Aus mittelalterlichen und früheren Zeiten von Müntschemier
Die päpstlichen Urkunden
Sechs Jahre vor der Gründung der Stadt Bern und mehr als ein Jahrhundert vor jener der Eidgenossenschaft wird Müntschemier zum erstenmal urkundlich erwähnt. Am 2. Oktober 1185 hat Papst Luzius lll. in Verona dem um 1090 gegründeten Benediktinerkloster zu St. Johannsen auf seine Bitte hin einen Schirmbrief ausgestellt. ln dieser Urkunde nimmt er die dem Kloster gehörenden zahlreichen Besitzungen und Rechte in seinen Schutz. Ihm kam dieses Recht zu kraft seiner geistlichen und weltlichen Macht, über die damals die Päpste verfügten. Die Rechtsgültigkeit eines derartigen Dokumentes konnte damit kaum mehr bestritten werden. Ln diesem Bestätigungsbrief wird in Anlehnung an den damaligen deutschen Namen zum ersten Mal für Müntschemier der lateinische Ortsname Munchimur verwendet.
Die sehr gut erhaltene Urkunde, die im Staatsarchiv in Bern liegt und vor 790 Jahren auf Pergament ausgefertigt wurde, hat die respektable Grösse von 53 x 71 cm. Das in Latein abgefasste Schriftstück beeindruckt durch das schöne, ebenmässige, harmonische und gut lesbare Schriftbild. Aus dem Text geht hervor, dass der Papst der Abtei zu St.Johannsen alle ihre Sachen und Rechte an Kirchen und Gütern ausdrücklich als Eigentum bestätigt, unter anderem in St.Johannsen selbst, in Menznau, Grenchen, Seedorf, Ins, Diesse, Huttwil, Pragelz, Müntschemier, Favre, Erlach, Büren, Mullen, Gals, Madiswil und Grissach. Aus diesem Besitztum geht die Bedeutung des kaum seit einem Jahrhundert bestehenden Klosters hervor. Zur Hauptsache wird es durch Schenkungen, vor allem von Adeligen, zu diesem Reichtum gelangt sein, wobei sich diese regelmässig ihr Seelenheil zu sichern wussten.
Damaligem Brauche folgend, hat der Papst zum Schlusse sein Signum, eine Art Monogramm, auf die Urkunde gesetzt, und anschliessend folgen, in zwei Reihen aufgeführt, jene der fünfzehn Kardinäle und Bischöfe, die an der Ausfertigung des Schutzbriefes in irgendeiner Weise mitbeteiligt waren.
Wie lange unsere kleine Siedelung zur Zeit dieser ersten Beurkundung schon bestanden hatte, wissen wir nicht. Nach der Herkunft unseres Dorfnamens und anderer Erkenntnisse zu schliessen wohl schon seit vielen Jahrhunderten. lns und Treiten sind bereits seit 851 n.Chr. urkundlich nachweisbar. Ob nicht schon zwischen ihnen in einem ebenfalls siedelungsgünstigen Bereich eine weitere Siedelung bestanden hat, die Trägerin unseres Dorfnamens war?
Die nächste Urkunde, in der Müntschemier erwähnt wird, ist wiederum ein Schutzbrief, ausgestellt von Papst Honorius lll. am 3. Marz 1221 in Rom. Auch er nimmt, ähnlich wie im bereits erwähnten Schutzbrief vom 2. Oktober 1185, die Abtei zu Erlach, wie das Kloster zu St.Johannsen auch etwa bezeichnet wurde, mit all seinen Rechten und Besitzungen, unter anderen auch in Müntschemier (Munchimir), in seinen Schutz.
Und ein drittes Mal wird der Name unserer Heimatgemeinde in einem päpstlichen Schutzbrief erwähnt. Am 27. März 1232 bestätigte Papst Gregor IX. dem Klosterzu St.Johannsen den Besitz des Zehnten von Gais, den ihm Graf Ulrich von Neuenburg schenkte, und den Zehnten von Müntschemier. den es von dessen Sohn Rudolf erhalten hatte. Wie Vater und Sohn zu diesem Zehnten gekommen sind, ist unbekannt. ln dieser Urkunde, die knapp 50 Jahre nach dem ersten päpstlichen Schutzbrief abgefasst wurde, ist die lateinische Wiedergabe unseres Dorfnamens Munchimier.
Bis auf den Konsonanten t hatte sich damals die lateinische Schreibweise des Ortsnamens bereits dem heutigen Dorfnamen angeglichen, der sonst im Verlauf von rund acht Jahrhunderten nur unbedeutende Veränderungen erfahren hat, wie die nachfolgende Reihe belegt: Muntschimir 1332, Müntschemier 1409, Müntschimier 1563, Müntschenmier 1590, Müntschenmeir 1605, Müntschemir 1749, Müntschemier 1786.