Die Ursachen der Überschwemmungen
Es ist das Verdienst von Dr. Hanni Schwab, die Vergangenheit des Seelandes in einem ganz neuen Lichte erscheinen zu lassen. Nach ihren Forschungen dürfen die Ebenen im Gebiet der drei Juraseen nicht länger als eine Sumpflandschaft «von alters her» betrachtet werden. Seit dem 8. Vorchristlichen Jahrtausend stellten sie eine trockene, begehbare und besiedelte Landschaft dar, über welche allerdings ein böses Schicksal etwa alle tausend Jahre langdauernde umfangreiche Überschwemmungen verhängte. Solch üble Perioden setzten jedesmal dann ein, wenn die Aare nach ihrem Eintritt in die Ebene ihren Lauf westwärts nahm, Richtung Neuenburgersee. Ausgelöst wurde dieses Ereignis jeweilen von extremen Hochwassern der Aare. Durch Geschiebeablagerungen kam es zu Verlandungen und zur Hebung der Seespiegel. Die obere und untere Zihl wurden in der Folge durch das abfliessende Wasser tief ausgefressen, die Gerinne ausgeräumt, so dass nach Rückkehr zur Fliessrichtung nach Osten die Abflussverhältnisse aus den Seen günstiger waren als vorher.
«Der Wechsel der Fliessrichtung der Aare bildete so ein natürliches Element der Gesamtentwicklung der Gegend. Beim Abfluss nach Westen waren negativ die Überflutungskatastrophen von langer Dauer, positiv für kommende Generationen das Heben der Ebenen durch Verlanden und durch die Sedimentation der Suspension und das Ausräumen der Gerinne mit verzögernder Wirkung auf die Gesamthebung der mittleren Wasserstände. Bedingt durch eine raschere Verlängerung des Aarelaufs infolge der Ablagerung der gesamten Suspension im Grossen Moos und im Neuenburgersee waren die Perioden mit Abfluss der Aare nach Westen seltener und von kürzerer Dauer als die Zeiten mit normaler, direkter Fliessrichtung ins Aaretal», lesen wir bei Dr. Schwab.
Erst im 15. und 16. Jahrhundert begann sich ein weiteres Moment in diesen Mechanismus einzuschalten. Vom Schuttkegel der Emme wurde der Abfluss der Aare immer stärker gehemmt. Die Aare wurde gegen die Felsen von Attisholz gedrängt und immer mehr gestaut. Das Geschiebe blieb liegen, das Wasser trat über die Ufer. Mit der Zeit füllte sich das Gebiet von Solothurn bis Büren, ja, bis über Aarberg hinauf mit Schutt. In diesem Schuttkegel konnte die Aare fast bei jeder Wassergrösse ihr bisheriges Bett mit Geschiebe füllen, über die Ufer treten und an den niedrigsten Stellen einen neuen Abfluss suchen.
Durch das Vorschieben des Aareschuttkegels gegen Brügg, Scheuren und Meienried-Büren kam es zu einer Verlandung der unteren Zihl, dem Ausfluss aus dem Bielersee. Bei schweren Hochwassern konnte es vorkommen, dass Aarewasser durch das Zihlbett in den Bielersee floss.