1. Von der Freundschaft der Schweizer mit ausländischen Freiheitskämpfern
Die neuen Gedanken - Freiheit und Einheit - fanden auch in der Schweiz eifrige Anhänger. Viele verfolgten darum mit größter Spannung die politischen Kämpfe im Ausland.
Die schweizerischen Liberalen freuten sich, wenn die ausländischen einen Sieg errangen, und es ging ihnen zu Herzen, wenn ihre Gesinnungsfreunde unterlagen. Zugunsten „der unglücklichen Polen“ zum Beispiel wurden im ganzen Lande herum Versammlungen einberufen, Reden gehalten und Gelder zusammengelegt. Bei einer derartigen Veranstaltung auf der Petersinsel sah man zwischen zwei hohen Kastanienbäumen einen Altar stehen, von einem schwarzen Tuch bedeckt. Auf ihm lag, in Trauerflor gehüllt, eine Bibel, das Buch der Menschenrechte, wie man sagte. Am Baume rechts hing das Wappen der Litauer, am Stamme links der weiße Adler als Abzeichen der altpolnischen Nation.
Nicht weniger innigen Anteil nahmen die freisinnigen Schweizer an der Sache der verfolgten Deutschen und ganz besonders am Schicksal der Griechen. Es erging diesen übel unter der türkischen Herrschaft. Sie litten unter unglaublichem Steuerdruck und unter habgierigen, bestechlichen Beamten.
Schon lange vor der Julirevolution hatten sie sich gegen die verhaßte türkische Fremdherrschaft erhoben (1821). Ihr Kampf weckte in ganz Europa mächtigen Widerhall.Tausende dachten: Wenn wir nur etwas für die Freiheitskämpfer tun könnten! Da forderte ein Professor in Leipzig durch ein Flugblatt auf, Vereine zu ihrer Unterstützung zu bilden. Es geschah. Das ganze Volk nahm sich der Griechensache an.
ln den Dorfschenken redeten Bauern und Handwerker von ihr. Die eifrigsten Männer und Jünglinge machten sich auf, um selbst mitzufechten. (Ein junger Zürcher, der auch ausgezogen war, schrieb kurz vor seinem Tode nach Hause, er sei stolz darauf, daß das Blut eines Schweizers sich mit dem Blute der Helden Griechenlands mischen solle.) Frauen brachten ihren Schmuck, und Schulkinder Dienstboten und arme Leute gaben ihre Sparpfennige und „Freiheitsbatzen“. Ein reicher, wohltätiger Genfer Bankherr, Eynard, steuerte große Summen bei und leitete das ganze Hilfswerk.
Metternich tadelte, daß man „Rebellen“ beistehe, suchte den Transport von Lebensmitteln, Kleidern und Waffen zu erschweren und bemerkte: „Herr Eynard ist einer derjenigen Menschen, die mich in dieser Welt am meisten gelangweilt haben“. - Das kühlte den Eifer der Schweizer für die Sache der Griechen nicht ab. Eine Aarauer Zeitung sammelte 5000 Franken und kaufte hierfür 1100 Gewehre an. Ein Appenzeller Blatt belehrte: «Freies Appenzellervolk ! Dir kann niemand vorfabeln, die unglücklichen Griechen seien Rebellen, weil sie unter der empörenden türkischen Tyrannei ihr grausames Joch abwerfen wollen. - Wehe den europäischen Fürsten, wenn die Griechen zugrunde gehen ! Allerdings sind sie falsch und lügnerisch. Aber wo ist eine Nation ohne Fehler?»