Das Ende von Kirche und Pfarrei Dotzigen
Dr. Hermann Specker vom Berner Staatsarchiv hat in freundlicher Weise für uns in den alten Urkunden geforscht. Wir geben seinen im Jahre 1980 verfassten Bericht hier ungekürzt unseren Lesern bekannt:
ln Dotzigen hat man nie vergessen, dass das Dorf früher einmal eine Kirche besessen und eine eigene Pfarrei gebildet hatte. Wollte man allerdings dann wissen, wann denn Kirche und Pfarrei zu bestehen aufgehört hätten, so brachte man die Befragten meist bereits etwas in Verlegenheit. Sah man sich darauf in der einschlägigen Literatur der letzten hundert Jahre um, schien es, dass es da ein klares und eindeutiges Datum gebe, nämlich das Jahr 1539. So hatte es Carl Friedrich Ludwig Lohner 1864 in seinem Buche «Die reformierten Kirchen im eidgenössischen Freistaat Bern» im Artikel «Diessbach›› verkündet, so hatten es Egbert Friedrich von Mülinen und sein Sohn Wolfgang Friedrich von Mülinen 1893 in ihrem Werke «Beiträge Zur Heimatkunde des Kantons Bern, 6.Teil: Seeland» weiterverbreitet; den Angaben dieser Autoren entsprechend schrieb auch Dr. Hans Tribolet 1924 im zweiten Bande des Historischbiographischen Lexikons der Schweiz im Artikel Dotzigen: «D. war ursprünglich eine eigene Pfarrei, deren Kirchensatz 1539 mit demjenigen von Diessbach vereinigt wurde, worauf sie einging».
Dies war der Stand des Wissens, als ich imHerbst 1980 darum angegangen wurde, der Überlieferung vom Dotziger Glöcklein in Diessbach etwas nachzugehen. Ausgangspunkt für die Nachforschungen schien nach den Angaben bei Lohner und von Mülinen der Vertrag zwischen Bern und Solothurn vom 26.Juli 1539, durch den Bern u. a. in den Besitz des Kirchensatzes zu Diessbach gelangte. Demnach hätte man die Zusammenlegung der Pfarrei Dotzigen mit derjenigen von Diessbach in den Wochen und Monaten nach dem 26.Juli 1539 zu suchen gehabt. Doch die Nachprüfung der Ratsmanuale von 1539 und 1540 förderte keine entsprechende Verfügung des bernischen Rates zutage.
Etwas stutzig geworden, konsultierte ich die 1906 erschienene Dissertation «Kirchliche und soziale Zustände in Bern unmittelbar nach der Einführung der Reformation (1528-1536)» von Theodor de Quervaín. Diese offenbar bisher zu wenig beachtete Arbeit führte mich mit einigen knappen Angaben auf eine neue Fährte, auf die Jahre 1531 - 1534.
Über die Beratungen, Beschlüsse und Massnahmen der Oberbehörden in Bern betreffend Kirchgang und Pfarrpfrund der Dotziger in den Jahren 1531 - 1534 erfahren wir aus den Materialien des Staatsarchivs Bern folgendes:
Am 3.Januar 1531 befasste sich die Vennerkammer, eine recht gewichtige Behörde, der die Vorberatung aller bedeutenderen Geschäfte zukam, mit dem Fall Dotzigen. Wir lesen in ihrem Protokoll (dem Vennermanual 1) darüber: «Die Ungelegenheit deß kilchgan[g]s dero in Dotzinger kilchspil und die kilchgang endern.›› Worin die Ungelegenheit des Kirchgangs der Dotziger besteht, wird leider nicht gesagt. Unter der später eingesetzten Überschrift: «Pfr. zu Dozingen verb. - -» [?] fährt das Manual dann weiter:
«Dem [Pfarrer] von Dotzingen hand min herren graten [= geraten] deß ersten fry zu schencken, deß ersten hus, hoffstatt, bündstatt, sampt der rechtsami in Wun und Weid, ouch ein acherlin und ein stückli reben.» «Doch das hus halb sin eigen, doch so ein predicant dahin gesetzet wurde, min herren ersetzen, Was er verbuwt; und für rechtsami, Wun und weid, was biderb lüt billig duncket; so si aber nit ein predicanten dahin setzen, so ist sin und siner erben frii eigen.»
Wir werden auf diese Regelung der weiteren Existenz des bisherigen Pfarrers von Dotzigen weiter unten noch zu sprechen kommen.
Auf der zweitfolgenden Seite des Manuals lesen wir unter der Überschrift «Dotzingen» folgendes:
«Der pfrund oder kilchen guter: an achern VIII jucharten ongefarlichen, an Zins im jartzitbuch VIII davon gend si dem pfarrer II % V ß, darvon ist ettlichs verschinen [= verloren]. Somliche nutzung hand die puren begeret, das min herren inen das übergebend, alldann so wellend si den kilchgang übergen und minen herren willfaren der kilchen halb und sich zu kilchen fügen, wie das minen herren gevellig, wo aber das nit, so wellend si nitt witer sich verbinden ...»
Die Bauern von Dotzigen sind also einverstanden, dass ihre Pfarrei eingeht und man sie kirchlich anderwärts zuteilt, wenn ihnen dafür die 8 Jucharten Ackerland des Kirchengutes und die Zinseinkünfte aus dem Jahrzeitbuch ihrer bisherigen Pfarrkirche in Dotzigen überlassen werden.
Auf der folgenden Seite des Vennermanuals vernehmen wir dann noch, dass man «des predicanten halb alß vil red gehalten hatt» und «der predicant zu letst sin lebtag die pfründ begert, hand ime min herren vergonnt sin leben lang, so man inne nit endert, so man aber ine uff ein andere pfrund versechen, sol die gult minen herren verlangen, was zu Dotzingen ist».
Der Pfarrer Gerold Aregger, der 1528 auf der Disputation in Bern die zehn Schlussreden unterschrieben hatte, darf also sein Lebtag - als Bauer - im Pfarrhaus zu Dotzigen verbleiben. Er ist auch dementsprechend mit Hofstatt, Beunde, Anteilrecht an der Allmende (Wun und Weid), einem Äckerlein und einem Stücklein Reben ausgestattet. Die Obrigkeit in Bern behält allerdings den Fall vor, dass Aregger wieder als Pfarrer auf eine Pfründe gesetzt werden sollte, was die hier getroffene Regelung hinfällig machen würde. Dieser Fall ist dann 1548 eingetreten, als Aregger Pfarrer von Diessbach wurde.
Am 13.Januar 1531 musste sich auch noch der Rat zu Bern mit den Regelungen befassen, die die Vennerkammer für die Gemeinde und den Pfarrer zu Dotzigen entworfen hatte. Der Entscheid fiel durchaus im Sinne der vorberatenden Instanz aus. Wir lesen im Ratsmanual vom 13.Januar (irrig auf 17.Januar datiert):
«Denen von Dotzingen nachgelan, die acher vom jartzitbuch und kilchen; doch das sis nit in iren nutz ziechen, dann allein so man reiset [= in den Krieg Zieht], das sie die nutzung bruchen, und ouch 1 brief geleit, das si darumb den kilchgang abgesetzt, sich des gutlich begeben hand»
Die Regierung entsprach also dem Begehren der Bauern von Dotzigen wegen des Gutes und des Ertrags des Jahrzeitbuches teilweise, aber mit einer wichtigen Einschränkung: Die Dotziger durften nicht frei über dieses Gut und seinen Ertrag verfügen, sondern diesen Ertrag nur für die Kriegskasse der Gemeinde in Anspruch nehmen, aus der die Dotziger Auszüger bei Kriegszügen zu besolden waren. Über diese Regelung sollte ein «brief geleit››, das heisst, eine Urkunde ausgefertigt werden, in der auch festzuhalten war, dass die Dotziger gegen diese Konzession gütlich auf ihren «kilchgang››, das heisst, auf eine eigene Kirche und Pfarrei verzichtet haben. Die Urkunde, von der hier die Rede ist, hat sich leider weder im Original noch in einer Abschrift erhalten.
Im Sommer 1532 vernehmen wir dann, dass es mit dem «Kilchgang›› der Dotziger noch nicht klappt. Unter den Anliegen die die gesamte bernische Pfarrerschaft, die sich im Juli 1532 in Zofingen versammelt hatte, der Regierung in Bern vorträgt, heisst es im zwölften Artikel: «Etlicher mangel von wägen des kilchgangs: ze Büren mitt Totzigen Lützelflüh, teilt in vil höff Langental, zum Teil gen Thunstetten kument nit dar, weist niemand, war sy gand.»
Hier vernehmen wir erstmals, dass Dotzigen 153l dem Kirchspiel Büren zugeteilt worden war. Ähnlich wie in Lützelflüh und Langenthal, die komplizierte Verhältnisse aufweisen, spielt die Sache auch zwischen Dotzigen und Büren nicht recht.
Am 1.August 1532 beriet ein eigens eingesetzter Ausschuss über die Anliegen und Artikel der Pfarrer. Zur Angelegenheit Dotzigen/ Büren heisst es im Protokoll der Verhandlungen: «Totzingen halb an den schultheissen von Büren, das er sy heisse ze kilchen gan, wie sy geordnet sind; wo sy es nit thun, mogent sy für min herren kheren, und sy der ursachen berichten, warumb sy es nit thun wellent.»
Dieser Abschnitt ist im Protokoll gestrichen. Es ist nicht ganz klar, ob das bedeutet, dass das Geschäft erledigt ist, indem ein entsprechendes Schreiben an den Schultheissen von Büren abgegangen ist oder ob es heisst, dass man nachträglich von einem solchen Briefe abgesehen hat. Auf alle Fälle erfahren wir hier, dass die Dotziger seit dem Eingehen ihrer eigenen Kirche und Pfarrei offenbar einfach nicht mehr zur Kirche gehen. Ob sie verärgert waren, weil sie betreffs des Ertrags des Jahrzeitbuches ihren Willen nicht ganz durchgesetzt hatten, oder ob der weite Kirchweg nach Büren sie abschreckte, vermögen wir nicht zu ergründen. Der reformatorischen Obrigkeit, die sich auch für das Seelenheil ihrer Untertanen Gott gegenüber verantwortlich fühlte, konnte aber ein solcher Zustand nicht gleichgültig sein. Es vergehen zwar vom Sommer 1532 an volle zwei Jahre, bis wir wieder etwas über diese Dotziger Angelegenheit vernehmen. Allem Anschein nach musste der Rat in Bern, um die Dotziger zu gewinnen, seine Erkenntnis vom 13.Januar 1531 etwas revidieren. Unter dem 20.August 1534 lesen wir im Ratsmanual folgendes:
«Des predicanten huß zu Totzigen was buwfellig, haben min herren die predicatur daselbs abgestellt und die biderben lüt gan Büren und an nechsten ze kilchen gewyst, und inen des jarzytbüchs inkhomen, sovil nach dem widerzognen kilchengüt vorstendig, zum besten nach gottes eren anzewenden, ubergeben und jerlich dem amptman zu Buren irer verwaltung rechnung ze geben, unvertribenlich des houptgüts; darby lasen es min herren beliben, soverr sy zymlich handlend, das vermögen wol anlegend, gut rechnung gebend, unvertriben das houptgüt, sunst werden min herren wyter insechen thun.»
Gegenüber 1531 hatte die Regierung insofern nachgegeben, als der Ertrag des Jahrzeitbuches nicht mehr die Kriegs- bezw. Soldkasse der Gemeinde zu speisen hat, sondern «zum besten nach gottes eren» verwendet werden darf, wogegen den Dotzigern dann allerdings die Pflicht auferlegt wird, dem Schultheissen zu Büren über die Verwendung alljährlich Rechnung abzulegen. Verblüffung erweckt die Einleitung dieser Erkenntnis: «Des predicanten huß zu Totzigen was buwfellig...» 1531 war noch von «Ungelegenheit des kilchgangs dero in Dotziger kilchspil» die Rede gewesen. Jetzt wird im Ratsmanual ungeniert zugegeben, dass die Baufälligkeit des Pfarrhauses der Anlass war, die Pfarrei Dotzigen eingehen zu lassen. Ein probates Rezept, um Renovations- oder Neubaukosten zu sparen!
Über diese Ratserkanntnis vom 20.August 1534 wurde noch am gleichen Tag eine Urkunde ausgefertigt, deren Wortlaut uns im Staatsarchiv Bern im Entwurf überliefert ist. Es heisst da unter anderem:
«Wir, der schultheis und der rhat zu Bern, thund khund mit disem brieff, als wir dann vergangner zyt die Pfarre zu Totzigen mit willen der unsern daselbs abgestelt, und sy den nechsten zu kilchen gan Büren und anderstwohin gewyst, das wir genanten den unsern zu Totzigen irs jarzytsbuchs jårlich inkhomen ubergeben haben, sollichs nach gottes eer und nach irem zymlichen gfallen den armen mitzetheilen, doch... Darby, so lang unserm Vorgemelten ansåchen statt geschieht, wir sy wellen beliben lasen und sunst unser hand offen haben, in kraft dis brieffs -_ Datum XX Augusti 1534.»
Diese Erkenntnis wurde den Dotzigern zweifellos auf Pergament ausgefertigt und mit dem Berner Stadtsiegel bekräftigt zugestellt. Leider hat sie sich allem Anschein nach im Gemeindearchiv Dotzigen nicht erhalten. Es wird die Zeit gekommen sein, da man die Armenpflege auf eine andere Grundlage stellen musste, wobei diese Urkunde dann gegenstandslos wurde, worauf man sie vielleicht geringschätzig beseitigte.
Aus dem Ratsmanualeintrag und aus dem Urkundenwortlaut vom 20.August 1534 («zü kilchen gan Büren und anderstwohin gewyst») lässt sich entnehmen, dass man 1531 nicht das ganze Kirchspiel Dotzigen zur Pfarrei Büren geschlagen, sondern zum mindesten einen Teil davon anderswohin - vielleicht nach Diessbach – zugeteilt hatte. Wie weit sich die mittelalterliche Pfarrei Dotzigen erstreckte, welche Einzelhüfe und Weiler zu ihr gehörten, vermögen wir heute nicht mehr zu ergründen.
Ich habe für die Vorgänge in den Jahren 1531-1534 weitgehend die Originalquellen sprechen lassen, damit der Leser sich selbst ein Bild von dem Geschehen machen kann. Als sicheres Resultat ergibt sich die Tatsache, dass die Pfarrei Dotzigen nicht erst 1539, sondern schon 1531 eingegangen ist und dass sich dann nach der Zuteilung zu Büren für längere Zeit etwas unsichere und labile Verhältnisse ergeben haben. Wann die Umteilung des Dorfes Dotzigen zur Kirchhöre Diessbach erfolgt ist, vermochte ich nicht zu ermitteln. Sicher geschah es nicht um 1539. Man hat bisher die Bedeutung des Vertrages zwischen Bern und Solothurn vom 26.Juli 1539 in dieser Richtung wohl überbewertet. Durch diesen Vertrag ging u. a. der Kirchensatz (das heisst das Kollaturrecht) zu Diessbach, der bisher dem Chorherrenstift St. Ursus in Solothurn gehört hatte, an den Staat Bern über.
Man muss sich aber darüber klar sein, dass auch unter dem Solothurner Stift in Diessbach seit 1528 reformierte Pfarrer amteten. Wir finden daher zum Beispiel schon am 23.0ktober 1528 im Ratsmanual den Eintrag: «Die dry dörfly gan Diesbach geleit, so vor gan Oberwyl gehört z`kilchen.» Welches diese drei «dörfly» sind, erfahren wir leider nicht. Bern hätte also grundsätzlich auch Dotzigen schon vor 1539 nach Diessbach zuteilen können. Wenn man dies 1531 nicht tat, dann vielleicht darum, weil Diessbach, wie wir gesehen haben, bereits von Oberwil her Zuwachs erhalten hatte und man Bedenken trug, den Pfarrer durch weitere Zuteilungen zu belasten.
Für Dotzigen ist noch eine Urkunde aus dem Jahre 1551 von Interesse, die im Staatsarchiv Bern liegt und gewisse Rückschlüsse auf die Preisgabe der Kirche zu Dotzigen in den frühen 1530er Jahren zulässt, Am 16.Januar 1551 verkaufte Hans Tschamperlin von Dotzigen der Bauernsame (das heisst der Gemeinde) zu Dotzigen um 112 Pfund und 10 Schilling den Kirchhof zu Dotzigen mitsamt dem Haus, das darauf steht. Dieser Kirchhof ist doch wohl der ehemalige Friedhof, das Haus, das darauf steht, aber die einstige, nun zu einem Wohnhaus mit Landwirtschaft umgebaute Kirche. Anlässlich der bereits erwähnten Beratung vom 1.August 1532 über die Anliegen der Pfarrer, war unter anderem auch festgelegt worden: «Alle die kilchen und tempel, welche nit pfarren sind, sol man schlyssen, oder aber die helm abbrechen und dermaß sy verendern, das sy nimmer götzenhüser glichen.» Spätestens dieser Beschluss wird auch für die Kirche Dotzigen das endgültige Todesurteil bedeutet haben. Man nahm ihr wohl den Turm und baute sie so zu einem Wohnhaus um, dass möglichst wenig oder nichts mehr an die einstige kirchliche Zweckbestimmung erinnerte. Ähnlich ging man auch an andern Orten vor; aus der Umgebung von Bern können die Beispiele Habstetten und Kleinhöchstetten genannt werden. Ob in Dotzigen bei späteren Um- oder Neubauten die letzten Spuren der einstigen Kirche beseitigt wurden, kann ein Aussenstehender nicht entscheiden. Die Urkunde vom 16.Januar 1551 stellt offenbar einen Rückkauf durch die Gemeinde Dotzigen dar, die diesen Besitz einige Zeit früher aus irgendwelchen Nützlichkeits- und Zweckmässigkeitserwägungen heraus in private Hände gegeben hatte.
Wenn bei meinen Nachforschungen auch kein Hinweis auf das Dotziger Glöcklein in Diessbach und kein einschlägiger Ratsbeschluss zutage gefördert wurde, halte ich die Überlieferung von der Herkunft dieser Glocke aus der Kirche Dotzigen dennoch für durchaus glaubhaft. Hätte sich diese Glocke seit ihrem Guss um 1502 oder 1503 (die Datumangaben von A. Nüscheler und B.Moser differieren um ein Jahr) stets in Diessbach befunden, so wäre nicht recht erklärlich, wie sich die zählebig aufrechterhaltene Überlieferung vom einstigen Standort Dotzigen hätte bilden können. In den eingangs erwähnten Werken von Lohner und v. Mülinen werden eine Anzahl Geistliche zu Dotzigen ab 1242 aufgeführt. Quellen, die erst in den letzten Jahrzehnten allgemein zugänglich wurden, erlauben es, diese Liste für das 15. Und das frühe 16.Jahrhundert noch etwas zu vervollständigen. Dabei darf vorweg noch festgehalten werden, dass alle diese Pfarrer Mönche aus dem Kloster Gottstatt waren, das ja seit 1336 das Kollaturrecht (auch Kirchensatz genannt) der Kirche Dotzigen besass.
im Herbst 1420 trat Paul Roder die Pfarrei Dotzigen an. Wie lange er sie betreut hat, wissen wir nicht. lm Jahre 1443 finden wir einen Immer Howenschild [= Haudenschild] als Pfarrer, 1454 einen Johann von Wichtrach, dem ein Johann Lenckerswiler folgt, der im Frühjahr 1464 resigniert. Im April 1464 Wird Peter Fünfi (in den lateinischen Quellen Petrus Quinque genannt) als Pfarrer eingesetzt, der sein Amt bis zu seinem Tode im Frühsommer 1483 ausübt, worauf dann Ende August 1483 Burkard Messer ins Pfarrhaus einzieht. Im August 1504 kommt Gregor Irlinger als neuer Pfarrer. Er wird allem Anschein nach in der ersten Hälfte der 1520er Jahre im Amte abgelöst, lebt aber noch 1531, denn die Vennerkammer setzt für ihn ein Leibgeding [Altersrente] fest. Gerold Aregger, der letzte Pfarrer von Dotzigen, dürfte wohl spätestens 1524 auf diese Pfründe gekommen sein, denn im Frühjahr 1525 ist er hier bereits im Amte und ficht mit seinem Amtsbruder Melchior Müller, Pfarrer in Oberbüren, einen hitzigen Streit aus, wegen einer Predigt, die Müller am 25.März gehalten hat. Zweifellos spielen hier bereits die Auseinandersetzungen über die reformatorischen Lehren hinein. Der Rat in Bern musste den Streit schlichten und die beiden geistlichen Streithähne zur Ruhe weisen. lm Januar 1528 unterschrieb Gerold Aregger die Thesen der Berner Disputation. Wie bereits erwähnt, verblieb er 1531 bei der Aufhebung der Pfarrei Dotzigen zunächst als Bauer im baufälligen Pfarrhaus. 1548 finden wir ihn dann aber als Pfarrer von Diessbach.
Aus den Gottstatter Zins- und Zehnturbaren von 1474 und 1530/31 können wir erschliessen, dass die mittelalterliche Kirche von Dotzigen den Anführer der thebäischen Legion, Mauritius, zum Schutzheiligen hatte. Dieser Heilige und seine Gefährten, die um 280-300 bei Agaunum, dem heutigen St-Maurice, um ihres christlichen Glaubens wegen den Märtyrertod erlitten, waren im Mittelalter ungemein populär. Dotzigen befand sich mit diesem Patrozinium in bernischen Landen in recht guter Gesellschaft. Im damaligen Dekanat Büren wiesen neben Dotzigen auch Aarberg, Rüti bei Büren und Wengi diesen Schutzheiligen auf, im weiteren Bernbiet Amsoldingen, Bümpliz, Guggisberg, Krauchthal, Oberwil i.S., Saanen, Thun, Wichtrach, Worb und Wynau.