2. Die Restauration im Kanton Bern
Als die miteinander Verbündeten Russen, Preußen und Österreicher 1813 Napoleon bei Leipzig besiegt hatten und darauf gegen den Rhein vorrückten, freute sich hierüber vielleicht niemand mehr als eine kleine Anzahl von leidenschaftlichen Berner Patriziern.
Seit Jahren waren sie heimlich zusammen gekommen. Jetzt begannen sie zu hoffen : Mit österreichischer Hilfe werden wir die Staatseinrichtungen, die von Frankreich gekommen sind, beseitigen und unser altes Regiment wieder herstellen. Sie sandten zwei Boten in das Feldlager der Verbündeten am Rhein.
Wie Peter Ochs und Cäsar Laharpe einst die Franzosen, so luden diese bernischen Heißsporne jetzt die Österreicher und ihre Verbündeten ein, in unser Land zu marschieren.
Dem Fürsten Metternich kam das sehr gelegen. Er hatte mit seinen Generälen den Durchmarsch schon ohnehin geplant. Bald rückten etwa 130 000 Mann mit einem großen Troß in die Schweiz ein. Sie brachten uns viel Elend, vor allem schwere Seuchen. Dazu nahmen sie Lebensmittel, Futtervorräte und hunderterlei Gebrauchsgegenstände weg, ohne oder bloß gegen teilweise Entschädigungen.
Ein österreichischer Sendling unterhandelte mit den bernischen Politikern und versicherte ihnen mündlich und schriftlich: Wenn Bern seine alte Staatsordnung wieder einführt, so wird es Waadt und Aargau von neuem erhalten. Die gemäßigten Ratsherren wehrten sich zuerst energisch gegen einen plötzlichen Umsturz der Verfassung, gaben aber schließlich nach.
Im Augenblick, als die ersten Österreicher in die Stadt einritten, dankten die bisherigen Behörden ab. Es war am 23. Christmonat 1813. Eine vorläufige patrizische Regierung übernahm das Regiment und erließ am folgenden Tag eine Kundgebung an ihre „Untertanen“, zu denen sie auch Waadtländer und Aargauer rechnete.
Allein die Waadtländer wollten von einer neuen bernischen Herrschaft nichts wissen. Ihre Regierung erklärte: Wer auf unserem Gebiet die bernische Proklamation verbreitet oder in ihrem Sinne etwas unternimmt, ist des Hochverrates schuldig.
Der Kanton Aargau bot Truppen auf. Seine Hauptstadt erhielt eine starke Besatzung, und vor dem Zeughaus stand drohendes Geschütz bereit. Freiwillige ließen sich einschreiben zur Abwehr eines allfälligen bernischen Angriffs, und ein hoher Offizier arbeitete im Auftrage der Regierung einen Verteidigungsplan aus.
Die Patrizier beabsichtigten aber keine Gewalttat. Im Aargau besaßen sie unter dem einfachen Landvolk übrigens zahlreiche Anhänger. So ist es begreiflich, daß die ehemaligen Herren die Wiedervereinigung gern gesehen hätten. Auch empfanden sie es als staatsmännische Pflicht, soweit als möglich den alten Glanz und die alte Größe Berns von neuem herzustellen.
Kein anderer Kanton war seit 1798 in ähnlichem Maße verkleinert worden. Überdies dachten die Patrizier auch an die aargauischen Landvogteistellen. Sie hätten deren Einkünfte gut gebrauchen können. Ihr Vermögen war nämlich stark zurückgegangen.