Ligerz Kirche

Wahrzeichen des Seelandes

Die Kirche von Ligerz ist in mehr als einer Hinsicht eines der bemerkenswertesten Gotteshäuser im Bernbiet und gewiss das bekannteste im Seeland, so etwas wie das kirchliche Wahrzeichen dieser Region. Es sind besonders drei Dinge, die an diesem Bau sofort auffallen: Seine Lage in den Rebbergen hoch über dem Dorf, weit weg von jedem anderen Gebäude, seine imposante Grösse - es gibt Stadtkirchen, die kleiner sind als diese Dorfkirche - und, im Innern, das Ineinander zweier Stile.

Vorgeschichte mit Rätseln

Die Vorgeschichte ist nicht restlos geklärt. Der heutige Baubefund gibt einige Rätsel auf und die Urkunden führen nicht weiter zurück als bis ins 14. Jahrhundert. Aus der Tatsache, dass in einem Dokument von 1389 der noch heute bestehende und so benannte Pilgerweg erwähntwird, der von Kleintwann im Osten undvon Schafis im Westen zur Kirche hinaufführt, darf man nämlich nicht daraufschliessen, dass damals schon eine Kirche das Ziel der Pilger war, denn 1384 wird ein Grundstück «under dem crütze» erwähnt. Nun zeigt das Wappen der mittelalterlichen Freiherrschaft Ligerz (zu unterscheiden vom Wappen der Freiherren von Ligerz ) ein weisses Kreuz auf einem grünen Vier- (oder Drei-) Berg zwischen zwei Rebstöcken, zur Seite ein Rebmesser, das Zeichen der Rebbaugemeinden. Der älteste Zeuge für dieses Wappen ist der vordere Schlussstein im Chorgewölbe der heutigen Kirche (Anfang 16. Jahrhundert). Offenbar stand an der Stelle, wo sich jetzt die Kirche befindet, unmittelbar am uralten Weg, der von der Kalkofenländte am Westende des Dorfes über Schernelz nach Tess hinaufführt, einst ein hochragendes weisses Kreuz, dem zunächst die Wallfahrt galt. Erst Ende des 14. oder Anfang des 15. Jahrhunderts dürfte es durch eine Kapelle ersetzt worden sein, die nun folgerichtig dem Heiligen Kreuz geweiht war. Auf dieses Patrocinium weisen auch beim heutigen Bau noch die drei Kreuze auf der Turmspitze, auf dem Chordach und als Bekrönung der Westfassade hin.

Eine Wallfahrtskirche

Eines auf jeden Fall ist klar: Eine Pfarrkirche wie heute war die Kirche von Ligerz zunächst nicht; sie war eine Wallfahrtskirche. Wohl war Ligerz in der Feudalzeit eine Freiherrschaft mit einer «Festi» - deren letzte Reste sind nahe der so benannten Haltestelle der Ligerz-Tessenberg- Bahn noch sichtbar - und einem Adelsgeschlecht (urkundlich belegt seit 1178), das den Namen dieses Dörfchens weit herum bekannt machte. Aber eine eigene Pfarrei war es damals nicht. 1417 und 1434 wird die Kirche von Ligerz erstmals urkundlich erwähnt, und zwar als Filialkapelle beziehungsweise -kirche von Tess (Diesse) auf dem Berg droben. Dorthin gingen die kirchlichen Abgaben und dort begrub man die Toten. Es wird noch heute erzählt, man hätte damals, wenn man einen Ligerzer zur Bestattung auf den Berg hinauf führen musste, an der Stelle, wo man zum letzten Mal auf den See hinabblickt, nochmals den Sargdeckel gehoben, um dem Toten einen letzten Blick hinunter auf die Rebberge, das heimatliche Dorf und den See zu gönnen.

Die Loslösung der Pfarrei Ligerz von der Muttergemeinde Tess vollzog sich nach und nach zwischen 1434 und 1481/82. Der Pfarrer von Tess scheint diesem Vorgang zeitweilig erheblichen Widerstand entgegengesetzt zu haben. Dass man aber, als Ligerz dann eine selbständige Pfarrei war, nicht eine eigene Pfarrkirche baute, versteht sich, zumal die Wallfahrtskirche ja etwa in der Mitte der das Kirchspiel bildenden Siedlungen Ligerz, Schernelz und Bipschal lag. Einzig der westliche Teil von Kleintwann, der ebenfalls zu Ligerz gehört, liegt etwas abseits.

Die «Weisse Frau»

Wie aber an dieser Stelle ein Wallfahrtsort entstehen konnte, lässt sich höchstens vermuten. An geographisch auffallenden Stellen führende Wallfahrten verdanken ihre Entstehung häufig den Massnahmen der mittelalterlichen Missionare: Ein an diesem Platz geübter heidnischer Kult sollte durch den christlichen verdrängt werden. Seitdem H. Weigold (1948) die Orts- und Flurnamen dieser Gegend untersucht hat, leitet man den Namen Ligerz nicht mehr von einem erfundenen Römer namens Ligerius ab, sondern von Leucaritia-Leugaritia-Ligaritia, was auf ein keltisches Adjektiv leukos = «weiss» zurückgeht und eine Verehrung der «weissen Frau» vermuten lässt. Es ist anzunehmen, dass sich unter der jetzigen Kirchenterrasse ein Felsvorsprung befindet, der aus irgendeinem Grunde zum Kultort wurde. Vielleicht hat einmal einer von dort aus bei einer bestimmten Beleuchtung im See die «weisse Frau» gesehen. Der Seegrund weist hier an manchen Stellen die helle Seekreide auf, und von Ligerz hinüber zum Ligerzer Zipfel der Petersinsel besteht eine «Brücke» im Seegrund, die auch in der Sage eine Rolle spielt. Sei dem, wie ihm wolle, auf jeden Fall ist die merkwürdige Lage der Kirche nicht etwa durch Platzmangel im Dorf zu etklären. Dort soll es übrigens seit spätestens 1516 eine St.-Anna-Kapelle gegeben haben, die bei der Einführung der Reformation 1528 dem seit 1521 hier wirkenden Pfarrer Peter Gaberell (gestorben als erster reformierter Pfarrer von Ligerz 1542) überlassen wurde; er soll sie dann zum Pfarrhaus umgebaut haben, dem heute noch bestehenden Gaberellhaus neben der jetzigen Post. So verdankt Ligerz vielleicht nicht nur seinen Namen und seine grosse Kirche, sondern überhaupt sein Vorhandensein als Dorf letztlich der «weissen Frau››, beziehungsweise den christlichen Missionaren, die deren Kult zum christlichen Gottesdienst «umfunktioniert›› haben. Denn die Wallfahrt mag sehr wohl die Entwicklung der naheliegenden Siedlung begünstigt haben.

Ursprünglicher Zustand

wenn man nun den Baubefund, wie er an der heutigen Kirche abzulesen ist, mit den genannten Jahreszahlen in Beziehung zu setzen versucht, so kommt man zu folgenden Vermutungen: Der Chor der wohl noch am Ende des 14. Jahrhunderts anstelle des grossen Kreuzes errichteten Wallfahrtskirche ist im Erdgeschoss des Turmes erhalten. Der Triumphbogen ist an der Westwand des Turmes innen wie aussen leicht zu erkennen. Auch die Höhe des Schiffdaches lässt sich am Turm ablesen. Das Schiff wird wenig breiter gewesen sein als der Turm und beträchtlich kürzer als die heutige Kirche. Der Turm hatte damals noch nicht das Aussehen des heutigen und dürfte in der Höhe und in der Gestalt des Helms etwa demjenigen von Twann geglichen haben. Um die Wende zum 16. Jahrhundert muss die Wallfahrt derart zugenommen haben, dass die vermöglichen Berner Patrizier, die in Ligerz ihre Rebgüter besassen - unter ihnen bestimmt die von Diessbach und die von Wattenwyl, die dann auch Wappenscheiben anbringen liessen - und Rodolphe Benoit, der bedeutende letzte Abt des Klosters St. Johannsen bei Erlach, der den Pfarrer Von Ligerz einzusetzen hatte – auch sein Wappen ziert eines der Fenster -, sich zu einem Neubau entschlossen. Hätte man damals geahnt, wie nahe die innere Erneuerung der abendländischen Kirche und das jähe Ende des ganzen Ablass- und Wallfahrtswesen ist, man hätte den Bau, den wir heute bewundern und lieben, nicht ausgeführt. Denn Ohne Zweifel wurde nun eine Verbreiterung der Plattform durch die heute bestehende, bis zu 8 m hohe Stützmauer notwendig, setzte man doch das neue, grosse Kirchenschiff mit einem neuen Chor gleich südlich (seeseits) neben das alte und den Turm. Den ehemaligen Chor im Turm öffnete man durch Herausbrechen eines hohen Bogens gegen das Schiff der neuen Kirche hin, die somit eine geräumige Seitenkapelle erhielt. Bei der grossen Zahl von Heiligen, die hier verehrt wurden - wir finden in der Literatur deren mindestens sieben erwähnt -, konnte das nur günstig sein,

Der heutige Bau

So entstand zwischen etwa 1520 und 1526 der heutige Bau, mit einer Länge von 36 Metern im Innern gewiss kein «Chilchli››, wie man immer wieder sagen hört. Wer die Kirche von dem typisch seeländischen überdeckten Vorplatz im Westen her durch das hohe spätgotische Portal von 1522 betritt, wird von der Grösse, aber auch vom Ebenmass dieses Raumes sofort gefangengenommen. Misst man auf den Plänen nach, so beginnt man das Geheimnis dieser Wirkung zu ahnen: Schiff und Chor verhalten sich in der Länge zueinander wie 2 zu 1 (24 und 12 m). Das flachgedeckte Schiff ist mit 10 Metern genau so breit wie das Mittelschiff des Berner Münsters und genau gleich hoch wie breit. Der Chor von zwei Jochen weist ein Netzgewölbe mit zwei Schlusssteinen - einer mit dem Ligerzer Wappen und einer mit dem Monogramm <<jhs›› (Jesus) - auf. Von den drei Chorfenstern im Osten mit tadellosem Masswerk ist das mittlere etwas grösser; zwei weitere lassen das Licht von Süden ein, so dass der Chor stets hell leuchtet. Vier Fenster, drei von der Seeseite und eins von der Bergseite, geben dem Schiff das nötige Licht. Zwischen Turm und Chor ist eine geräumige Sakristei eingebaut -bei Landkirchen eher eine Seltenheit, von den Bedürfnissen der Wallfahrtskirche her und bei der Abgelegenheit der Kirche aber gegeben.

Die Ausstattung

Von der damaligen Ausstattung ist dank der eher konservativen Haltung der Berner Reformation erstaunlich viel erhalten geblieben, so die mit Ornamentbändern verzierte flache Decke im Schiff, die an der Nordseite die Jahreszahl 1526 trägt - die Kirche wurde also ganz knapp vor der Reformation vollendet-, weiter das Sakramentshäuschen, gekrönt von drei Fialen, der sehr hohe und grosse Taufstein (der natürlich ursprünglich nicht im Chor stand), zwei vergoldete Messkelche von schlichtedler Form, die noch heute in Gebrauch sind, fünfzehn Glasgemälde (darunter drei 1523 datiert, zwei sind erst 1572 und 1615 hinzugekommen), die glücklicherweise nicht in Museen abgewandert sind, und etwas weniges an Skulpturenschmuck: der am Westportal ist leider bis fast zur Unkenntlichkeit verwittert und den Männerkopf links am Chorbogen bemerkt kaum jemand, weil er vom Kanzeldeckel fast ganz verdeckt wird.

Die Glasmalereien

Die Glasmalereien sind zumeist Wappenscheiben von kirchlichen Würdenträgern oder Patriziern. Besonderes Interesse verdient die Scheibe im westlichsten der Chorfenster, die man als Wappenscheiben des Peter Gaberell erkannt hat. Nebst dem Gaberell-Wappen ist darauf ein mit der Albe (liturgisches Untergewand) bekleideter Priester zu sehen, der betend neben Sankt Peter kniet; auf einem Spruchhand stehen die Worte: Sancte Petre ora pro nobis (Heiliger Petrus, bitt für uns) und die Jahreszahl 1523. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass der Glasmaler den damaligen Ligerzer Pfarrer hier lebensgetreu porträtierte - gewiss das einzige Porträt eines bernischen Landpfarrers aus der Reformationszeit, das wir besitzen.

Seit 1528 reformiert

Seit 1528 wird in dieser Kirche reformierter Gottesdienst gehalten. Hat man von dem, was zum römischen Gottesdienst des christlichen Mittelalters gehörte, nicht mehr entfernt, als was unbedingt nötig war, so hat man auch in der reformierten Zeit mit kluger Hand nicht mehr hinzugetan, als was sich mit dem bestehenden Wohl vertrug. Der grosse steinerne, auf vier Säulen ruhende Abendmahlstisch mag schon etwas früher aufgestellt worden sein, und die heutige Renaissance Kanzel wurde 1610 um die ältere Kanzel herum gebaut. Im übrigen aber stammt die heutige Innenausstattung von der grossen Innenrenovation des Jahres 1669 her, in den folgenden Jahren um wenige Stücke ergänzt.

Gotik und Barock

Es ist also nach der Gotik nun der Barock, der sich hier zum Worte meldet. Diese Stilrichtung liebte zweierlei: Das Setzen von Kontrasten und die Überhöhung der Wirklichkeit (man sollte nicht sagen: die Täuschung, denn es ist nicht eine unredliche Absicht dabei). Beides ist hier anzutreffen: In weichen Kurven schwingen sich gewundene Schnörkel den ruhigen Linien der gotischen Fensterleibungen entlang und in fröhlichem Überschwang beleben Blumengirlanden und Früchtegebinde die geraden Grenzlinien zwischen Decke und Wand im Schiff und die Ränder der glatten Flächen im Chor. Ein fröhliches Musizieren hebt da an in unbeschwerter Heiterkeit. Keine Spur von der Überladenheit, die man dem Barock sonst etwa zur Last legt. Am anderen Element haben Besucher etwa schon Anstoss genommen; An der sogenannten Scheinarchitektur mit aufgemalten Pfeilern und Gesimsen im Schiff. Aber auch das ist so wenig aufdringlich gemacht, dass man staunen muss, wie harmonisch sich zwei so verschiedene Stile hier verbinden. Die malerische Ausschmückung von 1669 - man verdankt sie der Hand von Itans Conrad Heinrich Friedrich - enthält sich in typisch reformierter Mässigung aller religiösen Bezüge durch bildliche Darstellungen oder Symbole, mit einer Ausnahme: über dem Seitenportal auf der Südseite liegt auf einer Konsole ein Buch, das man wohl als Bibel deuten soll.

Die 10-Gebote-Tafel

Eine viel deutlichere Sprache aber redet das Wohl auffallendste Stück der Ausstattung dieser Kirche, die rund sieben Meter hohe epitaphartige (Epitaph = Grabinschrift, Gedächtnistafel) Tafel an der Nordwand, die mit den gleichen Barockschnörkeln verziert ist wie die Fenster, nur diesmal in Holz geschnitzt und bemalt. Wer auf den ersten Blick und nach Analogie ähnlicher Stücke in anderen Kirchen hier das Ehrenmal irgendeines Stifters oder Gönners vermutet, ist bei näherem Betrachten überrascht. Auf der Tafel stehen in goldenen Lettern die zehn Gebote und Jesu Doppelgebot der Liebe aus Matthäus 22, und zwar in französicher Sprache. 1669 wurde in Ligerz noch französisch gepredigt; erst sechs Jahre später wurde dem Ligerzer Pfarrer erlaubt, alle vierzehn Tage statt der französischen eine deutsche Predigt zu halten, und erst seit 1843 ist der Gottesdienst in dieser Kirche ausschliesslich deutschsprachig. Nicht nur diese Tafel, sondern auch der kunstvolle Deckel zum Taufstein (bei Friedli irrtümlich als «Kanzelaufsatz›› abgebildet), der wie ein Fürstensitz ausgestattete doppelte Kirchenstuhl des Berner Deutschsäckelmeisters Johann Leonhard Engel nahe der Kanzel und weiteres Gestühl in Schiff und Chor hat damals und in den folgenden Jahrzehnten ein Nachkomme des ersten reformierten Pfarrers von Ligerz, Abraham Gaberell (1641-1719), geschnitzt. Am Gaberellhaus im Dorf finden sich übrigens die selben Ornamente wie in der Kirche.

Die Orgel

Die Orgel, die seit 1960 auf der Empore steht, ist bereits die dritte in dieser Kirche. Die Orgelempore über dem Westportal gehört zum alten Baubestand. In Wallfahrtskirchen war diese Aufstellung der Orgel die Regel. Zum Bau einer Orgel dürfte es allerdings damals der Reformation wegen nicht mehr gekommen sein. Der in den Landkirchen seit dem letzten Drittel des 17. Jahrhunderts aufkommende Kirchengesang wurde im Welschland wie im deutschsprachigen Bernbiet - Ligerz liegt genau auf der Grenze zwischen beiden - vom Schulmeister und den «trompettes d‘église» oder «Kirchenposunern»  angeführt. Dazu diente Wahrscheinlich das noch erhaltene Kantorenpult, das heute als Lektionspult und bei Trauungen als Ambo (kanzelartige Bühne oder einfaches Kantoren beziehungsweise Lektorenpult zum Verlesen der Heiligen Schrift oder zum Predigen) verwendet wird. Auch die schmucken Liedertafeln an der Kanzel und an der Nordwand, die zur barocken Ausstattung von 1669 gehören, zeugen von Kirchengesang in dieser Zeit. Nachdem seit dem letzten Viertel des 18. Jahrhunderts die Orgeln diese Bläsergruppen zu ersetzen begannen, erhielt 1803 auch die Kirche von Ligerz ihr erstes Instrument. 1900 wurden die noch brauchbaren Register daraus nach Vinelz verkauft und sind seither verschwunden. Die pneumatische Orgel von Goll mit neugotischem Prospekt und zehn Registern, die dann aufgestellt wurde, hat nicht einmal ein Menschenalter lang gelebt. Sie kam vor der vorletzten lnnenrenovation (1909/ 10) in die Kirche und wurde vor der letzten (1961-1972) durch ein Genfer lnstrument mit vierzehn Registern ersetzt.

Der Turm

Der Turm schliesslich, der uns auf unserem Heimweg von dieser Kirche noch weithin grüsst. dürfte auch nicht immer sein heutiges Aussehen gehabt haben. Wenn Albert Anker ihn mit einem Dach gleich demjenigen der Twanner Kirche zeichnete und malte (Gemeindehaus Ins, Kunstmuseum Neuenburg), so war das künstlerische Phantasie, denn der Turm hatte zu Ankers Lebzeiten nachweislich die heutige Gestalt. Aber der Künstler könnte im Blick auf eine frühere Zeit recht gehabt haben. Der Innenrenovation von 1669 voraus soll nämlich am Turm gebaut worden sein, und uns will scheinen, dass das oberste Geschoss in der heutigen Form, mit den quasi romanischen Doppelfenstern nach Osten, Süden und Westen und damit wohl auch der heutige Helm, erst damals hinzugekommen sind. Auch der heutige Glockenstuhl ist wohl damals gebaut worden (1657).

Das Geläute

Die Glocken sind jedoch älter. Die älteste klingt nicht mehr; sie hat einen Ehrenplatz unter der Kanzel erhalten. Wahrscheinlich läutete sie seit 1481, als die Kirche Pfarrkirche wurde. Die älteste noch klingende Glocke ist 1497 gegossen. Sie trägt eine schwer deutbare Inschrift, die das Jahr 1434 als das der Gründung der Kirche von Ligerz nennt. Zwei weitere Glocken sind mit 1507 und 1634 datiert. Letztere trägt an der Krone die Inschrift: «Dir ruef ich, lieber frommer Christ, Zu deinem Heiland Jesu Christ, Dann sunst kein Heil und Läben ist,» Unten trägt sie das Wappen von Ligerz und die Buchstaben: L.C.D.G. ( = la commune de Gléresse = die Gemeinde Ligerz).

Das Heilige Kreuz

1696 soll ein Sturm das grosse Kreuz von der Turmspitze heruntergeworfen haben. Dass man es wieder eingesetzt hat, ist nicht nur Treue zum Hergebrachten. Auch eine reformierte Kirche braucht sich nicht zu schämen, dem Heiligen Kreuz geweiht zu sein. Denn das Kreuz ist das Zeichen des Sieges Christi, der hier verkündet werden soll, gestern, heute und hoffentlich auch morgen.