Der Krieg im Luzernischen und sein Ende

Nachdem die Freiburger Regierung ihren Rücktritt vom Sonderbund erklärt, die Mannschaft entlassen und den eidgenössischen Truppen die Tore der Stadt geöffnet hatte, sandte Dufour auf verschiedenen Wegen fünf Kolonnen gegen Luzern. Es war ihm dabei ein Herzensanliegen, daß seine Soldaten sich jederzeit würdig benehmen möchten. Darum erließ er den Armeebefehl vom 22. November 1847

«Eidgenössische Wehrmänner!

Ihr werdet in den Kanton Luzern einrücken. Wie Ihr die Grenzen überschreitet, so laßt Euern Groll zurück und denkt nur an die Erfüllung der Pflichten, welche das Vaterland Euch auferlegt. Zieht dem Feinde kühn entgegen, schlagt Euch tapfer und steht zu Eurer Fahne bis zum letzten Blutstropfen ! Sobald aber der Sieg für uns entschieden ist, so vergesset jedes Rachegefühl. Tut unter allen Umständen, was ich Euch schon oft empfohlen habe: Achtet die Kirchen und alle Gebäude, welche dem Gottesdienst geweiht sind! Nichts befleckt Eure Fahne mehr, als Beleidigungen gegen die Religion. Nehmt alle Wehrlosen unter Euern Schutz. Gebt nicht zu, daß diese beleidigt oder gar mißhandelt werden. Zerstört nichts ohne Not; verschleudert nichts. Mit einem Worte, betragt Euch so, daß Ihr Euch stets Achtung erwerbet und Euch des Namens, den Ihr tragt, immer würdig Zeigt! Der
Oberbefehlshaberı W. H. Dufour.»

Bei Schüpfheim

Eduard Bähler:« Als bei Schüpfheim zwei vorgerückte Bataillone in Unordnung aus dem feindlichen Feuer zurückflohen, ritt Ochsenbein in vollem Zorne ihnen mit den Worten entgegen: Schämt Euch. Ihr Emmentaler, schämt Euch, Ihr Oberaargauer. Hievon erschien aber in keinem Buche etwas.»

Gislikon und Meierskappel

Der Hauptkampf wurde am Fuße und an den Abhängen des Roterberges ausgefochten, vor allem bei Gislikon und Meierskappel, wenige Stunden von Luzern. Die Sonderbundsorte hatten den Berg verschanzt und besetzt. Es war für die eidgenössischen Truppen nicht leicht, ihn zu ersteigen, weil mörderisches Gewehrfeuer sie empfing. Kein Wunder, daß da und dort eine Abteilung den Mut verlor und Miene machte umzukehren. Allein es gelang den Führern, sie zum Ausharren zu bewegen. Einer der Kommandanten, Oberst Ziegler, stieg vom Pferd, stellte sich mit einem Tambour an die Spitze der Truppen und ließ Sturm schlagen. Es glückte ihm, mit seinen Soldaten die Höhe zu gewinnen und die Schanzen erstürmen zu helfen. Anderswo geschah ähnliches, und so wurde der Sieg errungen.

Ein reformierter Feldprediger, dessen Bataillon von Cham her marschierte und später ins Gefecht kam, erzählt:

«In der Nähe von dem Weiler Holzhäusern ertönten plötzlich gegen zwölf dumpfe Kanonenschüsse von Gislikon her, die in den Bergen der Umgebung in zehnfachem Echo widerhallten. Ein augenblickliches Zittern ergriff meinen ganzen Leib. Die Schanzen von Gislikon lagen nur eine halbe Stunde von uns entfernt. Wieder Kanonendonner und dazwischen Kleingewehrfeuer. Wie viele mögen schon ins kalte Gras hingestreckt sein? dachte ich. Wer mir begegnete, zeigte auf seinem Gesicht einen bedenklichen Ernst.

Gegen drei Uhr abends langten wir auf dem Kiemen an, einer Bergeshöhe oberhalb Immensee. Nach wenigen Minuten erdröhnte der erste Kanonenschuß. Die Kugel schlug zwischen den Häusern in den Boden. Unser Bataillon wurde hinter einen Hügel zurückgezogen; denn wir konnten das feindliche Feuer auf keine Weise erwidern. Ich selbst begab mich hinter das nächste Haus, wo bereits einige Thurgauer Soldaten Schutz gesucht hatten. Viele der Zwölfpfünder flogen mit unheimlichem Tosen und Zischen über das Dach und hinter unsauf die Erde. Etwa zehn Schritte vor mir schlug eine Kanonenkugel in den Stamm eines dicken Baumes, zerschmetterte ihn zu zwei Drittteilen, fuhr dann in den Boden und riß diesen tief auf, drang in den eichenen Balken eines nahen Viehstalles, schlug einer Kuh beide Vorderbeine ab und saß endlich in einem Balken an der gegenüberliegenden Wand fest. Das so verunglückte Stück Vieh wurde dann beim Beginn der Nacht von Thurgauer Soldaten geschlachtet und für ihr Bataillon in großen Sennkesseln zu einer schmackhaften Mahlzeit zubereitet.

Nach einer kleinen halben Stunde kam endlich unsere sehnlich erwartete Artillerie den Berg herauf gesprengt. Schnell wurden die Piecen aufgeprotzt, und schon nach wenigen Minuten flog der erste Zwölfpfünderschuß ins Lager der Gegner. Er rief einen fast nicht endenden Widerhall in den nahen Gebirgen hervor. So beschoß man sich gegenseitig ungefähr 3/4 Stunden, bis die anbrechende Nacht dem Feuer ein Ende machte.»