Magglingen
Ein Dorf mit drei Kapellen
Bis vor wenigen Jahren zählte Magglingen drei Kappellen: Eine oberhalb der Bergstation der Seilbahn, eine etwas unterhalb und östlich der Bergstation und eine etwa in der Mitte des in streubauweise erbauten Dorfes. Böse oder auch witzige Zungen behaupten, dass früher die beiden grossen Hotels, das «Grand Hotel Kurhaus» (heute das Verwaltungsgebäude der Eidgenössischen Turn- und Sportschule) und das «Hotel Bellevue» ihre eigenen Kapellen besessen hätten, damit ihre noblen Gäste aus Frankreich und England auch ausserhalb ihrer Häuser keinen Kontakt miteinander hatten. Diese Behauptung trifft aber nicht zu, denn die Kapelle des «Grand Hotel Kurhaus» gehörte und gehört zur Römisch-katholischen Kirche, und diejenige unter der Bergstation der Seilbahn gehörte zur Christkatholischen Kirche (heute als Wohnhaus umgebaut), und die dritte Kapelle, das «Dortkirchlein», gehört zur Evangelisch-reformierten Kirche.
Es war einmal . . .
Magglingen war einmal ein bescheidener Bauern-Weiler. Während vielen Jahrhunderten nannte er sich Macoleyn. Von Biel aus waren die paar Häuser nur über steile Fusspfade erreichbar.
Die Geschichte erwähnt Macoleyn erstmals im Jahre 1305. Der grösste Teil seines Territoriums war damals Eigentum des Bistums Basel, der Klöster Bellelay, Fraubrunnen und Engelberg. Die Mönche des letztgenannten Klosters hatten zwischen Wingreis und Twann einen schönen Rebberg. Dieser grenzte an das Gebiet von Macoleyn.
Im Verlaufe des 18. und 19. Jahrhunderts erwarben vornehme Bieler Familien auf der ersten Jurakette Parzellen und bauten sich hier Sommerhäuser. Etwa um 1850 wurde der erste bescheidene Gasthof gebaut. Er lag am gleichen Ort wie der heutige Gasthof «Hohmatt».
1865 wurde in Biel ein Initiativkomitee für den Bau eines «Grand Hotel Kurhaus» in Macoleyn gegründet. Der blühende Tourismus im Emmental und vor allem im Alpengebiet sollte auch den Bielern und Seeländern Früchte bringen. Sofort interessierte sich die Burgergemeinde Biel für das Vorhaben. Sie stellte unentgeltlich Bauland zur Verfügung. Aber mit dem Bau konnte noch nicht sofort begonnen werden, da für den Transport von Baumaterialien weder die Seilbahn, noch eine genügende Strasse zur Verfügung standen. So musste zuerst die Strasse von Leubringen nach Macoleyn erstellt werden.
Am 26. Juni 1877 konnte das «Grand Hotel» feierlich eröffnet werden. Es gewann bald einmal als «Panorama-Hotel» im In- und Ausland einen bedeutenden Ruf. Wohlhabende Franzosen und Engländer kamen auf diese einmalige Aussichtsterrasse in die Ferien. Das Kurhaus machte goldene Geschäfte. Diese Blütezeit lockte natürlich auch die Konkurrenz auf den Berg. So wurden in den Jahren 1885/86 weitere Gebäude und eine Pension (das heutige Hotel «Des Alpes››) erbaut.
Die stets wachsende Zahl von Fremden zwang zur Lösung des Transportproblemes: Eine Aktiengesellschaft zum Bau einer Seilbahn wurde gegründet. Gegen Ende 1885 wurde mit dem Bau der Standseilbahn Biel-Magglingen begonnen. Am 1. Juli 1887 konnte diese eingeweiht werden. Sie fuhr dank ihres eigenen Gewichtes: Ein unter dem oberen Wagen mit Wasser gefüllter Tank sicherte das Gegengewicht und brachte die Bahn zum Fahren. 1923 wurde der Betrieb elektrifiziert. 1954 wurden die alten romantischen Wagen verschrotet. An ihrer Stelle nahmen moderne Wagen und Einrichtungen ihren Betrieb auf. In den Jahren 1895/96 wurde das «Hotel Bellevue de Macoleyn» erbaut, doch seine Blütezeit sollte weniger lange dauern, denn der Erste Weltkrieg von 1914-1918 stoppte den Fremdentourismus. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges begann der Dornröschenschlaf von Magglingen. Er dauerte bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, also bis 1939.
«Projekt Magglingen»
Das Schicksal verhinderte es, dass Magglingen zum Kurort und Fremdenort wurde. Dafür aber wurde es zum «Mekka des Schweizer Sportes›>, zum schweizerischen Zentrum des Spitzen- und Volkssportes. Mit der Gründung einer «Gesellschaft pro Stadion» wurde 1939 der Grundstein für den Bau einer Sportstätte geschaffen. Zehn Jahre später, am 12.0ktober 1949, konnte die erste Etappe der Eidgenössischen Turn- und Sportschule Magglingen eingeweiht werden, nachdem bereits 1943 die italienischen Internierten den Bergsportplatz auf der Hohmatt erstellt hatten und 1948 die grosse Sporthalle den Betrieb aufnehmen konnte.
Eine Schenkung
Die evangelisch-reformierte Kirche (oder Kapelle) von Magglingen ist eine Schenkung. Eine Bronzetafel neben dem Haupteingang erinnert daran: «Den hochgesinnten Stifterinnen der evangelisch-reformierten Kirche in Magglingen, den Schwestern Marie, Fanny, Jenny Moser in Dankbarkeit, die Einwohnergemeinde Leubringen, 1918.» Das Kirchlein - das Hauptschiff misst nur 17,5 mal 7 Meter - wurde in den Jahren 1919/20 erbaut und am 21. November 1920 eingeweiht. Der Bau steht ungefähr in der Ost-West-Achse in bevorzugter Lage. Kein Haus und kein Baum verhindert die grossartige Aussicht auf das bernische Mittelland und die ganze gewaltige Alpenkette.
1929 erhielt der Bau an der Ostseite einen Windfang. 1943 schenkte die Kirchgemeinde Biel der Kirche eine Glocke aus dem ehemaligen «Landi-Dörfli» der Landesausstellung von 1939 in Zürich. Sie trägt die Inschrift: «Christus ist unser Friede/Kirchgemeinde Biel 1943/Giesserei H. Rüetschi, Aarau, 1939.»
Nach einer umfassenden Renovation wie auch nach einem Ausbau des Kirchleins, baute zum Abschluss der Arbeiten die Firma Orgelbau AG aus Genf ein einmaliges Instrument mit acht Registern ein. Am 3. Juli 1960 konnte das Kirchlein zum zweiten Male eingeweiht werden.Der Bau kann keinem eigentlichen Baustil zugeordnet werden. Er ist in seiner Architektur einfach und seiner Innenausstattung bescheiden. Er bietet 75 Personen einen Sitzplatz. Neben der Orgel, dem Taufstein, dem Pfarrpult sind eine Inschrift - «Gottes Ackerfeld seid ihr, Gottes Bau seid ihr, 1960» und die Glasfenster einziger Schmuck. Das grosse Fenster in der Mitte - «Vater, ich rufe Dich» - schuf der Kunstmaler Louis Halter, Bern, nach einem Entwurf von Frank Behrens, Biel. Die beiden kleineren Fenster auf der Ost- und Westseite sind Gaben der Kirchgemeinde Biel-Stadt-Magglingen und des Staates Bern.In der kurzen Chronik des kleinen Sakralbaues gibt es keine markanten Daten - oder ist vielleicht die Zeit des Zweiten Weltkrieges erwähnenswert, als der Bieler Pfarrer E. Helbling für die amerikanischen Piloten hier Predigten hielt?