Sutz – Lattrigen Kirche

Eigenartig  ehrwürdig

wir haben es hier mit einer ganz eigenartigen und ehrwürdigen wenn auch nur kleinen Kirche zu tun. («Auch kleine Dinge können uns entzücken,››) Einmal, weil sie als Kapelle mit nur kleinem Chor noch ohne Turm, nur mit Dachreiter, nach F. Allimann-Laubscher aus der Zeit um 800 nach Christi stammt, indem die Edlen von Sutz den von Karl dem Grossen gestifteten Aetterzehnten verliehen erhielten. Dann, weil die Kirchgenossen von Tüscherz-Alfermée bis 1879 dazugehörten. Wo findet man das in der Region, dass man per Barke zu seiner Kirche fahren musste? Danach wurde dann die kleingewordene Gemeinde zu Nidau geschlagen, was sie nicht recht fand und wogegen sie sich wehrte. Erst in den dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde sie wieder selbständig erklärt, obschon in der Person des Seelsorgers noch immer ein Brückenschlag besteht. Er wird auch von der Kirchgemeinde Nidau gewählt und übernimmt Aufgaben in der dortigen Kirchgemeinde; besonders ist ihm Ipsach seelsorglich anvertraut. 
Die herrliche Lage der Kirche ob dem See, nahe den hohen Bäumen des Von-Rütte-Gutes, aber auch das mit grossem Einsatz renovierte Kircheninnere ziehen viele auswärtige Hochzeitsgesellschaften an, die beim kontaktfreudigen Sigristenpaar freundliche Aufnahme finden. Der gepflegte Friedhof und das wieder gründlich renovierte Pfarrhaus von 1593 mit der Pfarrscheuer entsprechen dem Kircheninnern, das Ruhe, Geborgenheit und Sammlung vermittelt. Vor der Kirche ist die reichverzierte Glocke von 1680 aufgestellt. Wer sich näher für die Kirche interessiert, kann den nachfolgenden Ausführungen von Beat Tschanz manches abgewinnen.

P. Daepp, Pfarrer.

Vor 3000 Jahren

Im Gebiet von Sutz und Lattrigen wurden Überreste von Pfahlbauten gefunden, die beweisen, dass schon vor über 3000 Jahren Menschen dort gelebt haben. Damit gehört diese Region zu den ältesten besiedelten Gebieten im Seeland. Bei den Einwohnern handelte es sich um eine primitive Rasse keltischen Ursprungs. Die römische Besetzung brachte eine fortgeschrittene Kultur, bessere Anbaumethoden und neue Lebensformen. Aus dieser Zeit der römischen Besetzung mag auch der Name Sutz stammen. Es liegt nahe, ihn vom gallorömischen Gott Sucellus abzuleiten, dessen Kult in den Regionen zwischen Avenches und Solothurn stark verbreitet war. Am Platz des heutigen Kirchleins stand wahrscheinlich früher ein Sucellus-Tempel. Dieser gab dem heutigen Dorf möglicherweise den Namen.

Auf heidnischen Ruinen?

Die Bauart der Kirche mit ihrer eigentümlichen Vorhalle lässt sich darauf zurückführen, dass der Eingang gegen die Wetterseite lag. Alle diese alten Kirchen stehen in der West-Ost-Richtung. Über den Zweck dieses Vorbaues herrschen drei Theorien. Die eine sagt, dass der Vorbau angesetzt wurde, um die Besucher und auch die Eingangstüre vor den oft heftigen Weststurmwettern zu schützen. Eine zweite Version schreibt diesem Raum den Zweck eines Katecheions zu, das heisst dieser Raum diente dazu, Leute, die noch nicht zu der kirchlichen Gemeinschaft gehörten, zur Aufnahme in diese vorzubereiten. Die Version scheint mir die Wahrscheinlichste. Die dritte und etwas gewagte Version sieht in der Vorhalle den Rest eines gallorömischen Tempelumgangs. Das Alter der Mauern weist zwar nicht auf das hin. Hingegen können solche Bauten auch nachträglich aufgrund vorhergehender Vorbilder wieder entstanden sein. Die christlichen Sendboten in den heidnischen Ländern, obschon sie unerschrockene und mutige Männer waren, die Oft zum Schutze ihrer Anhänger zum Schwert greifen mussten, sahen sich gezwungen, doch etliche Kompromisse zu schliessen. So erklärten sie heidnische Helden zu Heiligen, um das Volk zu gewinnen, und es wäre nicht unmöglich, dass diese frühen Christen beim ersten Kirchlein etwas wie einen Tempelumgang bauten, damit die äussere Form nicht zu extrem von der bisherigen, vertrauten, abwich. Das sind zwar gewagte Kombinationen, die nur durch eingehendere Grabungen bewiesen werden könnten. Eines ist aber sicher: So wie die Kirchen von Täuffelen und Walperswil über tausendjährig sind, so kann auch die Kirche Sutz auf das gleich hohe Alter blicken. Und wie bei diesen genannten Kirchen vorerst kein Turm vorhanden war, so hatte auch die Kirche Sutz nur ein Dachreitertürmchen mit einem Glöcklein. Wann der Glockenturm angebaut wurde, ist nicht mehr festzustellen. Andernorts geschah dies zu Ende des 15. und zu Beginn des 16. Jahrhunderts.

18 Feuerstätten

Die Kirchgemeinde Sutz war nie sehr gross. Noch im 15. Jahrhundert wird im Visitationsbericht des Bischofs von Lausanne gemeldet, dass sie 18 Feuerstätten, also bewohnte Häuser, aufwies. Das entspricht etwa 200 bis 250 Einwohnern, und zwar für die ganze Kirchgemeinde, also Sutz, Lattrigen, Tüscherz, Alfermée und das Rebgut Convalet des Klosters St. Urban.

Vor 1000 Jahren

Es gibt noch ein weiteres Zeugnis für das hohe Alter der Kirche, nämlich das Vorhandensein eines Etter oder Aetterzehnten. Im Mittelhochdeutschen ist der Etter ein geflochtener Zaun, mit dem ursprünglich die alemannischen Siedlungen zum Schutz gegen Feinde und Raubtiere umgeben waren. Der Etter zog sich von der Ländte zu Lattrigen aufwärts gegen die Strasse und dann seeabwärts bis zur sogenannten Milben-Matte, von wo die March wieder in den See führte. Damit ist die Anlehnung an die alte Form der alemannischen Sippensiedlung gegeben, und dass darauf der Etterzehnten zugunsten der Pfrund gelegt wurde, beweist, dass dies vor ungefähr 1000 Jahren stattgefunden haben muss, als die christliche Gemeinde entstand. Sutz war damals anscheinend noch kein Dorf, sondern bestand nur aus Kirche, Pfarrhaus und Pfrundgut, so wie auch Täuffelen noch vor 600 Jahren kein Dorf war. Trotz der spärlichen Dokumente über den früheren Zustand der Kirche gilt als gewiss, dass die Freiherren von Jegistorf 1289 die Kirche zu ihrem Seelenheile dem Kloster Gottstatt schenkten. Dieses hatte nun das Recht, den Pfarrer zu ernennen, die sogenannte Kollatur. Auch die Freiherren von Ufingen, die Ritter von Mörigen, die Johanniter von Münchenbuchsee, das Kloster Bellelay sowie das St.-Alban-Kloster Basel hatten in Sutz und Lattrigen Besitzungen und Rechte.

1. Kirche ohne Chor

Die die Ausgrabung des Kirchenbodens zeigte, war die Kirche vermutlich zuerst ohne  Chor, also ein schlichter, viereckiger Bau
Bei den Ausgrabungsarbeiten wurde ganz vorne im Raum ein Fundament eines Altars oder Taufbeckens gefunden. Dies ist insofern aussergewöhnlich, als Taufbecken bei anderen Kirchen immer möglichst nahe beim Eingang standen. Der Grund dafür ist darin zu suchen, dass noch nicht getaufte Personen einen möglichst kurzen Weg durch den geweihten Raum gehen sollten. Schon 1453 wird aber im Visitationsbericht des Bischofs von einem zweiten Altar gesprochen, der noch nicht geweiht war. Vermutlich war vorher - wann, lässt sich nicht bestimmen – ein Chor angebaut worden. Vielleicht war es zur Zeit der Edlen von Sutz, die vor der Annektierung der Herrschaft Nidau durch Bern dort ihren Sitz hatten. Dieser erste Chor war erheblich kleiner als der heute bestehende, wie aus Plänen ersichtlich ist. Der heutige Chor wurde vermutlich während einer gründlichen Renovation erbaut, möglicherweise im Zusammenhang mit dem Bau des Turmes, weil die östlich an den Turm anschliessende Aussenmauer nicht in der gleichen Flucht steht. Leider gibt es keine Dokumente, die über die Richtigkeit dieser Theorie Aufschluss geben. Nachdem der Chor der Kirche bis ins letzte Jahrhundert Eigentum des Staates war, haben wir hier, wie anderswo, die Merkmale der Herrschaftskirche. Der Chor war der Sitz der Herrschaft, vermutlich also der Edlen von Sutz und wurde von dieser unterhalten. Das Kirchenschiff war die Leutkirche und musste von der Gemeinde gepflegt werden.

Vor 400 Jahren

Weil nun die Gemeinden früher keine Aufzeichnungen machten, und spätere Protokolle oft durch Feuersbrünste oder unsachgemässe Aufbewahrung verloren gingen, finden wir hier nur spärliche Quellen. So beruft sich W. Henzi in seiner kleinen Schrift über die Kirche Sutz auf den Bieler Stadtarchivar W. Bourquin, wonach der Rat von Biel 1577 denen von Sutz acht Bäume zu fällen bewilligte, um den Dachstuhl der Kirche zu erneuern. Das wäre die älteste authentische Nachricht über Bauarbeiten. 1593 wurde der Helm am Kirchturm erneuert und auf den Donnerstag, den 20. Dezember, wurden die Glocken neu aufgehängt. Nach einer Mitteilung von W. Bourquin bestand das Inventar der Kirche 1666 aus zwei gleichen Zauggenkannen, zwei Kelchen und einer Bibel. Erst in nachreformatorischer Zeit finden wir in den bernischen Archiven weitere Eintragungen. Nach der Reformation wurden die Klöster nicht direkt verstaatlicht. Man setzte einen Vogt ein, so in St. Johannsen, Frienisberg und auch Gottstatt. Nach der vorher vorhandenen Kollatur hatten die zu den früheren Klöstern gehörenden Kirchen auch wieder über die Einkünfte dieser Klostervogteien unterhalten werden müssen. So finden wir etliche Angaben in den Vogtsabrechnungen von Gottstatt. Es handelt sich hierbei stets nur um den Chor.

Serie von Renovationen

1666 In der Abrechnung des Vogts von Gottstatt vom 7. Mai 1666 bis 7. Mai 1667 findet man über Renovationsarbeiten folgende Vermerke: «Das Chordach in der Kirchen zu Sutz erlesen, deckhen unnd den eggen nach verpflasteren, auch etliche newe latten anschlagen lassen, thuet samt 2 batzen für Lattnägel unnd 500 verbrauchte schindlen, dess Deckhen Lohn für zween Tag selb ander 4 Pfund 16 Schillinge,» Erst zwanzig Jahre später musste der Chor von neuem gedeckt werden. Dann, am 31. Mai 1691, wurde folgendes in das Chorgerichtsmanual von Sutz eingetragen: 
«Es sagte der Sigrist vor der predig, der gloggenstuel seye gefehrlich, die raffen und latten am tach auch, wie zugleich bey dem Kilchturn, wie iederman bekant. Sagten die Chorrichter, man müesse luegen, darzue tuen. Ich es ihnen, sunderlich dem Amman überlassen, habe das meinige gethan, könne es nirgends hinbringen, trage kein schuld, so schaden sich zuetruge. Jahr und tag an aller richtigkeit gearbeiten, mundlich, schrifftlich, gegenwürtig gegen Hr. Schryber Hoffmann alss Kilchmeyer, alles vergebens. Dem Sigrist sagt man, solle zum Kilchrneyer gechen, wer ess seye, solss anzeigen» Daraufhin wurden Wahrscheinlich die nötigen Arbeiten ausgeführt. In der Gottstatt-Abrechnung vom 18. April 1700 bis 20. April 1701 ist danach folgendes vermerkt:
«Rudolff Rueff dem Glaser, die im Chor in der Kirchen zu Sutz verderbte Fenster new machen lassen, vermog usszugs zahlt 41 Pfund 8 Heller.›› 1743 Am 15. August 1743 sind wieder Reparaturen am Dach des Chors nötig, und am 12. November 1748 sind neuerdings die Fenster an der Reihe. Am 29. Juli 1764 werden dem Tischmacher Kopp und dem Steinhauer Dick für «einiche Reparationen in dem Kirchen Chor» 14 Kronen 20 Batzen ausbezahlt, und am 20. Mai 1772 dem Maurer Rösseli 5 Kronen 10 Batzen. Dann erhält am 2. August 1772 der Tischmacher Peter Kopp für «Verbesserung zweyer «Stühlen im Chor» 12 Batzen 2 Kreuzer ausbezahlt. 1777 Hierauf folgen nun wieder einige Notizen im Chorgerichtsmanual, so am 28. September 1777:
«Es wurde von Einer Ehrbarkeit (das war das Chorgericht) erkennt, das auswendige am Kirch-Thurn zu reparieren und die Seite gegen Wind mit Savoyer Kalch zu b'stechen. Diese Arbeit für alle vier seiten des Thurns ist dem Rudolf Rösseli, Steinhauer von Tüscherz verdinget worden für sechszehen Bern Kronen»
«Den 8. February 1778 wurde vor der Ehrbarkeit einhellig erkennt, die Verfertigung des Holzwerks zu zweyen neüen Zeit-Tafelen am Kirch-Thurn, samt der Einfassung und dem Schirm dem Meyster Kopp dem Tischmacher zu Sutz zu verdingen um den Preis eines neüen Louis d'or.›› (Es hatte also damals schon ein Uhrwerk.)
«Den 24. May 1778 wurde von Einer Ehrenden Ehrbarkeit erkennt, den Schirm der Zeit-Tafelen mit weissem Bläch beschlagen zu lassen»
1789 Das war der Beginn grösserer Renovationsarbeiten. Im Vennermanual vom 14. Februar 1789 wird folgender Brief an den Vogt von Gottstatt geschrieben:
«Reparationen an der Kirche zu Suz. An Gottstatt Praefecto. Der Kirchgemeind Suz, welche besag Eüeres Schreibens Vorhabens ist, ihre Kirche beträchtlich ausbesseren zu lassen, haben Wir nach vorlaüfiger Untersuchung des daherigen Devises der sich in allem und mit Innbegriff der Erbauung des Chors auf der Sumrn der 457 Kronen 17 Batzen 2 Kreuzer ansteigt, für die reparation dieses leztern die dafür erforderliche Summ der Einhunden und zwölf Kronen 13 Batzen verordnet, und dessen Eüch berichten wollen, mit dem befehl der gemeind Suz diese Summ als Collator nach ausgeführter Devis mässiger reparation verabfolgen Zu lassen, und Uns auf Rechung zu sezen.››

Auf der Suche nach Geld

Der erste Schritt war damit getan. Die kleine und arme Kirchgemeinde konnte jedoch nicht genügend Mittel aufbringen, um alles richtig zu renovieren. Sie wandte sich daher an die Vennerkammer (Finanzverwaltung), die ihrerseits den Vogt von Gottstatt um Auskunft anging mit folgendem Text:
«Den 1. Juny 1789. An Gottstatt. Die Kirch Gemeind Suz, Amts Nidaus, hat Mn. gn. Herren die Nothwendigkeit vorgestellet, ihre Kirche reparieren zu lassen, welches deroselben ohne die Puhrungen und einige Materialien ein Kostens Aufwand von 556 Kronen 3 Batzen veranlassen wird, der grössten Theils durch Anlagen muss zusammen geschossen werden, weil das Kirchen Guth nur 400 bis 500 Kronen beträgt, und kaum zureichen mag, daraus die jährliche Ordinari Ausgaben zu bestreiten, daher sie sich an ihren bekannten Mittellosen Umständen, um eine gnädige Beysteüer in Demuth supplicando angemeldet. Da aber vermuthlich dieses Vorhaben auch verschiedene Reparationen im Kirchen Chor nach sich ziehen wird, so Wollen Me. hg. Hrn. Deütsch Sekelmeister und Vennere vor Abfassung des daherigen Gutachtens Eüer Tit. freündlich ersuchen, über den Theil der allfällig erforderlichen Reparationen in gedachtem Chor einen Devis errichten zu lassen, und solchen der Hohen Cammer einzusenden, zugleich dann den Bericht beyzufügen, wie viel Mannwerk Reben hinter denen Gemeinden Allfermee und Tüscherz gelegen, die dem Amte Gottstatt zuständig, und ob solche auch in die zu erhebende Tell für bemelte Kirchen Reparationen, das beziehende werden beytragen müssen, oder auf welche Art diese Anlagen man sonst zu erheben gedenke,»

Man wollte also eine Abgabe aufgrund des Landbesitzes verfügen, um die nötigen Mittel aufzubringen, und da interessierte es natürlich die Vennerkammer, ob die zum Kloster Gottstatt gehörenden Reben auch abgabepflichtig seien. Anscheinend wurden sie aber von dieser Abgabe entbunden, worauf sich die Vennerkammer entschloss, dem Gesuch der Kirchgemeinde zu entsprechen, wie eine weitere Eintragung vom 22. Juni 1789 zeigt: «Auf die von der Kirch Gemeind Suz eingegebene, und mit Eüer Tit. Vorwort begleitete Bittschrifft, wordurch sie sich um eine gütige Beysteüer zu gänzlicher Reparation und Erneüerung ihrer Pfarr Kirche ehrerbietigst bewerben, weilen diese Arbeit laut wieder mitkommenden Devis auf 556 Kronen 3 Batzen ohne die Fuhrungen zu stehen kommen, haben Me. hg. Hm. Deutsch Sekelmeister und Vennere derselben in Betrachtung des geringen Vermögens der mehresten Gemeindsangehörigen aus Gnaden, und ohne einiche Consequenz für das Künftige, als eine Beystcüer zu bemelter Kirchen Reparation die Summ von Einhundert Kronen gütigst zugesprochen. Eüer Tit. wollen demme nach das Belieben tragen, diese 100 Kronen gedachter Gemeind auszurichten und Mn. gn. Hrn. zu verrechnen»

Hohe Kosten

Dieses Schreiben war an den Landvogt von Nidau gerichtet, der also diesen Betrag auszurichten hatte. Die ganzen Renovationskosten beliefen sich nach heutigem Geldwert auf über 6000 Franken, wozu noch rund 207 Kronen, also auch über 2000 Franken, für den Chor kamen. Der erste Devis für die Renovation des Chors (siehe oben) von 112 Kronen 13 Batzen stellte sich um 88 Kronen 18 Batzen höher. Nach einer Notiz im Vennermanual vom 3. August 1789 befand sich der Dachstuhl des Chors in schlechterem Zustand, als der Zimmermeister devisierte, und die Vennerkammer bewilligte diesen Nachkredit. Es gab also auch schon damals bei Bauarbeiten Kreditüberschreitungen. Demzufolge figurieren nun in der Abrechnung des Vogts von Gottstatt die folgenden Beträge: «28. Sept. 1789. Dem Meister Spahren von Nydau, laut Schreiben von Mn. gn. Hrn. den Rähten und M. hg. Hrn. Teütsch Sekelmeister und Vennere vom 14. Februar und 3. August für die fast gänzliche Widerherstellung des Chors zu Suz 201 Kronen 6 Batzen 3 Kreuzer. Dem Dek Maurer für die Tachungen 2 Kronen 1 Batzen. 22. Novembris. Dem Jacob Möschler von Orpund zuhanden der Gemeind Suz die Fuhrungen wegen der Erbauung des Chors zu Suz, 17 Fuder zu 1 Mas (Wein) und 1 baz. Brot, thuet a 41/2 batz, der Wein 3 Kronen 18 Batzen 2 Kreuzer.»

Rätsel bleiben

Die verschiedenen Eintragungen ergeben gewisse Unklarheiten. Auf der einen Seite heisst es, dass die Mehrausgaben daher rühren, dass der Dachstuhl schlechter befunden wurde, als man annahm. Anderseits ist die Rede von der fast gänzlichen Wiederherstellung und von der Erbauung des Chors. Man könnte daraus schliessen, dass der ganze Chor neu aufgebaut wurde, was auch dadurch bestätigt scheint, dass 17 Fuhren für das Material nötig waren. Meister Spahr war aber Zimmermann, und Aufwendungen für einen Maurer oder Steinhauer sind keine vermerkt, es sei denn, Spahr habe als Generalunternehmer - das gab es damals schon - die Maurerarbeiten mit übernommen. Die Eintragungen lassen keinen endgültigen Schluss zu. Vermutlich hängt mit diesen Renovationen auch folgende Notiz im Chorgerichtsmanual zusammen:
«Den 9. Herbstmonat 1792 wurde erkennt vor der Ehrbarkeit, eine der Zeittafeln, diejenige Lufthalb, durch unsern Schuelmeister Baumgartner anstreichen zu lassen, um den Preis von 6 Kronen »
Wir finden nun keine weiteren Vermerke mehr bis zum 1. Herbstmonat 1844 im Manual des Regierungsrates. Da wird auf den Vortrag des Erziehungsdepartementes der Kirchgemeinde Sutz als Staatsbeitrag an die Kosten der Umgiessung einer ihrer Glocken der zehnte Teil mit 36 Franken bewilligt. Es handelte sich dabei offenbar um jene Glocke, die den Namen von Pfarrer David von Rütte trug, und die mit dem heutigen neuen Geläute verschwunden ist. Die nächste Renovation erfolgte 1868. Die Regierung gab damals für die Ausbesserung des Chors 500 Franken aus. Bei dieser Gelegenheit wurde erstmals eine Orgel eingebaut. Dieses Instrument ist 1908 durch einen Lausbubenstreich unspielbar geworden und wurde in der Folge durch ein Harmonium ersetzt. 1948 wurde die alte Orgel wieder spielfähig gemacht. Sie diente dem Gottesdienst bis zur letzten grossen Renovation der Kirche im Jahre 1965. (Heute steht die erste Sutzer Orgel wieder in der Kapelle Evilard-Leubringen.) 1868 entdeckte man im Chor auch Gebeine. Es handelte sich um die sterblichen Überreste von Pfarrherren, die sich zur Zeit, als der Boden der Kirche nur aus festgestampfter Erde bestand,im Chor beerdigen liessen.

Letzte rosse Renovation

Von 1965-1966 wurde die Kirche wiederum gründlich renoviert. Allein der Kostenaufwand von über 300 000 Franken mag zeigen, wie umfangreich diese Arbeiten waren. Die wichtigsten Neuerungen waren eine neue Orgel (Walker, Ludwigsburg; 8 Register), eine neue Heizung, eine neue Bestuhlung und ein neues Geläute. Mit dem neuen elektrischen Geläute fielen auch die alten Glocken dem Schmelztiegel zum Opfer, bis auf die schönste. Diese wurde 1680 vom Geschütz- und Glockengiesser Gerber von Bern gegossen. Neben prächtigen Verzierungen trägt die nunmehr vor der Kirche aufgestellte Glocke den Spruch «Herr regier» den Glockenklang, Dass dein Volk zum Worte Gottes gang»  die Namen des bernischen Sekelmeisters, des Landvogts von Nidau, des ehemaligen Pfarrers Hans Rudolf Tscharner und von Junker Albrecht May, der in Lattrigen grosse Besitzungen hatte. Als wichtiger Punkt ist zu erwähnen, dass die Kanzel an ihren ursprünglichen Platz auf die linke Seite des Schiffes versetzt wurde. Neben diesen relativ  umfangreichen Neuerungen wurde die gesamte Kirche renoviert, so dass sie wieder in neuem Glanz erstrahlt.