Der alte Knecht

Er war nicht schön anzusehen, der Peter, mit der Säufernase und der grossen Warze darauf. Er war auch nicht liebenswürdig. Wortkarg und menschenfeindlich verrichtete er sein Tagewerk in den Reben. Aus dem Freiburgischen gebürtig, war er in jungen Jahren in Frankreich gewesen

und sprach Französisch so gut wie Deutsch. Er war 40 Jahre lang Rebarbeiter in Alfermée, bevor er nach Tüscherz kam, wo sein Meister ein Wirtshaus besass. Draussen war Peter mit seinen 80 Jahren noch eine grosse Hilfe, doch hatte man es zu Hause nicht leicht mit ihm. Er konnte sehr böse werden und unflätig aufbegehren, wenn ihm etwas nicht passte. Als er eines Tages ein Stück Roquefort zum «Znüni» bekam, machte er einen Riesenkrach und fluchte über den «verfaulten» Käse, den er essen solle... Am Sonntag holte er sich auswärts seinen unvermeidlichen Rausch und kam schwankend nach Hause, wo er jeweils nur mit Unterstützung in seine Schlafkammer gelangte,

ansonsten es vorkam, dass er die steile Holztreppe hinunterkollerte. Werktags genoss er jeden Abend seinen Schnaps bei der «Konkurrenz» nebenan. Peters einzige Liebe war eine grau-weisse Katze, welche sein Bett und sein Essen mit ihm teilte. Im kalten Winter 1956 nahm er immer häufiger Zuflucht zum wärmenden Alkohol und oft wurde der kurze Heimweg durch die Hinterhöfe von einer Rast im Schnee unterbrochen. So kam es, wie es kommen musste: mit einer fieberhaften Erkältung lag er zu Bett, schlich sich unbemerkt hinaus und holte sich eine doppelte Lungenentzündung. ln benommenem Zustand wurde Peter vom Spitalauto abgeholt. Als am andern Morgen die Krankenschwester an sein Bett trat, murmelte er:

«Bringet-mer e Zwöier Rote.» Wer glaubt, es sei damals mit dem Alten aus gewesen, der irrt sich. Gut erholt, konnte er direkt aus dem Spital in das Altersheim seiner Heimatgemeinde eintreten.

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