Gewerbe und Handel leiden

Die Maschine war aufgekommen, und die Fabriken mehrten sich beständig. In der Regel erzeugt eine Fabrik nur je einen Artikel, diesen aber in Masse. Eine Fabrik im Waadtland stellt beispielsweisenur Papier her, eine andere in Glarus nur Tuch. Das hat zur Folge, daß Glarus waadtländisches Papier und die Waadt glarnerische Tücher kaufen müssen.

Überhaupt ist das Austauschbedürfnis im Maschinenzeitalter weit größer als einst. Dieser Austausch wurde nun aber sehr erschwert durch das kantonale Postwesen (ein Brief von Genf nach der Ostschweiz kostete mehr als ein solcher von Konstantinopel nach Genf), durch die Verschiedenheit von Maßen, Münzen und Gewichten und vor allem durch eine Unzahl von Binnenzöllen (über 400) und eine Menge von Weg-, Tor-, Brücken-, Waag- und Kaufhausgebühren.

Im Kanton Tessin wurden auf einer vierstündigen Straßenstrecke sieben verschiedene Zölle und Wegegelder erhoben. Und 1815 richtete dieser Kanton auf der Gotthardstraße sechs neue Susten (Halteplätze und Schuppen für Waren) ein. Bei einer jeden mußten die Güter abgeladen, gewogen und gewisse Gebühren bezahlt werden.

Die Tagsatzung erreichte dann eine Abänderung der Verordnung. ln andern Fällen aber wehrte sie sich nicht, so daß seit 1803 gegen 70 neue Zölle eingeführt wurden. Die Fülle von Zöllen, Wege- und Brückengeldern, Markt- und Kaufmannsgebühren bewirkten, daß es billiger kam, Schweizerwaren auf großen Umwegen durch das Ausland zu transportieren als auf dem kürzesten Wege durch die Schweiz. So wurde zum Beispiel die Leinwand St. Gallens nicht mehr wie einst über Nyon, sondern auf einem 42stündigen Umweg über Straßburg nach Lyon und Marseille verfrachtet.

Natürlich entging auf diese Weise den schweizerischen Fuhrleuten ein bedeutender Verdienst.

Im Ausland begann zu jener Zeit ein Staat nach dem andern in Zollangelegenheiten genau das Gegenteil von dem zu tun, was bei uns Sitte war: Die mittelalterlichen Zölle im Innern wurden dort beseitigt und dafür Abgaben an den Grenzen eingeführt. So zirkulierten Güter und Menschen innerhalb des eigenen Staatswesens ungehindert; an der politischen Grenze nach außen aber wurde gleichsam eine Schwelle gebaut, die nur mit einiger Mühe überschritten werden konnte. Die Neugesinnten bei uns forderten nun, daß die Schweiz sich hieran ein Beispiel nehme. _ Diese wirtschaftlichen Verhältnisse gaben einen besonders starken Anstoß zu einer größeren Einigung der Eidgenossenschaft. Ein Redner in der Helvetischen Gesellschaft bemerkt:

«Während einer Tageslänge durchwandert der Fremde fünf und noch mehr Kantone und findet da zu seinem Spott ebenso vielerlei Maß, Gewicht und Münze. ›› Ein Reisehandbuch von 1837 fährt fort:« Ja, nicht nur jeder Kanton hat seine eigenen Maße und Gewichte, sondern oft auch jeder Bezirk, jede Stadt. Es soll in der Schweiz wenigstens 11 verschiedene Fuße, 60 Ellen, 20 Arten Flächenmaße,87 Maße für trockene Früchte und 81 für Flüssigkeiten geben. Glücklicherweise ist diese Mannigfaltigkeit im Abnehmen.»

F. Schuler erzählt aus seinen Erinnerungen an die Dorfschule Bilten, die er von 1838 bis 1842 besuchte:

«Selbst die langweiligen Währungsumrechnungen wußte der Lehrer uns spielend beizubringen. Das war für uns eine wichtige Sache; denn wir hatten jeden Tag mit Glarner-, Zürcher-, Bündner-, Schweizer-, Reichs- und weiß der Himmel was für andern Währungen zu tun. Zu Hause hatte man sich dann noch in der Kenntnis der „verrufenen“ Geldsorten zu üben, die zu jener Zeit in ungeheuren Mengen das Land überschwemmten.»

 

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