Der Schwellenmeister zu Büetigen und Schwadernau

Im Gemeindearchiv Büetigen wird eine «Instruktion für den nach Büetigen und Schwadernau abzusendenden Schwellimeister» aufbewahrt.

Sie stammt aus dem Jahre 1804 und enthält umfassende Vorschriften für den Schwellenbau auf beiden Seiten der Aare, im Amt Nidau und im Amt Büren,

Beide Oberamtleute konnten ihm Befehle erteilen, beide Gemeinden hatten sich seinen Anordnungen zu fügen. Im Falle sich eine Gemeinde nicht fügen wollte, so habe er sich sofort an den zuständigen Oberamtmann zu wenden.

Er sollte die Schwellenwährschaft und auf beiden Seiten nach der strengsten Unparteilichkeit ausführen. Beide Schwellen sollten den zu grabenden Kanal gleichmässig schützen.

Die Büetiger schwelligen

ln den Gemeindeversammlungsprotokollen ist eine ganze Leidensgeschichte des Schwellenbaues in dürren, sparsamen Worten festgehalten, aber es braucht viel Einsicht, um zu ermessen, welche unendliche Arbeit da während Jahrhunderten gemacht wurde ohne Klagen von besonderer Lautstärke, weil man nichts anderes wusste. Bloss von Zeit zu Zeit machte sich der Kummer in einem Notschrei nach Bern Luft.

So trafen am 10. November 1722 Klagen von Dotzigen und Büetigen in Bern ein, welche wohl unzählige Augenscheine, aber weiter nichts hervorriefen. Beinahe ein Wenig rührend ist «Der Ausgeschossenen von Büetingen demüthiger Vortrag». Die Urkunde trägt kein Datum. Sie ist mit ihren zwei Seiten zu lang zum Zitieren, wir beschränken uns deshalb auf die Darstellung des Schadens einer grossen Überschwemmung: «. .nachdem die Aaren diesen Frühling ihren Runs genzlich auf ihre (Büetigen) Seiten genommen und dermassen eingebrochen, dass selbige bereits einen guten Teil ihrer fruchtbaren Güter weggerissen und sehr grossen Schaden verursachet, so dass sie sich gezwungen gesehen, an dem einten Ort, da das grösste Übel eingerissen, dem Land nach mit einer Wehrschwelli mit Gewalt zu wehren. .»

Im Protokollbuch lesen wir unter dem Datum vom 1.April 1815: «Ward der Gemein vorgetragen wegen der Schwelli, so von neuem ist gemacht worden, ob man der Gemeind Dotzigen Hülf leisten wolle und ward beschlossen, dass eine (jede) haushaltung 30 Wedelen machen und sie helfen in die Schwelli tun.››

28. Horner 1822: «Auf Bezahlung hin soll der Gemeinde Dotzigen für die unten in unserem Grien befindliche Schwelli zu reparieren oder so viel wie neu zu machen, Holz verzeigt werden.»

13. Mai 1823: «Jede Haushaltung in unserem Dorfe soll für die Gemeinde Dotzigen in unserem Grien 50 Schwelliwedelen machen, um dem Lauf der Aare gegen das GemeIndeland Einhalt zu tun und auch mit ihnen den ersten Gang gemeinschaftlich helfen machen,»


13.April 1824: «Der Gemeinderat soll sich mit der Gemeinde Dotzigen verabfinden, um dem Austritt der Aare am Ende vom Büetigengrien Einhalt zu tun, und wenn es möglich wäre, gemeinschaftlich diese Arbeit zu tun, was nötig sein wird.»


8. April 1828: Der Beschluss richtet sich gegen Bern: «Einstweilen wolle man mit dem Schwelligen in unserer alten Übung fortfahren, ohne jemand aus unserer Gemeinde in der Schwellen- Baukunst in Bern instruieren zu lassen.»


Am 8. April 1829: «Gegen des Kanalgraben der Schwadernauer gemeinsam mit Dotzigen bei der hohen Schwellenkommission vorstellig werden.»


1830: «Von nun an sollen für die vorhabende Schwellenarbeit nur währschafte Mannspersonen angenommen werden. Hingegen für rückständiges oder für diesen Frühling versäumtes nach zu Machen, sollen und können auch Weibspersonen angenommen werden. Das Gemeindewerk soll morgens ungefähr um 6 Uhr seinen Anfang nehmen und durch den Gemeindeweibel herbeigerufen werden.»

Offenbar war der Amtsschimmel schon damals schwer auf Trab zu bringen. lm folgenden Beschluss des Jahres 1830 wird dem mit ländlicher Schläue Rechnung getragen: «Wie uns wieviel Holz wir zu den vorhabenden Schwellenarbeiten rüsten und auf Ort und Stelle schaffen sollen, ehe und bevor die Schwellenkommission einen Schwellimeister senden wolle, wurde an der Gemeinde erkennt: Es solle also gleich der Rapport an das Oberamt Büren gemacht werden, wie wenn das erforderliche Holz bereits schon an Ort und Stelle wäre, weil man das Holz gar ordentlich rüsten und herheischaffen könne, während sich die Schreiben kreuzen werden.»

Dass schon zu dieser Zeit Subventionsgesuche eingereicht wurden, um sich die Mithilfe des Staates zu sichern, geht aus dem folgenden Beschluss hervor: 26. Herbstmonat 1831: «Der durch die immer hohe Aare an unseren Schwellen und Land erlittenen Schaden, so wie auch der zu befürchtende völlige Einbruch solle in einer Ehrerbietigen Bittschrift der Schwellenkommission vorgetragen und zu der Wiederherstellung der Schwelle um eine landesväterliche Beisteuer, entweder in Geld oder in Arbeitern, angehalten werden.»


23. Horner 1832: «Eine Copia von einer Ehrerbietigen Vorstellung samt einem Plan darüber, von den Gemeinden Kappelen, Lyss, Worben, Studen, Schwadernau, Meienried, Busswil, Büetigen und Dotzigen an den tit. Regierungsrat vom 22. Horner wegen den Schwellibauten wurde der Gemeinde vorgelesen und erkennt: Vorsteher Dick solle auf den 24. ds. Im Wirtshause zu Worben das Original unterzeichnen »


Im Oktober 1858 wurde man in Büren an einer Versammlung rätig, die Gemeinden sollten sich für den Schwellenbau zusammentun, so würden sie viel mehr erreichen. Dieser einleuchtende Vorschlag fand aber bei unsern Büetigern keine Gegenliebe. Einhellig erkannten sie: «Dass sie (die Gemeinde) in keine Gemeinschaft mit den Gemeinden Dotzigen, Scheuren und Schwadernau eintreten, sondern die nach dem Gesetze ihr anfallenden Schwellenbauten für sich selbst machen und unterhalten wolle und zwar aus folgenden Gründen:

1. Dass sie seit mehreren Jahren bedeutende Schwellenbauten gemacht und dieselben in ei-nen solchen Zustand gebracht habe, wo sie sich, wenn nicht ein ausserordentlicher Einbruch eintritt und sie dieselben alle Jahre repariert, zu allen Zeiten sicher denken darf und dadurch ihres dazu bestimmte Holz sehr entblösst habe.
2. Dass gegenüber (auf dem andern Ufer) die Gemeinde Schwadernau während dieser Zeitkeine Schwellenbauten gemacht und mit denselben bedeutend im Rückstand ist und ihres dazuerforderliche Holz nach Hause genommen und für Privatzwecke verwendet habe.3. wären noch viele andere Gründe aufzuführen, welche diesen Vorschlag für unausführbar darstellen.»