Diessbach Kirche

Geschriebene Geschichte
Für die Datierung des ersten Kirchenbaues in Diessbach ist kein schriftliches Dokument bekannt, doch erscheint bereits 1240 in einer Urkunde ein Ulricus Plebanus in Diessbach, und in einem Kaufbrief von 1317 ein Dominus Petrus Rector in Diessbach.Die Chronisten A. Jahn und L. Johner bezeichnen die Grafen von Strassberg als die wahrscheinlichen Stifter der Kirche. Zeitlich wäre dies wohl Berchtold I., Herr von Valagin und Strassberg gewesen.Die Kirche wurde dem heiligen Johannes geweiht. Nach dem Lokalnamen «Kappeli» vermutete man bisweilen, dass wohl schon früher als oben erwähnt kirchliche Gebäude im Dorfe gestanden haben, denn wahllos erfunden sind solche Bezeichnungen nicht. Der Chronist Jahn erwähnt dann auch, das«Kappeli›› beziehe sich auf eine von Dotzigen abhängige Filialkapelle. Der Chronist schreibt dazu: «Dozigen war vor der Reformation eine eigene Pfarre. Dotzigen ist Pfarrort neben Diessbach. Gerold Arecker, Pfarrer zu Dozigen, unterschrieb 1528 die Reformationsschlussreden. Der Kirchensatz wurde1336 vom Grafen Immer von Strassberg dem Kloster Gottstatt vergabet, welchem noch bis in späte Zeiten der Zehnten zu Dozigen gehörte, während der Weinzehnten des dasigen ziemlich schlechten Weinwachses der Pfarre Diessbach zukam. Graf Rudolf von Strassberg ordnete 1393 in der Kirche zu Dozigen eine Jahrzeit von gewissen Gütern. Die Mühle und viele Güter waren in Folge einer Vergabung, welche 1342 von Konrad von Dozigen an Münchenbuchsee geschehen ist, dorthin lehenspflichtig, und das Haus Buchsee hatte Leibeigene zu Dozigen.»

Ungeschriebene Geschichte

Einen hochinteressanten Hinweis mergaben nun die im Rahmen einer umfassenden Innenrenovation der Kirche Diessbach im Frühjahr 1976 unternommenen Grabungen. Sie erbrachten den Nachweis, dass unter der heutigen, im Jahre 1859 erbauten Kirche, mindestens fünf ältere Bauten liegen. Die erste Kirche geht ins 7. Bis 8. Jahrhundert zurück. Um- und Erweiterungsbauten erfolgten in karolingischer, romanischer und spätgotischer Zeit. Im Innern der spätgotischen Kirche konnten zwei Glockengussgruben freigelegt werden, die aufgrund einer im Feuerkanal gefundenen Münze (der Strassberger Pfennig) aus dem 15. Jahrhundert stammen.


Wechselhaftes Schicksal


Der Chronist L. Johner (Die reformierten Kirchen im Kanton Bern) gibt uns ein umfassendes geschichtliches Bild unserer Kirche:«1345, Solothurn, am Allerheiligenabend, urkunden Schultheiss, Rath und Burger von Solothurn, dass der Graf Immer von Strassberg ihnen Büren, Burg und Stadt, Grenchen, Lengnau, Stadrütti, Dozingen, Diessbach, Oberwyl und Arch, sammt Leuten, Gütern, Twingen, Bännen und Kirchensätzen zum Pfand, um 2500 versetzt habe, sie ihm diese Herrschaft jedoch um einen jährlichen Zins von 300 Pfund Pfenningen Bernermünze wieder hingeliehen haben. - Auf St. Georgentag 1364 kündigte Graf Immer von Strassberg der Stadt Solothurn an, dass er seinen Vetter, Graf Rudolf von Neuenburg, Herr zu Nidau, zu seinem Erben angenommen und ihm die Herrschaft Büren vergabet habe_» Es reiht sich nun eine Folge von Handänderungen, in denen sich das wechselvolle Schicksal von Land und Leuten widerspiegelt, die einem Herrscherhaus in beständigen Geldnöten auf Gedeih und Verderben verbunden sind. Sie alle aufzuzählen würde den Rahmen dieses Berichtes sprengen.Als sehr Wichtiges Datum erscheint uns der 26. Juli 1539: Bern vertauschte seine damaligen Collaturrechte von Grenchen, Selzach und Egerkingen gegen diejenigen dem St. Ursenstifte gehörenden von Wynigen, Limpach und Diessbach und gegen ein Nachtauschgeld von 7120 Pfunden von Seite Solothurns. Dotzigen, wie oben erwähnt, blieb weiterhin eine eigene Kirchgemeinde. Wir finden über dieselbe bei L. Lohner folgendes:«1309, Solothurn, am St. Valentinstag: In der Theilung der Güter zwischen den Gebrüdern Otto und Junker Berchtold von Strassberg kam das Dorf und der Kirchensatz zu Dozigen an Junker Berchtold.1336, Donnerstag nach Frohnleichnamstag verkaufte Graf Immer von Strassberg, Herr zu Wohlhausen, dem Kloster Gottstatt die Hofstatt, die da liegt zu Altreu vor der Brücke, neben der Strasse, die nach Leuzingen geht und zu welcher Hofstatt der Kirchensatz zu Dozigen gehört, um dritthalbhundert Pfund Pfenninge Solothurnermünze.Donnerstag, nach dem Fest Eucharistiae 1336 schenkte Graf Immer von Strassberg, um seiner und seiner Vordern Seelenheil willen dem Kloster Gottstatt das Patronatsrecht der Kirche zu Dozigen im Bisthurn Constanz, das ihm als freies Lehen zugehörte. 1339 stiftete Graf Rudolf von StrassbergJahrzeit in dieser Kirche.


Reformation: Die Wende

Bei Aufhebung der Klöster kam dieser Kirchensatz an den Staat und da die Kirche zu Diessbach 1539 durch Tausch ebenfalls an den Staat kam, wurde Dozigen dazumal mit Diessbach vereinigt»Gerold Aregger (auch Arecker geschrieben) war der letzte Pfarrer in Dotzigen und unterzeichnete dort die Reforrnationsschlussreden, während dies in Diessbach Pfarrer Benedicht Tschamperli tat. Gerold Aregger, der frühere Dotziger Pfarrer, war dann als dritter reformierter Pfarrer in Diessbach von 1548-1556 tätig.Auf ihn folgten bis heute 25 Nachfolger (ohne Verweser).

Beliebter Wein aus Dotzigen


Die Dotziger wurden somit nach Diessbach zehntenpflichtig. Der Dotziger Wein, im Jahre 1581 gar wohl geraten, wurde dem damaligen Predicanten von Diessbach zum Verhängnis. 27 «Söum››, was sage und schreibe 4500 Liter waren, wurden in der Pfrundscheune eingelagert.Es liesse sich nun manch erbauliche, vielleicht auch unerbauliche Betrachtung anschliessen. Jedenfalls war diese Form des Naturallohnes ausgerechnet für Pfarrer Absalon Kisling keine glückliche. 1570 musste er eingestellt werden. Dazu Lohner: «Einige Tage nachher, am 30. November, wurde er auf seines Weibes, seiner Kinder und Kirchgenossen Bitte begnadigt, seinesfrüheren liederlichen Lebens wegen jedoch zu einer Gefängnisstrafe verurtheilt und ihm für die Zukunft der Besuch von Wirtshäusern, sowie der Pferd- und Hundskauf untersagt.»Von einer weit besseren Seite zeigte sich der in den Wirren des Dreissigjährigen Krieges verfolgte Deutsche Abraham Friedrich Pitiscus. Der Pfälzer versah von 1628-1663 den Kirchendienst zu Diessbach in vorbildlicher Manier (K. Guggisberg, Bernische Kirchengeschichte).


zur Kirchgermeinde

Büetigen gehörte von Anfang an in die Kirchhöre Diessbach. Dotzigen kam, wie erwähnt mit dem grossen Tausch vom 26. Juli 1539 in die Kirchgemeinde Diessbach. Busswil kam erst viel später dazu. 1367 kam Busswil bekanntlich mit der Grafschaft Aarberg an Bern und gehörte vor 1798 noch zum Amt Aarberg, in das Chorgericht Lyss, bevor es als vierte Ortschaft der Kirchgemeinde Diessbach beitrat.(Demnächst sollen die Archivalien der Kirchgemeinde Diessbach gesichtet und neu geordnet in einem geeigneten Raum in der renovierten Pfrundscheune feuersicher eingelagert werden. Bei dieser Gelegenheit wird uns sicher noch viel Ernstes und Heiteres geoffenbart.)

zur Baugeschichte


Die heutige Kirche ist 1858 an Stelle der alten abgebrochenen gotischen Kirche an gleicher Stelle entstanden. Weitere Mauerresten zeigten, dass hier Reste von noch viel älteren Kirchanlagen in der Erde ruhen.Die Ansicht der alten Kirche (vor 1858) ist durch einen alten kolorierten Stich von J. Weibel überliefert. Jakob Samuel Weibel von Meikirch (1771 - 1846) war Maler und Kupferstecher und legte im Auftrage der Regierung in den Jahren 1822-1830 eine Sammlung von 158 Ansichten bernischer Kirchen und Pfarrhäusern an, so auch vom Dorfidyll aus Diessbach bei Büren.Schon lange vor 1858 wurde erkannt, dass ein Neubau fällig wäre. Am 12. März 1853 beschloss die Kirchgemeindeversammlung mit 45 gegen 15 Stimmen einen Neubau auszuführen und zwar nach den Schlussanträgen von Grossrat Zingg: «Es sei mit annähern der Zugrundelegung des Planes PfarrerSteineggers von 1758 die Kirche zu erweitern und mit Ausnahme des Turmes und der Mauer auf der Nordseite neu aufzuführen. Die daherigen Kosten sollen die Summe von 10 000 Franken nicht übersteigen» Der damalige Kantonsbaumeister arbeitete ein Projekt aus, worauf die Baukommission den Zimmermeister Jakob Stämpfli aus Münchenbuchsee mit der Erstellung des Ausführungsplanes beauftragte. Es erfolgten alsdann die Konkurrenzausschreibungen zur Übernahme des Baues. Bewerbungen gingen von Jakob Stämpfli, Zimmermeister, Münchenbuchsee, Bendicht Schneider, Zimmermeister, Diessbach und Samuel Schneider, Zimmermeister, Diessbach, ein.Der Entscheid fiel auf Jakob Stämpfli, weil er erstens die meiste Garantie für das Gelingen des Baues biete, und zweitens weil sein Kostenvoranschlag der niedrigste sei in Anbetracht, dass die Kosten für die Vorarbeiten in Rechnung gebracht werden können. Wegen einer Änderung des ursprünglichenProjektes, musste an einer nächsten Kirchgemeindeversammlung (28. Dezember 1857) ein höherer Kredit beschlossen werden, was aber, wie zu erwarten war, mit 31 gegen 21 Stimmen abgelehnt wurde.Die Baukommission wandte sich nun an die Behörden in Bern, um dort Rat zu holen. Dieser wurde auch zuteil, und an der nächsten Kirchgemeindeversammlung vom 24. Januar 1858 konnte manauf den früheren Beschluss zurückkommen und die Niederlage vom 28. Dezember 1857 wurde wettgemacht und ein Baukredit von 12 000 Franken bewilligt.Endlich konnte mit den Arbeiten begonnen werden. Überall wurde gewerkt, abgebrochen, Erde in Bewegung gesetzt, Führungen ausgeführt, Unterakkorde vergeben usw. Der Pintenwirt Johann Schneider anerbot, in seiner Waldparzelle oberhalb der Reben am Dotzigenberg die Steine zum Kirchenbau unentgeltlich brechen zu lassen.Bis im Dezember 1858 war der Bau soweit gediehen, dass die Einsicht wach wurde, zu dem klassizistisch anmutenden Neubau mit der Bogen-Vorhalle gehöre ein Turm mit Helm, und derAuftrag für die Planierung und Ausführung desselben wurde erteilt. So war es um den schlichten, aber sehr schönen «Chäsbissenturm» geschehen.Als nun die Kirche in ihrem neuen Glanze dastand, konnte sie am 25. September 1859 mit einem Gottesdienst eingeweiht werden. Das ungewohnt hohe Helmdach und die übrigen Neuerungen ergaben ein völlig verändertes Bild. Der schlichte Dorfcharakter war verschwunden; an seiner Stelle dominierte etwas «Herrscheliges», Fremdes, an das man sich nur nach und nach gewöhnen konnte. Es bleibt zu hoffen, dass sich die zuständigen Nachkommen bei einer Aussenrenovation des Turmes an die frühere schlichte Form erinnern werden.


Von den Kirchenglocken


Beim Anlass des Kirchenneubaues wurde auch die Glockenangelegenheit besprochen. lm Turm waren zwei Glocken, eine grosse und eine kleine. Es wurde beschlossen, bei den Gebrüdern Rüetschi in Aarau zwei neue Glocken zu bestellen und die kleine der genannten Firma zu verkaufen.Nun soll aber die Glocke, die ins alte Schulhaus kam, identisch sein mit derjenigen, die an die Gebrüder Rüetschi hätte verkauft werden sollen. Diese kleine Glocke kam nach der Reformationszeit aus der in Dotzigen abgetragenen Kirche in die Kirche von Diessbach. Nach dem Kirchenneubau von1858 wurde sie dann in das Türmchen über dem alten Schulhaus gehängt und diente hauptsächlich dem Gemeindewerkläuten. Heute befindet sie sich im Estrich des Spritzenhauses. Ihre lnschrift lautet:«Ave Maria. Anno domini 1503.» Auf der einen Seite finden wir Maria als Himmelskönigin mit der Krone, auf der andern Seite Christus mit dem Kreuz auf der Schulter.Nach dem Neubau von 1858 kamen drei mGlocken mit folgenden Inschriften in den Turm:1. «Gegossen in Zofingen von Gebrüder Sutermeister. Anno 1767,» 2. «Gott, deinen Namen wollen wir preisen ewig und immerdar,» 3. «Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden.» Die beiden letztgenannten Glocken sind 1869 von den Gebrüdern Rüetschi in Aarau gegossen worden. Sie wiegen 1535 und 795 Pfund.

Grosse Renovation von 1931/32


In den Jahren 1931/32 unterzog man den Kirchenbau unter der Leitung von Architekt Beyeler aus Bern einer umfassenden Aussenrenovation. Dabei erfuhr das Turmdach erneut eine Änderung. Es entstand die heutige Form. In die neue Helmkugel wurden am 28. August 1931 die folgenden Zeitdokurnente für spätere Generationen eingeschweisst:Einen Baubericht, eine Dorfchronik der letzten dreissig Jahre, zwölf Fotos des Dorfes, Zeitungen des Tages, ein Bericht des Sekretärs der Kirchgemeinde, Pfarrer Junger, über die Mobilisationszeit und der frühere Seelsorger von Diessbach, Pfarrer Ludwig, verfasste eine Darstellung über den Generalstreik von 1919. Zudem wurden noch die geläufigsten Münzen vom Fünffränkler an abwärts   - und anderes mehr - in die Helmkugel gelegt.Der Beschluss zu dieser Renovation wurde an der Kirchgemeindeversammlung vom 5. Oktober 1930 mit 32 bei 39 anwesenden Stimmberechtigten gefasst. Gleichzeitig wurde die Orgelrenovation und das Anbringen farbiger Kirchenfenster beschlossen. Die Renovationskosten waren mit Franken 55174.60 veranschlagt.Am 12. April 1931 stimmte man dem Entwurf von Glasmaler Paul Zehnder aus Bern zu und liess die heute noch bestehenden farbigen Kirchenfenster für 9000 Franken erstehen. Gleichzeitig beschloss man auch den Einbau einer elektrischen Fuss-Schemelheizung. Ein weiterer Schmuck ist in der Vorhalle der Kirche zu sehen. Kunstmaler Fritz Furrer versah diese mit einem Spruch und - in leuchtenden Farben - mit den Wappen der vier zur Kirchgemeinde gehörenden Einwohnergemeinden.

Glocken als Geschenke

Im Laufe der Jahre konnte zu weiteren Neuerungen geschritten werden, so zur Herabsetzung der einst viel zu hoch angebrachten Kanzel und zur Erweiterung des Glockengeläutes auf vier Stimmen. Zwei Glocken durfte die Kirchgemeinde als Geschenk entgegennehmen. Das kam so:Die in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts von Diessbach nach den Vereinigten Staaten von Amerika (Ohio) ausgewanderten Geschwister Hirzel, hatten es durch Tüchtigkeit und Sparsamkeit zu Wohlstand gebracht - und stifteten die A-Glocke, deren Guss wieder durch die Firma Rüetschi in Aarau erfolgte. Das Geschenk der Amerikaschweizer fand eine prächtige Wiederholung von Einheimischen: Zwei Diessbacher Familien stifteten die E-Glocke.Am 17. Mai 1952 fand der erinnerungsfrohe Glockenaufzug statt. Die nun überzählig gewordene Glocke, die kleinste der alten Glocken, wurde nach Busswil gezügelt, wo ihre erzene Stimme seither im Glockenturm des neu geschaffenen Friedhofes erklingt.Schliesslich bleibt an weiteren Erneuerungen der jüngsten Zeit die umfassende Innenrenovation vom Jahre 1976 zu erwähnen, welche uns die spektakulären Erkenntnisse über die frühere Baugeschichte der Kirche erbrachte.

 
Die Orgel


lange Zeit war man in Diessbach in der Kirche ohne Orgel ausgekommen. Im Jahre 1952 wurdevon der Kirchgemeindeversammlung der Antrag abgelehnt, es sei die Stubenorgel des Herrn Oberst Chiffele von Büren an der Aare als erste Orgel für die Kirche zu kaufen. - 1869 baute ein Herr Weber aus Bern für 2000 Franken ein Orgelwerk. Dieses Instrument wurde 1897 durch einen Neubau von Kuhn aus Männedorf ersetzt. Nach gut sechzig Jahren hatte auch sie ausgedient und die Firma Wälti aus Gümligen baute 1963 eine sehr schöne und wohlklingende Orgel mit sechzehn Registern.