Das Gefecht bei St.Niklaus
Die Schweiz und die Revolution
Seit der Gründung der Eidgenossenschaft gelang es fremden Armeen nur einmal, deren ganzes Gebiet zu besetzen, nämlich während den europäischen Revolutionskriegen. Die aufklärerischen Ideen von Freiheit und Gleichheit waren längst auch in die Schweiz eingedrungen und hatten die überlieferten Herrschaftsverhältnisse, die Ungleichheit zwischen Stadt und Land, zwischen Regierenden Orten und Untertanengebieten, in Frage gestellt. Das «Ancien Regime» war längst morsch, als das revolutionäre Frankreich seinen Angriff auf die Schweiz begann. Es gab Kreise, die vom Eingreifen Frankreichs die notwendigen politischen und gesellschaftlichen Veränderungen erwarteten, während die Tagsatzung hoffte, durch Pflege guter Beziehungen zu Frankreich die Begleichung der ausständigen Sold- und Pensionszahlungen zu erreichen und deshalb strikte Neutralität übte. Die Stellung der Schweiz verschlechterte sich schlagartig, nachdem Bonaparte Italien erobert hatte, und die strategische Bedeutung der Alpenpässe zunahm. Die wohlgefüllte bernische Staatskasse bot einen zusätzlichen Anreiz.
Der Angriff auf die Schweiz
Den Entschluss für die Besetzung der Alpenpässe und damit den Angriff auf die Schweiz formulierte Bonaparte im Mai 1797 nach seinem Sieg in Norditalien. Lm November bereiste er die Schweiz und fuhr, ohne in Bern einen Halt einzuschalten, von Genf über Murten-Bern-Solothurn nach Basel; also genau auf den späteren Vormarschachsen der französischen Armeen. Schon im Dezember 1797 besetzten französische Truppen kampflos den Südjura und rückten bis auf den Tessenberg, Bözingen und Reiben bei Büren, das damals noch zum Bistum Basel gehörte, vor. Von Westen her besetzte Frankreich Ende Januar 1798 die Waadt, ohne dass die Eidgenossenschaft Widerstand leistete. Anfangs März wurde Freiburg besetzt, das kampflos kapitulierte, dann Solothurn, welches nach Kämpfen bei Pieterlen und Lengnau die Feindseligkeiten einstellte. Die französischen Truppen standen damit an allen Fronten in der Hauptkampflinie der Eidgenossenschaft.
Der 5. März 1798
Wie sah es nun anfangs März in und um Bellmund aus? Der kommandierende General von Erlach hatte die Hauptstrasse Biel-Aarberg-Bern mit folgenden Truppen belegt:
- ln Nidau und an der Hueb Oberst Manuel mit 500 Mann und 8 Kanonen vom Regiment Thun.
-In Ipsach und Bellmund Oberst May mit 600 Mann und 5 Kanonen vom Regiment Aarburg.
-In Aarberg Oberstleutnant von Wattenwil mit 550 Mann und 3 Kanonen vom Regiment Zollikofen.
- ln Kallnach Oberstleutnant von Roveréa mit 550 Mann und 2 Kanonen der Legion Fidèle aus der Waadt.
-Als Reserve im Frienisberg Oberst Römer mit 1400 Mann des Zürcher Regimentes.
Am 5. März - die bernischen Truppen in Nidau und Umgebung hatten sich schon zwei Tage vorher zurückgezogen - griff General St. Cyr von Biel her an. Folgen wir der Darstellung von Gustav A. Badertscher von 1898: «ln Aarberg führte Oberstleutnant von Rovérea das Kommando über seine romanische Legion und die ihm beigegebenen Berner Truppen. Der Dragonerkompagnie Fischer gelang es bei Büren, einen Husaren einer feindlichen Patrouille abzufangen, der einen Angriffsplan der Franzosen für den 5. März auf sich trug. Als die Legion Romande in Aarberg anlangte, traf eben die Meldung ein, dass die Franzosen von Nidau her im Anmarsch gegen Aarberg begriffen seien. Ohne Zaudern verlangten die wackern Truppen, zum Kampf gegen den verhassten Gegner vorzugehen. Ihnen schloss sich das Füsilierbataillon Manuel und ein Trupp Landstürmer an, unter welchen sich auch viele streitbare Bäuerinnen aus der Umgebung befunden haben sollen. Auf der Höhe von St. Niklaus stiessen sie auf die Franzosen, die hinter einem Verhau eine Batterie zur Bestreichung der Strasse aufgestellt hatten. Sogleich eilten die Berner im Sturmschritt gegen die Stellung vor, als sie nicht nur von vorn, sondern auch von der Seite aus dem Walde mit heftigem Gewehrfeuer empfangen wurden, das ihnen empfindliche Verluste beibrachte und ein weiteres Vorgehen verunmöglichte. Dem ungleichen Kampf machte ein von Bern her ankommender Parlamentär ein Ende, welcher den Befehl überbrachte, die Feindseligkeiten sofort einzustellen, von welchem Befehl auch der Kommandant in Nidau verständigt wurde››. Aus der Rückschau lässt sich nur eine traurige Bilanz ziehen. Das Gefecht bei St.Niklaus änderte am Lauf der Geschichte nichts. Menschenleben wurden unnütz geopfert, weil das Zurückgehen der bernischen Truppen am 3. und 4. März, veranlasst durch eine Führung, die nicht auf der Höhe ihrer Aufgabe war, den Feldzug bereits entschieden hatte. Die gefallenen Berner wurden von Bauern der nächsten Gehöfte neben dem Weg in ein gemeinsames Grab gelegt. Niklaus Heilmann vom Bellevue oberhalb Port liess nächtlicherweise auf dem Grab einen Pfahl mit einer Gedenkschrift aufstellen. Französische Soldaten rissen das Papier immer wieder vom Pfahl, und noch 2 Jahre nach dem Gefecht wurden Papier und Pfahl das Opfer des Platzkommandanten Rubin von Biel, der vor Wut so grimmig auf das Denkmal einhieb, dass sein Säbel in Stücke sprang. 1824 entstand das heutige Denkmal. Die Gefallenen der Legion Rovéréa sind darauf nicht erwähnt, und es ist nicht bekannt, wo diese begraben sind. Heute erinnert noch das jährliche St. Niklaus-Gedenkschiessen unserer Schützengesellschaft und die anschliessende Kranzniederlegung beim Denkmal an diese bewegten Zeiten.
Besetzungszeit
Für die Bellmunder und die ganze Schweiz folgten die schweren Zeiten einer Besetzung. Neben Nidau raubten die Franzosen von allen umliegenden Dörfern in Bellmund am meisten, nämlich Z2 Pferde uncl für 6331 Kronen Sachwerte. Vergleichsweise betrug die Jahresbesoldung des Berner Schultheissen 1460 Kronen. Die Kriegssteuern, Leistungen und übrigen Mühen der Gemeinde Bellmund bis zum Einmarsch der Alliierten im Jahre 1813 ersehen wir aus den Dokumenten im Burgerarchiv, welches zahlreiche Akten aus dieser Zeit enthält. Wir finden von 1798 bis Ende 1813 über 50 Belege über Ausgaben und Leistungen der Gemeinde für militärische Bedürfnisse. Fuhrkosten für den Transport von kranken Soldaten, von Material, von <<Schanzgrabern›> nach Zürich tauchen immer wieder auf. Diese Fuhrungen wurden den Bellmundern entschädigt. Eine Fuhre nach Zürich mit 2 Karren und Pferden brachte 17 Franken ein. Aber die Arbeit zu Hause blieb liegen. Dagegen musste die Gemeinde einem Kommissar für Verpflegung und Reisekosten die Summe von 167 Franken bezahlen. Das war eine unverschämte Spesenrechnung, das geschätzte Steueraufkommen der Einwohner betrug nach der helvetischen Steuerliste von Dezember 1798 nämlich nur 157 Franken. Weitere Ausgaben betrafen die Werbung von Soldaten und die Ausrüstung der Ausgezogenen, das heisst der zum Militärdienst einrückenden Dragoner und Füsiliere. Nach dem Bündnisvertrag mit dem napoleonischen Frankreich hatte die Schweiz, wie andere Satellitenstaaten auch, Truppen zu stellen, nämlich jederzeit 4 vollständige Regimenter. Wieviele junge Bellmunder auszogen, und wo sie eingesetzt wurden, wissen wir nicht. Aus dem Burgerarchiv geht hervor, dass es jährlich etwa um die 6 Auszüger waren. Dazu kamen die Kriegssteuern. 1802 mussten 278 Franken bezahlt werden, 1803 eine weitere Requisitionssteuer von 150 Franken. Zum Vergleich: ein Zuchtstier kostete damals nach einer Nidauer Spitalvogtsrechnung rund 75 Franken. Diese Sondersteuern konnte die Gemeinde nicht in bar aufbringen; sie musste dem Staat Bern dafür Wald abtreten.
Auch die Befreiung kostete
Nach der Niederlage Napoleons in der Völkerschlacht bei Leipzig rückten die alliierten Truppen nach Frankreich vor. Teile davon durchzogen die Schweiz und marschierten auch durch Bellmund. Verschiedene Darstellungen sprechen von Plünderungen und Brandschatzungen. Dafür liessen sich in den Burgerarchiven von Nidau und Bellmund keine Belege finden, die Geschichten sind also sehr fraglich. Sicher ist, dass unser Dort wieder Leistungen zu erbringen hatte für Einquartierungen, wie eine Weisung des Nidauer Oberamtmanns von Steiger an die Gemeinde vom 27. Dezember 1813 beweist. Die Belastungen waren beträchtlich rür das Dorf von 225 Seelen. Am 30. Dezember waren einzuquartieren 104 Mann, ein Artilleriepark mit 96 Pferden und 140 Mann, dazu waren 5 Wagen mit 17 Pferden nach Sonceboz oder Dachsfelden (Tavannes) zu bringen und ein weiterer zweispänniger Wagen zur Verfügung zu halten. Auch jetzt waren wieder Kriegssteuern zu bezahlen. 1813 waren es 177 Franken und 1815 noch einmal 178 Franken. Am 24. März 1815 wurde frühmorgens die Nidauer lnfanteriekompagnie, zu der auch die Bellmunder Wehrpflichtigen gehörten, mobilisiert. Sie hatte zum Schutz der Schweizer Grenze einzurücken. Napoleon war aus Elba zurückgekehrt und beunruhigte Europa noch einmal für 100 Tage, bis die Preussen und Engländer bei Waterloo den Schlusspunkt hinter die Zeit des Empire setzen.Nidau den 27. Christmonat 1813An die ehrende Gemeinde Belmund.Nach eingeholter Wegweisung von dem kaiserlich östreichischen Obercommando, hat die Burger (gemeinde) bei Einquartierungen folgendes auf Jeden Mann auszurichten:Zu Mittag ein halb Pfund Fleisch, Brodt, Suppen, Köch und einen Schoppen Wein.Zu Nacht: Suppen, Köch und Brodt.Zum Frühstuken ein Glas Brandtenwein mit einem Stük Brot, oder anstatt diesen zwei Artikeln, Suppen. Wann die Truppen aber erst am Abend anlangen so wird für das Nachtessen das gleiche wiehier oben für das Mittagessen gegeben.Eine Ration für ein Pferd ist: Ein halb Mäss Haber und 10 Pfund Häu.Die Gemeinden werden sich jedes mahl für alles was geliefert worden von dem Kommandierenden den Officier eine Quittung geben lassen und solche einstweilen sorgfältig aufbewahren. Gott mit EuchDer Obrist Lieutenant und Oberamtmann von SteigerBurgerarchuv Bellmund: Weisung des Oberamtmanns von Nidaubetreffend Einquartierungen vom 27.12.1813