Die Parteien erhitzen sich
Als die Nachricht kam: Der Große Rat hat beschlossen, Volkswünsche entgegenzunehmen, jubelten die Bewohner im bernischen Lande, ganz besonders in Burgdorf und Biel.
Aber bald begannen sie, der Regierung zu mißtrauen: Meint sie‘s auch redlich ? Gerüchte verbreiteten sich: Einzelne Ratsherren werben aus Frankreich heimgekehrte Söldner an. Das erfüllte die Landleute mit Wut. Das Gericht war nicht erfunden. Bei einigen Volksversammlungem welche die Abfassung der Bittschriften besprechen wollten, kam es beinahe zu Tumult und Aufstand. Die Regierung schickte Truppen. Das weckte die Leidenschaften erst recht:
« Am Neujahrsmorgen 1831 wurden in Scheuren, Schwadernau und Ägerten Freiheitsbäume aufgepflanzt. Der Oberamtmann von Mülinen ließ sie entfernen. Aber sofort wurden sie wieder aufgerichtet. In der Nacht vom 2. auf den 3. Januar (1831) erstanden auch in Orpund, Safnern und Gottstatt Freiheitsbäume.
Da die Landleute dem Oberamtmann nicht gehorchen wollten, schickte ihm die Regierung 26 Mann mit einem Offizier, wovon sechs zu Pferd. Auf diese Kunde wurde in Bürglen Sturm geläutet. Alles ergriff die Waffen, und dem Amtmann wurde eine Frist von einer Stunde gegeben, um die Soldaten fortzuschicken; wenn er sich weigere, werde Gewalt angewendet. Gleich rückten bei 500 bewaffnete Bauern in Nidau ein.
Der Amtmann verabschiedete die fremden Soldaten, und zwar so eilig, daß sie sogar ihr Essen im Stadthause unberührt ließen. Die Berittenen machten sich fort, ohne das Fußvolk abzuwarten. Ja, der Kommandant schwang sich auf sein Pferd, das zum Beschlagen vor der Schmiede stand, und sprengte mit dem unbeschlagenen Rosse auf und davon. Die Füsiliere dagegen ließen einen Wagen vorfahren und fuhren in schnellem Trabe nach, im Glauben, sie hätten die wütenden Bauern im Rücken. Die Landleute kehrten ohne weitere Unordnung wieder heim; doch drohten sie, am nächsten Samstag nach Bern zu ziehen.
Etwas später fuhr ein Bürger von Bözingen den Vogt von Nidau an, seit 50 Jahren mäste er sich und seine Familie auf dem Lande wie die Kälber; durch Dummheit setzten die Patrizier das Land der Gefahr des Bürgerkrieges aus; es sei Zeit, dem Unfug ein Ende zu machen, Bern müßte mit Volk angefüllt werden wie Jerusalem zu Titus Zeiten, wenn es nicht besser werde.
Von Burgdorf, von Thun, von Aarberg und andern Orten kamen Abordnungen nach Bern und schilderten der Regierung die Aufregung des Landes. Die Burgdorfer brachten die schriftliche Erklärung mit, sie werden nach Bern marschieren, wenn die Werbungen nicht aufhören und die schon Geworbenen nicht sogleich entlassen würden. ››
Unter der Bürgerschaft von Bern gärte es ebenso wie auf dem Lande, weil sie fürchtete, die Werbungen würden einen Aufbruch der Bauern veranlassen. Oberstlieutenant Hahn sammelte aus Bürgern und Studenten eine Gegenwehr; das wirkte auf die Regierung. Sie besaß keine Soldaten, auf die sie sich verlassen konnte.