Vom Werden der Landschaft

Wir wollen etwas über die Entwicklung der Landschaft erfahren, um damit den Einfluss der Aareauf das Gebiet der Gemeinde Dotzigen und deren weitere Umgebung besser verstehen zu können.Als Grundlage dient uns Abbildung 2. Die Ebene im Vordergrund zeigt uns mit den Spuren des al-ten Aarelaufes, wie seit der letzten Eiszeit die Flüsse die tiefen Lagen des Mittellandes durch Aufschüttungen umgestaltet haben. Wenn wir zeitlich zurückgehen, so kommen wir in die Phaseder vier Eiszeiten hinein. Die Gletscher haben während dieser Periode das Gebiet der Alpen und des Vorlandes zeitweise überdeckt. Dabei wurde der Untergrund durch die schwere Last der Eismassen umgestaltet und die Kuppen des Mittellandes weitgehend abgerundet, was am Bucheggberg oder auch am Dotzigenberg (Abb.3)

3 Dotzigen

deutlich zu erkennen ist. Auf dem Dotzigenberg hat der Rhonegletscher, der unser Land letztmals in der Würmeiszeit (Beginn 80 000 bis 90000 Jahrevor der Gegenwart, Ende vor rund 10000 Jahren) bedeckt hat (Abb.4),

4 unter Eis

mehrere Findlinge zurückgelassen. So stammt der «Blaue Stein» aus dem Trienttal im Unterwallis («Vallorcine Konglomerat»). Es ist der ehemals bekannte «Kindlistein», bei dem bis zur Jahrhundertwende die Dotzigen-Hebamme nächtlicherweise die Neugeborenen abgeholt haben soll (Moser 1951: 13). Neben den Findlingen hat der Gletscher weitere grobe und kleinere Gesteinstrümmer abgelagert, die das Eis an seinem Grund zerquetscht und gemahlen hat. Dieses mit Lehm vermischte Material bildet die sogenannte Grundmoräne, die als Ganzes durch die verschiedenartigen Mineralien für die Landwirtschaft einen fruchtbaren Untergrund geschaffen hat. Die Grundmoränenschicht überzog dasganze Gebiet, wurde aber in den Niederungen später von den Ablagerungen der Aare und der übrigen Flüsse überdeckt.Der Dotzigenberg besteht am Hangfuss aus weichen Mergeln und Sandsteinen, die in derHohle gut zu beobachten sind. Sie stammen aus einer Zeit, in welcher von den allmählich aufsteigenden Alpen durch grosse Flüsse feiner Schutt ins Mittelland transportiert worden ist (UntereSüsswassermolasse = «Aquitanien», benannt nach ihrem Vorkommen in der Landschaft «Aquitaine» in Südwestfrankreich).Eine Mergelschicht in der Unteren Süsswassermolasse wurde früher nördlich des Dorfes am Fuss des Dotzigenberges zur Herstellung von Ziegeln abgebaut. Als Molasse bezeichnete man ursprünglich inder Westschweiz Sandsteine, aus denen Mühlsteine hergestellt werden konnten. Später wurdenmit dem Begriff alle Gesteine des Mittellandes zusammengefasst. Über den weichen Sandsteinen inder Hohle findet sich eine härtere Schicht aus Muscheltrümmern und Sandstein (= Muschelsandstein). Aus ihr wurden früher aus dem Steinbruch Girisberg (Südhang des Dotzigenberges, südlich der höchsten Kuppe) Bausteine gebrocchen (Oertli 1950: 152). Der Muschelsandstein ist die unterste Schicht der Oberen Meeresmolasse (= «Burdigalien», benannt nach dem Gestein in der Gegend von Bordeaux, Frankreich). Sie zeigt an, dass nach der Sandschüttung der Süsswassermolasse eine Phase folgte, in welcher das Mittelland absank und zu einem Meer wurde.Hangaufwärts liegen auf dem Muschelsandstein die Sandsteinschichten der Oberen Meeresmolasse, die bis auf die Kuppe des Dotzigenberges reichen. Auch dieser Sandstein wurde früher als Baustein für den Hausbau und für Wasserverbauungen genutzt, wie sich am jetzt aufgelassenen Steinbruch in der Hohle, gegenüber dem Schlössli, zeigen lässt (Koordinaten 592870/218 940).Nach ihrer Ablagerung wurden die Molasseschichten durch die Alpenfaltung zu leichten Wellen zusammengestaucht. An den höchsten Stellen wurden die Schichten durch den Zusammenschubin ihrem Zusammenhang gelockert. Daher wurden diese «Wellenberge» (= Antiklinalen) in dernachfolgenden Eiszeit so stark abgetragen, dass ihre Oberfläche heute tiefer als die ehemaligenMulden oder «Wellentäler›› (= Synklinalen) liegen (Abb.5 unten).

5 geologisches Querprofil

Damit hat eine Umkehr des Molassereliefs stattgefunden (im Faltenjura, der gleichzeitig entstanden ist, sind infolge des härteren Gesteins die damals entstandenen Falten als langgezogene Gebirgszüge erhalten geblieben).Wie aus dem Schichtverlauf beim Molasseaufschluss in der Hohle beobachtet werden kann, liegen die Gesteinsschichten des Dotzigenberges nicht mehr horizontal, wie sie einst abgelagert wurden, sondern schräg. Die Schichten haben sogar die Struktur einer flachen Schüssel, die leicht nach Südwesten gekippt ist (Abb.5 oben). Daher entspringen auf der Dotzigen-Seite reichlich Quellen, die auf der Wasserundurchlässigen Schicht des Muschelsandsteines ausfliessen und zum guten Teil schon lange für die Trinkwasserversorgung gefasst worden sind.Nun wollen wir das Dargestellte chronologisch ordnen und in einzelnen Teilen ergänzen:Vor etwa 37 Millionen Jahren begann im Mittelland die Ablagerung der Molasse. Am Dotzigenberg ist die obere Schicht der unteren Süsswassermolasse vorhanden, die sich in der Zeit zwischen 23,5 und 22,5 Millionen Jahren gebildet hat. Darüber folgen Muschelsandstein und Sandsteine der Oberen Meeresmolasse. Der obere Teil der Meeresmolasse und schliesslich die Obere Süsswassermolasse fielen bis zum Beginn der Eiszeiten der Abtragung zum Opfer. Vor rund 1,5 Millionen Jahren begann aus heute noch nicht restlos geklärten Gründen die Temperatur abzusinken. Sie lag in den vier Vergletscherungszeiten je um etwa 10-15° unter den heutigen Werten. Am deutlichsten haben sich in unserer Gegend die Spuren der letzten, der Würmeiszeit, erhalten. Damals bedeckte der Rhonegletscher das ganze Mittelland und reichte etwa bis Wangen a.d.A. (Abb.4). Während seinesRückzuges verblieb er lange Zeit mit seiner Zunge bei Solothurn und lagerte dort eine mächtige Moräne ab. Nach dem Abschmelzen des Eises um 15000 v.Chr. blieb in der flachen Mulde am Jurafuss ein über 120 km langer See zurück, der vom natürlichen Staudamm bei Solothurn bis nachPayerne und nach Entreroches im Waadtland gereicht hat («Solothurnersee»). Der Ort des späteren Dorfes Dotzigen lag am Ufer dieses Sees (Abb.6).

6 unter Wasser

Eine gute Übersicht zur Geologie findet der Leser in den beiden Hallwag Taschenbüchern von T. Labhart (1979 und 1982).

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