Frienisberg
Vorbemerkung:
Frienisberg hat heute weder Kloster noch Kirche mehr. Das Kloster wurde 1528 im Zuge der bernischen Reformation aufgehoben und die Kirche bereits wenige Jahre später, 1534, abgebrochen. Wenn wir Frienisberg trotzdem in unsere Sammlung aufnehmen, so deshalb, weil das ehemalige Kloster weit herum im Seeland und seinen Randregionen eine bedeutende Rolle gespielt hat. Frienisberg war ein sogenanntes Zisterzienser-Kloster. Der Mönchsorden wurde im Jahre 1098 vom Abte Robert im Orte Citeaux bei Dijon (Burgund) gegründet. Es folgten zahlreiche Tochtergründungen. Im 13. Jahrhundert zählte man gegen tausendachthundert Zisterzienser-Abteien; eine davon war «Friennischsperg››, Frienisberg . _ .
Klosterbau in der Wildnis
Als die Kelten noch in unserer Gegend hausten, war das Seeland eine Wildnis. Das Grosse Moos war eine wüste Sumpflandschaft und die Anhöhen und Hügel waren mit zusammenhängenden Wäldern überwachsen. Hin und wieder sichtete man eine Rodung mit einer Siedlung und da und dort erhob sich aus den Wäldern eine Erdburg, eine Fluchtburg.
Mit dem Einzug der Römer änderte sich das Bild. Eine Kultur erblühte. Dörfer und Städte entstanden und überzogen mosaiksteinartig das Land. Aber diese Kulturstätten blieben Kulturinseln, oasengleich über die grosse Wildnis verteilt, aber verbunden mit einem Netz erstaunlich guter Strassen und Wege. Jahrhunderte verstrichen, ehe das Leben in der Gegend des Frienisberges greifbare Züge erhielt. Frienisberg lag abseits der römischen Heeresstrasse, welche von Westen gegen Osten das Seeland durchschnitt. Im Jahre 1131 rief Graf Udelhard von Saugern, dessen Stammburg im Sornegau im nördlichen Jura lag, eine Gruppe Zisterzienser Mönche nach Seedorf, um in dessen Nähe das Land zu urbarisieren und ein Kloster zu gründen. Die Mönche kamen von ihrem Mutterkloster im Burgund über das Elsass und den Schwarzwald in unsere helvetische Gegend.
«Berg der Morgenröte»
Die Zisterzienser gründeten ihre Niederlassungen und Klöster, im Gegensatz zu anderen Ordensgemeinschaften, nur in «weltfernen» Gegenden. Sie duldeten auch keine grossen Kostbarkeiten. Die Mönche führten ein bescheidenes Dasein. Lm vorgeschriebenen Rahmen von Askese und Gottesdienst gingen sie der täglichen Arbeit nach, rodeten und bebauten das Land. Die Gemeinschaft auf dem Frienisberg nannten die Mönche «Monasterium Beatae Virginis Mariae de Aurora» was Kloster der seligen Jungfrau Maria von der Morgenröte heisst. Abgekürzt nannten sie den Berg ihres Bleibens «Mons Aurora» , «Berg der Morgenröte»
Wirtschaftlicher Aufschwung
Im Jahre 1233 befreite Papst Gregor IX. das Kloster auf dem Mons Aurora von der Leistung des Zehnten und klammerte die Mönche aus der Befehlsgewalt des Bischofs aus. Damit begann der wirtschaftliche Aufschwung von Frienisberg. Viele Weiler und Dörfer stellten sich unter den Schutz des Klosters. Andere fielen dem Kloster durch Schenkungen zu, wieder andere wurden ihm mehr oder weniger freiwillig abgetreten. Unmittelbar vor der Reformation und der Aufhebung des Klosters besassen die Frienisberger Mönche Güter und Einkünfte in fünfundvierzig Dörfern zwischen dem Aarelauf westlich von Bern und dem Grossen Moos, gesamthaft 5000 Jucharten Acker- und Wiesland samt den Nutzungen in den dazugehörenden Wäldern und Weiden. Dazu kamen gegen dreihundert «Mannwerk» Reben bei Le Landeron und Cressier und ein Alpbetrieb am Westhang des Chasserals. Schliesslich besass das Kloster als wirtschaftliche Grundlage für die direkte Selbstsorge als eigentliche Klosterdomäne über 250 Jucharten Land.
Die Kirche
Getreu den Leitgedanken des Zisterzienser-Mutterhauses im Burgund, bauten die Frienisberg-Mönche eine architektonisch bescheidene Kirche. Allerdings wies das Kirchenschiff dennoch eine beachtenswerte Länge von fünfzig Metern auf Aber zahlreiche Verbote schränkten die Ausstattung ein Keine Bilder. Einfachste Wanddekorationen, bescheidene Grabmäler,.Auch auf einen Turmbau mussten die Mönche verichten. Der heute noch stehende Turm hat mit der ehemaligen Klosterkirche nichts zu tun. Er wurde in nachklosterlixcher Zeit – 1573 – errichtet.
Die Kirche dürfte zur Hauptsache in den ersten drei Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts entstanden sein. Rund dreihundert Jahre später, im Zuge der Reformations-Zerstörungswut, wurde die Kirche abgerissen (1534), so dass wir heute die Baugeschichte und Architektonik nur mit Schwierigkeiten rekonstruieren können.
Bewegte Vergangenheit
Mit dem Einzug der Reformation in unserem Lande war auch die klösterliche Ruhe dahin. Im Jahre 1528 wurden alle Klöster in bernischen Landen aufgehoben und deren Güter zugunsten des Staates eingezogen. Dies verlief in der Regel nicht ohne Gewalttätigkeit. Manche Bauern des Seelandes zogen grimmig nach Frienisberg, überfielen das Kloster und hausten übel in den «heiligen Mauern» des Mons Aurora. Die «Grauen Mönche››, wie man die Zisterzienser auf dem Frienisberg nannte, wurden vertrieben. Sie flohen nach Altenryf in der Nähe von Freiburg im Uechtland. Bern setzte einen Landvogt ein. Das Klostergebäude wurde teils in ein Amthaus, teils in ein Spittel (Spital) und teils in eine Herberge umgebaut. Die Einkünfte aus den Klosterbesitzungen verwendete die bernische Obrigkeit zum Unterhalt der Pfarrer und Schulen - sowie, der Praxis der Mönche entsprechend, zur Versorgung der Armen und Kranken. 30 bis 35 Äbte führten von der Gründung bis zur Aufhebung das Kloster; 52 Landvögte hausten im Auftrage der Regierung von 1528-1798 in den Mauern der ehemaligen Zisterze. lm Jahre 1798. als die alte Eidgenossenschaft und das alte Bern ruhmlos untergingen. diente Frienisberg eidgenössischen Truppen als Garnison. Während der Revolution und der ansschliessenden Scharmützel, beziehungsweise Feldzüge, war in den Klostergebäuden ein Militärspital eingerichtet.
1834 wurde die früher in Bächtelen (Köniz) betriebene «Privat-Taubstummenanstalt für Knaben» verstaatlicht und auf den Frienisberg verlegt. 1890 erhielten die Zöglinge im Schloss Münchenbuchsee eine neue Unterkunft. In die freigewordenen Gebäude verlegte der Staat die seit 1848 in der Bärau (Langnau) geführte Armenanstalt für Männer. Vier Jahre später, 1852, kamen die armengenössigen Frauen von Hindelbank auf den Frienisberg, da Hindelbank zur Arbeitsanstalt für Frauen ausgebaut wurde. Es versteht sich, dass all diese neuen Zweckbestimmungen des ehemaligen Klosters bauliche Veränderungen mit sich zogen. Heute ist vom «alten Frienisberg» nicht mehr viel zu sehen.
Frienisberg heute
Im Jahre 1897 verzichtete der Staat auf die Weiterführung der Armenanstalt. Die Armenpflege ging in die Hände der Gemeinden und Ämter über. So übernahmen die Ämter Burgdorf, Fraubrunnen und Trachselwald . Frienisberg und eröffneten hier ein Alters und Pflegeheim. Wiederum erlebte der «Berg der Morgenröte» zahlreiche baulichen Veränderungen. Diese hielten und halten an bis in unsere Tage. 1974 hat es der Architekt Peter lndermühle unternommen, die Häusergruppen in «historisch möglichst getreuer Form» zu restaurieren.
Heute zählt das Anstaltsareal rund zwei Dutzend Gebäulichkeiten. In ihnen wohnen mehr als 350 Heiminsassen, welche von ungefähr hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Anstaltsleitung betreut werden. Die Heimgemeinschaft setzt sich aus alten, zum Teil gebrechlichen Menschen, ferner aus jüngeren geistig oder körperlich Behinderten und aus Menschen zusammen, denen charakterliche Mängel die Lebensgestaltung erschweren.