Aus der Zeit der Burgunderkönig
die Kirche von Bargen, die in vorreformatorischer Zeit der heiligen Maria geweiht war, stammt wahrscheinlich schon aus der Zeit der Burgunderkönige, also aus dem 10. Jahrhundert. Allerdings war ihre ursprüngliche Bauform wesentlich anders als heute. Im Verlaufe der Geschichte wurde auch die Bargener Kirche oftmals der herrschenden Mode, oder anders gesagt, dem dominanten Stil, angepasst, so dass man jetzt nicht mehr mit absoluter Sicherheit bestimmen kann, welche Form die Erbauer ursprünglich der Kirche gegeben hatten. Zu einer Kirche gehört auch ein Pfarrer und damit eine Pfarrei. Über die Barger Pfarrei findet man die ersten Auskünfte in einem Dokument aus dem 13. Jahrhundert.
1228 erstmals erwähnt
Über die Pfarrer der Kirche Bargen findet man die frühesten Bemerkungen ebenfalls aus dem 13. Jahrhundert. Die Pfarrer wurden in dieser Zeit gerne und oft als Schreiber oder Zeuge bei Verurkundungen zugezogen, und zwar deshalb, weil sie des Lateins und des Schreibens kundig waren. Daran kann man den Einfluss der Kirche in jener Zeit messen, denn die Pfarrer und Priester waren bei allen wichtigen Anlässen, Verbriefungen usw. zugegen und hatten ihr Wort mitzureden oder wenigstens mitzuschreiben. Deshalb taucht ihr Name auch auf den meisten Dokumenten aus jener Zeit auf.
Klein, aber reich wenn man einem Kreuzzugrodel aus dem Jahre 1361 Glauben schenkt, so stellt man anhand der eingezahlten Kriegssteuern fest, dass Bargen eine der reicheren Pfarreien des Seelandes gewesen sein muss, zahlte sie doch fast am meisten Steuern, um «den Kampf» um die gute Sache im Heiligen Land zu unterstützen.
Von Hand zu Hand
Die Gründer einer Kirche behielten für sich und ihre Erben meistens den Kirchensatz vor, das heisst das Recht, bei der Besetzung der Pfarrstelle dem Bischof den neuen Pfarrer vorzuschlagen. Mit diesem Recht war die Pflicht zur Schirmung der Kirche verbunden, wofür gewisse Einkünfte ausgerichtet wurden. Der Kirchensatz von Bargen gehörte von altersher den greyerzerischen Edlen von der Fluh. 1415 vergabte ihn Verena von Erlach, die Witwe Burkharts von der Fluh, dem Kloster Frienisberg, das nun bis zur Reformation Priester aus seinen Mönchen wählte. Dann kam der Kirchensatz an die Regierung von Bern. Im Laufe der Jahrhunderte versuchten die gnädigen Herren mehrmals Bargen wegen der geringen Bevölkerungszahl mit der Pfarrei Aarberg zu vereinigen. Doch die Bargener wehrten sich für ihre Selbständigkeit, so dass die Vereinigung nie lange dauerte, wenn sie überhaupt durchgesetzt werden konnte. 1542 war erstmals die Pfarrstelle in Bargen nicht besetzt, «aber die Kilchen wollte man lassen bliben»
Bischöfliche Visitatoren
Bischöfliche Visitatoren hatten von Zeit zu Zeit etwas an derKirche und ihrer Führung auszusetzen, so mussten unter anderem im Jahre 1417 Bronzegefässe angeschafft werden, um die Hostie aufzubewahren, die bis dahin in einem Holzgefäss gelegen hatte. In diesem Jahre zählte Bargen 18 Heimstätten, die dann bis 1453 auf ganze zehn Häuser zurückgingen. Waren wohl schlimme Zeiten oder Überschwemmungen der Aare der Grund zu diesem Bevölkerungsschwund? Man weiss darüber nichts Genaues, Weil die Dokumente aus dieser Zeit fehlen.
Bauliche Änderungen
wahrscheinlich auch auf Veranlassung von Visitatoren, musste, da es in der Kirche zu dunkel war, in der Nähe des Altars zu den kleinen romanischen Fenstern noch ein weiteres Glasfenster eingebaut werden. Obschon die kirchlichen Einkünfte in Bargen sehr bedeutend gewesen sind, hatten die Pfarrer doch ihre liebe Mühe, um ihr Leben einigermassen anständig fristen zu können. Aus dieser Zeit stammen einige sehr ergötzliche Gerichtshändel, die aber mit der Kirche selbst nicht viel zu tun haben. Waren in jenen Zeiten die Kirchen baufällig geworden, so erlaubten die «hohen Herren» den Gemeinden, Boten im Land herum zu schicken, die für die Kirche Geld sammelten. lm Jahre 1496 bekamen auch die Barger einen solchen «Bettelbrief›› (die Bieler hatten schon 1492 einiges zur Ausschmückung des Altars beigesteuert, nämlich ganze fünf Schillinge).
Von der Romanik zur Gotik
1453 hatte eine erneute Visitation den Einbau eines weiteren Fensters im Chor angeordnet. Diese Gelegenheit wurde wahrscheinlich benützt, um den bis anhin romanischen Bau in einen gotischen umzuwandeln. Der oben genannte «Bettelbrief›› geht wohl auf diese bauliche Änderung zurück, die der Kirche endlich genug Licht und Luft verschaffte.
Zerfall der Sitten
Das Seeland war zu jener Zeit reich mit Klöstern gesegnet, nicht so sehr zur Freude der Bauern, denn die klösterlichen Steuern und Abgaben bedrückten sie schwer. Trotz allen Bemühungen verarmten die Stifte aber zusehends, und die Zucht und Ordnung zerfiel so stark, dass die Obrigkeit oft gegen Pfarrer einschreiten musste, die die Bestimmungen des Zölibats auf ihre Weise interpretierten, oder besser gesagt umgingen. Die herrschenden Missstände in der Kirche waren nun so offenbar geworden, dass anfangs des 16. Jahrhunderts die Reformation keinerlei Mühe hatte, sich im Seeland festzusetzen. Der Pfarrer von Bargen, der streng altgläubig blieb, wurde kurzerhand abgesetzt. Bargen wurde so reformiert. Da die reformierten Leute von Kallnach und Niederried nicht mehr ins katholische Kerzers zur Predigt gehen konnten, fanden sie vorübergehend in der Barger Kirche Aufnahme.
Predigtbesuch in Aarberg
Vom Jahre 1542 an mussten die Bargener für einige Zeit die Predigt in Aarberg besuchen, weil die Pfarrei Bargen erstmals stillgelegt worden war, um die Ausgaben etwas zurückzuschrauben. Die Kirche in Bargen wurde aber gleichwohl gepflegt und etwa bei Beerdigungen benützt, so dass der Pfarrer, der sieben Jahre später die Pfarrei übernahm, ohne weiteres sein Amt im Gotteshaus ausüben konnte. Schon 1583 versuchten die gnädigen Herren in Bern wieder, Bargen mit Aarberg zu vereinigen. Dies wussten die Barger diesmal zu verhindern, mussten aber fortan das Pfarrhaus selber unterhalten. Da dieses inzwischen baufällig geworden war, versuchten es die Berner Herren 1617 nochmals. Schliesslich verzichteten sie «us vilen merklichen Ursachen» - zum Beispiel sollte Kappelen auch in die Vereinigung aufgenommen werden, und dazu war die Aarberger Kirche nun doch zu klein. Also baute die Gemeinde Bargen drei Jahre später ein neues Pfarrhaus - auf eigene Kosten.
Aus den Chroniken
1627 wurde der erste Taufrodel eingeführt, 1638 der Eherodel und 1733 der Totenrodel. Alle sind im Tresor des Zivilstandsamtes aufbewahrt. Aus dem Jahre 1630 stammt das erste Chorgerichtsmanual. Es gab Singervereinigungen, Collegianten genannt, die im Gottesdienst anstelle der Gemeinde sangen. Bestimmte Vorsänger, oft Lehrer, sangen die Lieder vor. Später hat ein Lehrer mit dem Gemischten Chor die Lieder angestimmt (bis 1911 ein Harmonium angeschafft wurde). Neben der Kinderlehre gab es sogenannte Examina für die Alten und Hausväter, um zu prüfen, ob die früher gewonnenen Erkenntnisse im Glauben noch vorhanden seien. 1685 trafen flüchtige Hugenotten in Bargen ein. Es wurde in der Kirche für sie gesammelt und ihre Kinder wurden hier getauft. 1731 erhielt die Kirche eine zweite, grössere Glocke (das Guss-Datum der kleineren Glocke ist unbekannt). Die Glocke wurde bei Abraham Gerber in Bern gegossen. Oben an der Krone steht der Zweizeiler: «Mein ehriner Mund und eiserne Zung Ruft zur Kirche alt und jung» 1749 haben Ratsherr Witzig und Jacob Moll von Biel vom Kilchmeyer Känel von Bargen für die Herstellung einer Glocke 20 Kronen und ein beliebiges Trinkgeld erhalten und haben ein Jahr Garantie geleistet.
Nach 1800 herrschte Kirchenzwang. Wer nicht zur Kirche ging, wurde gebüsst. Ab 1833 mussten bis 45 Jahre alte Männer aus der Bibel vorlesen. 1837 schenkte die Witwe von Pfarrer Baumgartner der Gemeinde einen Abendmahlsbecher. Als Erkenntlichkeit wurden der Spenderin zehn Flaschen Wein geschenkt.
1840 wird dem Sigrist das Weiden der Kühe auf dem Friedhof untersagt.
1848 beschloss man, die Sturmglocken dürfen nur geläutet werden, wenn ein Gemeinderat es befehle.
1854 will man die dem Kirchengut Bargen zugefallenen Grundstücke bei Kallnach und Fräschels auf profitabelste Weise, kauflehens- oder nutzungsweise, an Mann bringen.
1869 werden zu Lasten der Kirchengutsrechnung 105 Franken für den Unterhalt des von Privaten angeschafften Ofens bezahlt, welcher von der Kirchgemeinde nie zum Unterhalt übernommen worden ist. In Zukunft soll ein Beitrag vermieden werden.
Laut Protokoll wurden 1877 Glasfenster verkauft.
Eigener Wein
in Kuriosum ist es sicher, dass lange Zeit südlich der Kirche, am Rebliweg, die Pfrundrebe lag, die den Abendmahlswein ergab. Diese Reben müssen einen vorzüglichen Tropfen geliefert haben, denn es wird erzählt, dass sich ein Pfarrer allzu sehr dem Wein ergeben und seine Studien vernachlässigt habe, worauf er abgesetzt wurde. Die Reben lieferten bis 1876 den köstlichen Wein. 1877 mussten sie dem neuen Friedhof weichen.
Wieder nach Aarberg
1806-1832 wurde die Pfarrei Bargen wieder mit Aarberg vereinigt, nachdem in einer Zeit des Kirchenzwanges die Kirche fleissig benützt worden war.
Selbständige Kirchgemeinde
Erst in unserem Jahrhundert, im Jahre 1911, wurden die Einwohner- und die Kirchgemeinde getrennt. Ein erster Ausscheidungsvertrag ist offenbar bereits 1887 zustande gekommen, ging aber verloren, so dass 1911 die Sache neu geregelt werden musste. Der Friedhof kam, wie es das Gesetz wollte, an die Einwohnergemeinde, die aber im Schulhaus für die Kirchenbehörden ein Sitzungszimmer und für die Schüler ein Unterweisungslokal zur Verfügung zu stellen hatte. Die Kirche dagegen musste im Erfordernisfalle zur Durchführung von Gemeindeversammlungen zur Verfügung stehen, und das Kirchengeläute hatte sowohl ordentlichen als auch ausserordentlichen Zwecken zu dienen.
Wechselvolle Vergangenheit
Im Jahre 1860 tauchte wieder einmal das offenbar traditionelle Problem einer Verschmelzung der Kirchgemeinde mit derjenigen von Aarberg auf, konnte aber nicht im Sinne einer Vereinigung gelöst werden. Und wieder einmal wurde die Kirche während zwanzig Jahren kaum mehr benützt, weil die Barger wegen Pfarrermangel nach Aarberg zur Predigt gehen mussten. Oft wurden aber auch Pfarrer aus Nachbargemeinden zu einer Predigt nach Bargen geholt, damit die Kirche nicht so verwaist blieb. Nachdem 1880 ein Gesuch der Evangelischen Gesellschaft des Kantons Bern zur Benützung der Kirche abgelehnt worden war, beschäftigte man sich 1885 in der Berner Regierung mit dem Gedanken, alle gottesdienstlichen Verrichtungen in der Barger Kirche einzustellen, was die Bürger aber mit der Begründung ablehnten, die Kirche könnte von Sekten in Beschlag genommen werden, und das wollten sie auf keinen Fall dulden.
Renovation und Ausbau
Nachdem die Kirche 1897 wieder selbständig geworden war - unter der Bedingung, die Pfründen zu übernehmen - wurde ein einheimischer Maler mit der Renovation des Kircheninnern beauftragt. Im gleichen Jahr spendeten die Geschwister Känel das von Kunstmaler Münger geschaffene Glasfenster «Gute Hirten>›. Kurz darauf erhielt die Kirche ein Altartuch, das bis in unsere Zeit den schönen Taufstein bedeckte - den man 1960 renovierte. Nach einer Haussammlung konnte 1911 ein Harmonium installiert werden, das den kirchlichen Gesang begleitete und die Predigt musikalisch umrahmte. Im selben Jahr wurden die Abdankungen bei Beerdigungen in die Kirche verlegt. Nach dem Einbau einer elektrischen Heizung im Jahre 1921 unternahm der Berner Architekt Fritz Indermühle 1925 die Renovation des ganzen Kirchengebäucles. Die Fenster der Kirche wurden mit den Wappen der Burgergeschlechter versehen (ausser diesen Wappen besitzt die Kirche noch einige ältere Wappenscheiben von Stadtbernern, die im 17. Jahrhundert als Landvögte in Frienisberg und Aarberg residierten).
Letzte Grosse Renovation
Nach verschiedenen Teilrenovationen baute 1945 die FirmaKuhn aus Männedorf eine kleine Orgel als Brüstungswerk (mit angehängtem Pedal) ein.Es folgte in den Jahren 1970-1971 eine umfassende Renovation und Restaurierung der ganzen Kirche. Es galt unter anderem die verfaulten Balken des Turmes und der Kanzel zu ersetzen und die Mauern zu entfeuchten. Die Kosten beliefen sich auf rund 200 000 Franken. Da die Kirche unter Heimatschutz steht, zeigten sich dabei einige Probleme, denn die Experten stellten ihre Ansprüche und Bedingungen. Aber Mühe und Anstrengungen haben sich gelohnt, Bargen hat wieder eine Kirche, die sich sehen lassen darf, und auf die man stolz sein kann.