Vinelz Kirche
Aus der Dorfgeschichte
Vinelz ist ein kleines Pfarrdorf, in Obstbäuınen versteckt››, schrieb ein Chronist 1901 und wusste unter anderem folgende Angaben über die Geschichte des Dorfes zu machen: «Vinelz zählt 233 Einwohner in 39 Häusern. Vom unteren Dorfteil, Gostel genannt, früher am See, jetzt durch breiten bewachsenen Strandboden von ihm getrennt, geht es steil hinauf zum obern Dorfteil mit Kirche und Pfarrhaus. Heute ein freundliches Idyll, trat Vinelz im 11. Jahrhundert als Wiege eines mächtigen Grafengeschlechts mit Glanz in die Geschichte herein; denn eine Viertelstunde davon rechts oben am Bergabhang befand sich die Hasenburg als Stammsitz der Grafen von Fenis, welche später Grafen von Neuenburg wurden. Die Grafen von Fenis waren auch eng Verwandt mit den mächtigen Grafen von Oltigen jenseits der Aare, welche von Thun bis nach Murgenthal rechts von der Aare das Land regierten. Von den Grafen von Neuenburg stammten dann auch die von Nidau, Aarberg und Strassberg (Büren)
Um das Jahr 1111 scheint das Stammschloss Hasenburg durch ein Erdbeben zerstört und von seinen Besitzern, die nach Neuenburg zogen, verlassen worden zu sein. Später erscheint ein Geschlecht von Vinelz als in Biel eingeburgert.
Unten am Dorfe Vinelz befand sich eine Pfahlbaustation, welche wegen des Vorkommens von Gegenständen aus Kupfer schon zur jüngeren Steinzeit gezählt wird. Im Mittelalter kam Vinelz, als zum Landgericht Ins gehörig, zur Herrschaft Erlach und als solches gegen das Ende des 15. Jahrhunderts infolge des Burgunderkrieges an Bern. Die Kirche von Vinelz erscheint urkundlich im Anfang des 13. Jahrhunderts Sie gehörte erst zum Dekanat Solothurn und von 1285 an zum Dekanat St. Immer. Kollatoren waren die Grafen von Neuenburg. Das Kirchengut gehörte dem nahen Kloster St. Johannsen»
Einst romanischer Bau
Die ursprünglich romanische Kirche von Vinelz ist sehr wahrscheinlich eine Gründung der Grafen von Fenis-Neuenburg, die auf der nahen Hasenburg residierten. Sowenig genaues über die Gründer bekannt ist, sowenig ist auch das genaue Gründungsdatum bekannt. Immerhin steht fest, dass der erste Kirchenbau anfangs des 13. Jahrhunderts stattgefunden hat. Jedenfalls stand die Kirche im Jahre 1228, als der Bischof von Basel eine Visitation (im Kartular von Lausanne festgehalten) vornahm. Dieser ursprüngliche Bau war im romanischen Stil gehalten. Er zeigte auf der Südseite vier romanische Hochfenster, den Kircheneingang und eine Nische, in der sich wohl ein Muttergottesbild befand, war sie doch der Mutter Maria geweiht. Die romanischen Hochfenster bildeten vermutlich den einzigen Lichteinlass, so dass der Kirchenraum in ein Dämmerdunkel gehüllt war, das nur durch das ewige Licht spärlich erhellt wurde. In diesem Bauzustand blieb die Kirche bis zum Jahre 1484, welches Datum auf dem Türsturz des Nordeinganges heute noch in gotischer Schrift erhalten ist.
Umbauten und Renovationen
In diesem Jahr wurde der Chor im gotischen Stil angebaut und sehr wahrscheinlich auch die zwei gotischen Fenster der Südwand angebracht. In der Mitte der Rückwand des Chors wurde ein kleines Fenster eingebaut.
Ob der Turm auch diesem gotischen Erweiterungsbau angehört, ist nicht sicher. Dagegen soll er 1542 durch Blitzschlag zerstört worden sein. Die Regierung in Bern spendete einen Beitrag von 60 Pfund an seinen Wiederaufbau. Im 17. Jahrhundert wurden die gotischen Fenster zugemauert und durch Barockfenster ersetzt. Wohl gleichzeitig wurde die Empore im Chor gebaut und das kleine Chorfenster zugemauert. Bei der letzten Kirchenrenovation stiess man ganz unerwartet auf dieses Fenster, das heute wieder frei gelegt ist. Aus der Zeit der Barockrenovation stammen wohl auch die Kanzel sowie die paar Chorstühle, die sich heute im Kirchenchor befinden. Eine Renovation der Kirche wurde 1902 vorgenommen, bei der durch Malermeister Fritz Trafelet aus Bern das Kircheninnere mit Friesen aus Blattranken ausgeschmückt wurde. Die letzte Renovation wurde in den Jahren 1950 - 1952 durch Architekt Eduard Lanz aus Biel durchgeführt. Dabei wurde die Empore aus dem Chor an die Westwand verlegt und das alte Tonnengewölbe wieder hergestellt. Bei dieser Renovation stiess man auf Fresken, die nach der Reformation übertüncht worden waren.
Wandmalereien
Es handelt sich um Malereien aus verschiedenen Epochen, die sich teilweise überschneiden. Zudem war die Kirche bei Anlass der Barockrenovation mit Friesen aus Rankenwerk ausgestattet worden. Die Renovation von 1951/52 hat alle diese Wandmalereien hervorgeholt. Sie wurden möglichst originalgetreu wiederhergestellt.
Die Fresken stellen dar:
Barockes Rankenwerk, das sich fast durch die ganze Kirche als Fries hinzieht, wobei auch die damals noch bestehenden romanischen Hochfenster ausgeschmückt und die neuen barocken Fenster teilweise von diesem Rankenwerk umrandet werden. Die Südwand zeigt Darstellungen von Heiligen, wovon nur noch der heilige Martin, seinen Mantel mit dem Schwert zerschneidend, gut erhalten ist. Ebenfalls auf der Südwand ist eine überlebensgrosse, rund vier Meter hohe Gestalt zu sehen. Es ist der Heilige Christophorus. Von ihm sind nur der Kopf und der spriessende Stab erhalten. Daneben befinden sich vier Friese mit Szenen aus dem Leben Christi, nämlich eine Geburtsszene mit der Anbetung der Könige, eine Abendmahlsdarstellung, eine Kreuztragung, eine Auferstehungsszene mit dem offenen Sarg, einem Engel und römischen Soldaten. Die Ostwand zeigt das Höllenfeuer und eine Darstellung der Seligen in Abrahams Schoss, das heisst im Paradies.
Alte und moderne Fenster
Ursprünglich besass die Kirche sechs Farbfenster, nämlich zwei Erlachscheiben, zwei Steigerscheiben und zwei Berner Wappenscheiben. Die sechs Scheiben befinden sich heute im bernischen Historischen Museum und nur zwei Kopien der Berner Scheiben sind heute noch in der Kirche vorhanden. Die Scheiben stammen aus dem Jahre 1557 und wurden (mindestens die Steigerscheiben) vom Schultheissen von Steiger der Kirche geschenkt.
Eine kleine Wappenscheibe des Peter im Haag ist die einzige Originalscheibe aus dieser Zeit.
Noch zu erwähnen ist eine kleine Scheibe, die einen Dreiberg, einen Stern und ein zweigriffiges Ziehmesser zeigt. Der Ursprung dieser Scheibe ist unbekannt. Anlässlich der letzten Renovation wurden drei moderne Fenster angeschafft, nämlich eine Paradiesdarstellung, den Gang nach Emmaus und das Tauffenster. Die drei Fenster sind Arbeiten des Glasmalers R. Schär. Unter den Berner Scheiben an der Nordwand haben sich die an der Renovation Beteiligten, Architekt Lanz und Zimmermann Gehri, mit sprechenden Wappen, nämlich mit Lanze und Ger (ursprünglich eine Wurf- und Stosswaffe, heute ein Speer; Anm.), verewigt. Der im Chor stehende Taufstein, ein Schmuckstück der Kirche, ist schwer zu datieren. Sehr wahrscheilich stammt er aus der Gründungszeit der Kirche.
Die Glocken
Als erste Glocke erhielt die Kirche von der Berner Regierung das Glöcklein der 1527 abgebrochenen Kapelle zu den Sieben Eichen. Die Glocke wurde 1462 gegossen.
Auf ihr stand geschrieben: « o rex glorie christe veni nobis cum pace m.cccc. IXIl». - Vier Bilder zierten die Glocke: Maria mit dem Christuskinde auf dem Arm, ein Heiliger mit einem Buch und einem Stab und zwei Bischöfe mit Mitra und Krummstab.
Die zweite Glocke trägt die Inschrift: «Zur Gemeind Gottes ruf ich Jedermann Jr sond zum Herren Christo gan. - Zuo Bern goss mich Abraham Zehnder 1603.» Das doppelte Berner Wappen ziert dieses Werk.
1902 wurden die Glocken einer Revision unterzogen. Das Glöcklein zu den Sieben Eichen wurde eingegossen, die Zehnderglocke von 1603 blieb im Kirchturm. Dazu kamen noch zwei neue aus der Glockengiesserei Rüetschi Aarau, so dass das Geläute aus drei Glocken mit dem Dreiklang a”, cis” und e” besteht.
Die Orgel
Wann die Kirche zu ihrer Orgel kam, ist nicht mehr genau festzustellen . Doch musste eine solche schon 1840 bestanden haben, da in diesem Jahr ein neues Orgelbuch angeschafft wurde. 1850 stimmte Orgelbauer Weber die Orgel. 1871 übernahm diese Arbeit Orgelstimmer Aebersold aus Oberdiessbach mit einem Devis von «circa 35 Franken Unvorhergesehenes vorbehalten». Dann finden wir aus dieser Zeit als Organisten Oberlehrer Martin Tanner «Gratification von 15 Franken für grossen Fleiss», ferner Lehrer Andres. 1863 wurden Sekundarlehrer Simmen aus Erlach 50 Franken für sein Orgelspiel zugesprochen. 1866 wurde die Orgel mit «andern Gegenständen in der Kirche gegen Brandschaden» versichert. 1884 lautete der Befund über das Instrument, dass sich eine Reparatur nicht mehr lohne. Wegen des hohen Preises einer Orgel wurde im folgenden Jahre eine «Harmonische Orgel» gekauft, ein grosses Harmonium der Firma Hug in Basel. «Der Erlös der eben dem Staate Bern verkauften Kirchenfenster» erlaubte diese ausserordentliche Ausgabe. Das Instrument steht heute etwas altersschwach in einem Schulzimmer.
Die in Bern im Jahre 1902 verstorbene Sophie Moser-Tribolet vermachte der Gemeinde Vinelz ein Legat von 10 000 Franken mit der Bestimmung, dass damit eine neue Orgel angeschafft werde. Dies geschah im gleichen Jahr. Es wurde ein Werk von Orgelbauer Goll, Luzern zum Preise von 4 800 Franken angeschafft. Am 7. November 1902 fand die Einweihung statt.
Mit der Kirchenrenovation von 1950/ 52 kam die dritte Orgel in die Kirche. Sie wurde auf die neuerstellte Empore an der Westwand der Kirche gestellt (Empore und Orgel befanden sich vorher an der Ostwand). Das Instrument, ein Werk der Firma Kuhn, Männedorf, mit seinen elf Registern, ist dem Raum bestens angepasst. Weggefallen ist das übliche Gehäuse, frei stehen die Pfeifen des Prinzipal (16`) im Raum. Die moderne, sachliche Gestaltung (Zimmermann Gehri) passt sich sehr gut dem einfachen Raum mit den alten Fresken an, Altes und Modernes verbindend.