschriften mit Geldbußen. Überhaupt machte er jetzt „die Musik, die er für gut erkannte“. Er freute sich seiner Macht.

 

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