Büren Katholisch
Am Rande des Städtchens
Am Rande des Städtchens, an der nordöstlichen Ausfahrtsstrasse nach Rüti, Arch, Leuzigen, trägt ein Wegweiser die Aufschrift: «Katholische Kirche.» Wer ihm folgt, wird zunächst wohl vergeblich seine Erwartungen erfüllt finden; was er sieht, ist ein modernes, sachlich und nüchtern konzipiertes Gebäude, dessen drei Elemente um einen Innenhof angelegt sind: ein bescheiden wirkendes Saalgebäude, gegenüber das Wohnhaus, und beide verbunden durch einen Mittelbau mit Flachdach. Erst bei näherem Zusehen entdeckt der Besucher einige Hinweise auf den sakralen Charakter und Zweck der Anlage. Der gedeckte Zugang für Fussgänger und der Rundgang im Innenhof ist von 23 Säulen getragen, die mit je einem Relief in schwarzem Zementguss geschmückt sind; in der Nordwestecke fällt die besondere Gestaltung des Dachs und der Fenster auf.
Die 23 Reliefs haben ebensoviele Schulkinder in Modellierton geformt: Darstellungen der zwölf Apostel und Bilder aus den Gleichnissen und dem Leben Jesu, eingeführt durch eine Widmungstafel mit der Inschrift: «Bilder am Weg zum Gebet - Die Jugend der Pfarrei» Die kleinen Künstler im Alter von 7-15 Jahren durften ihre Werke mit den Initialen signieren. Der Künstler Peter Travaglini besorgte freundlicherweise die nötigen Vorarbeiten und den Zementabguss der selbständig gestalteten Vorlagen der Schüler.
Also doch ein Kirchenbau ?
Vielleicht ist es gut, wenn wir uns an die Anfänge des christlichen Kirchenbaus zurückerinnern.
Als nach der Zeit der Verfolgungen die Christen im römischen Reich zu Beginn des 4. Jahrhunderts die Freiheit zugesprochen erhielten, wurden ihnen durch Kaiser Konstantin I., den Grossen (285-337) auch weitgehend die Rechte der bisher heidnischen Staatsreligion übertragen. Auch wenn diese neue Rechtslage für die Christen im Grunde beglückend war, zeigte (und zeigt sich vielerorts bis heute), dass ihre äussere Freiheit nun durch goldene Ketten eingeengt wurde. In einem feinen Empfinden für ihren Auftrag Christi in der Welt und für die Welt haben die Christen dieser Übergangsgeneration für den Bau ihrer Versammlungsräume nicht die heidnischen Tempel zum Vorbild genommen, sondern die Königshalle oder Basilika, in der sich weitgehend das öffentliche Leben einer Stadt abspielte: Schule, Markt, Gericht und öffentliche Diskussion; sie bleiben in erster Linie Orte der Begegnung für die Gemeinschaft der Gläubigen. Sie waren nicht als «Gotteshäuser››, sondern als Versammlungsräume für die Gemeinschaft der Gläubigen gebaut worden. Daran änderte auch der Umstand nichts, dass der Kaiser viele dieser Versammlungsräume hatte erbauen lassen. Die Christengemeinden waren sich bewusst, dass sie selber «die Kirche››, das heisst «die Gemeinschaft des Herrn = kyri(a)kaè (koinonia) waren, und dass ihre Versammlungsräume erst im übertragenen Sinn «kyri(a)kaè oikia = zum Herrn gehöriges Haus», beziehungsweise mundartlich «kyrikón» genannt wurden. Dasselbe Verständnis finden wir auch noch im frühen Mittelalter, als für diese Bauten die Bezeichnung «domus ecclesiae = Haus des Gottesvolkes» oder auf deutsch das Lehnwort «Dom» verwendet wurde.
Elemente des Kirchenbaus
Zwar ist hier nicht der Ort für eine längere Darstellung der Geschichte und der geistig-geistlichen Leitbilder für die verschiedenen Baustile. Dennoch möchte ich auf zwei Elemente hinweisen, die auch heute noch, oft mehr oder weniger bewusst, aber zu Recht, die Planung eines katholischen Kirchenbaus mitbestimmen. Das eine dieser Elemente entspricht einer urmenschlichen Sehnsucht und hat schon in der Offenbarung Gottes im Alten Bund eine menschliche unvorstellbare Erfüllung gefunden: die Nähe Gottes zu den Menschen. Im Geheimnis und zugleich in der Herausforderung des Glaubens, dass uns in Jesus Christus Gott als wahrer Mensch geboren wurde und erschienen ist und die ganze Menschheit durch sein Leben, seine Lehre, seinen Tod und seine Auferstehung auf ihre endgültige Bestimmung hinweisen wollte, sind alle Grenzen unserer eigenen Vorstellungskraft gesprengt. Wir können diese Erwartung nur in unzulänglichen Zeichen und Gleichnissen ausdrücken. Einen solchen Versuch finden wir in der Offenbarung des Johannes (21,3.4.):
«Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen und sie werden sein Volk sein _ _ _ Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen . , . Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen» Dies sind zwar Worte einer unbeweisbaren Hoffnung. Aber Hoffnung ohne gestaltenden Vorgriff auf die Gegenwart bliebe reine Illusion. Darum steht die katholische Kirchengemeinschaft zur Entfaltung des Glaubens, der auf ihrem Abendmahls- und Eucharistieverständnis beruht, dass die Gegenwart Christi unter den Zeichen von Brot und Wein auch über die Feier des Abendmahls hinaus eine geistige Wirklichkeit anzeigt und bleibt. So ist denn für uns auch heute noch der Kirchenraum mit Altar und Tabernakel ein beglückender Hinweis darauf, dass Gott zeichenhaft uns schon jetzt durch Christus seine ewige Gegenwart schenkt. Und darum nennen wir unsere Kirchen freudig das «Haus des Herrn» - was uns jedoch nicht davon abhält einzugestehen, dass im Lauf der Jahrhunderte Übertreibungen und Verirrungen vorkamen.
Das zweite Element, das dem katholischen Kirchenbau eigen ist, ist seine Einladung zum persönlichen Gebet und zur Meditation. Dazu sollen den Besucher das brennende Licht vor dem Tabernakel einladen und die Ausgestaltung mit Bildern sollen ihm eine Hilfe sein. Als noch die wenigsten Gläubigen lesen und schreiben konnten, waren die Bilder ein ganz wesentlicher Teil der Unterweisung im Glauben. Und welch herrliche Kunstwerke verdanken wir dieser frohen Verkündigungsweise!
Die neue Kirche
Im neuen Pfarreizentrum in Büren (erstellt 1976/77) finden wir, soweit das mit den Mitteln, die in unserer Zeit für eine christliche Kirchengemeinschaft verantwortbar aufgewendet werden können, diese wesentlichen Merkmale weitgehend verwirklicht. Der Kirchenraum bildet das Herzstückder Anlage. Er ist in hervorragender Weise ausgestattet durch unseren Hauskünstler Peter Travaglini von Büren an der Aare. Die für den Altar, das Kreuz, die Kanzel, den Tabernakel und die Leuchter verwendeten Materialien, Beton und afrikanisches Sipa-Holz, strahlen in ihrer eindrucksvollen Verbindung die Verbundenheit von Gott und Welt aus. Ein Marienfenster, das heute erst im Entwurf vorliegt, soll zeigen, wie Gott zur Verwirklichung des Heils der Menschen sie einlädt, in freier Entscheidung an seinem Plan mitzuwirken. Der Sakralraum ist einladend hell und freundlich und bietet angenehm Platz für 55 Besucher, Durch mobile Wände können auch der anschliessende Saal und das Foyer zum Kirchenraum mit einbezogen werden; so wird das ganze Haus zu einer grossenKirche. Auch für diese Benützungsweisen stehen Kanzel und Altar am richtigen Ort, und 300 Mitfeiernde finden unmittelbaren Kontakt zum Zentrum des gemeinsamen heiligen Dienstes.Ein wesentliches Anliegen bei der Planung des Pfarreizentrums war es, so weit als möglich die Voraussetzungen zur Entfaltung und Pflege einer frohen und offenen Gemeinschaft zu schaffen,die spürt und zeigt, wie sehr sich Glauben und echte Lebensfreude bedingen und durchdringen.Zu einem so konzipierten Kirchenraum gehören ebenso geeignete Räume für Bildung und Gespräche in kleineren Gruppen Sie verbinden Hauptgebäude und Pfarrhaus. lm endgültigen Ausbau werden auch die Zivilschutzräume für eigene Aktivitäten der Jugend zur Verfügung stehen.
Der Name St. Katharina
Mit der Namensgebung «St. Katharina» haben wir auf die Initiative des damaligen Präsidenten der reformierten Kirchgemeinde von Büren eine alte Bürener Tradition aufgenommen. Ihre Pfarrkirche hatte vor der Reformation diesen Namen getragen, und solange im zivilen Bereich Siegel verwendet wurden, trugen die Urkunden der Gemeinde Büren dieses Bild - bis ins letzte Jahrhundert.Katharina von Alexandrien ist zwar eine Gestalt nicht der Geschichte, sondern der Legende. In diese faszinierende Königstochter wurde im Stil der Literaten des 4. Jahrhunderts hineinprojiziert, was in idealen Eigenschaften von einem beispielhaften Christen erwartet wurde: sprühende Geistigkeit in der Glaubensdarlegung, Einsatz für die Armen und verfolgten Mitchristen und Standhaftigkeit in der Treue zu Christus gegenüber allen Verlockungen und Drohungen, in allen Folterqualen. Bis zum Tod.So verstanden, hat es Katharina, ähnlich wie den barmherzigen Samariter aus dem Gleichnis Jesu, dennoch tausendmal gegeben und gibt sie heute noch. (Im Verlaufe des Jahres 1980 wurde ein Glasfenster, gestaltet von Peter Travaglini, um diese Idee bildlich darzustellen.)