Aus der Schulhausbau-Geschichte

(Kopiert aus dem in die Urne gelegten Bericht über die Schulhäuser zu Büetigen)

Vom ersten Schulhaus ist eigentlich nichts bekannt, als dass es einmal existierte. Man darf annehmen, dass es wahrscheinlich im Jahre 1827, nach Erstellung eines neuen Schulhauses, abgebrochen wurde. Das zweite Schulhaus trägt auf dem Türsturz beim Eingang die Jahrzahl 1825. Die Vorarbeiten für diesen Bau wurden schon ein Dutzend Jahre früher mit der Erwerbung des Bauplatzes begonnen. Dieser bestand aus zwei Parzellen, die am 16. Januar 1812 und am 8.April 1813 in den Besitz der Gemeinde übergingen. Mit dem Bau wurde im Frühling 1825 angefangen und zu Beginn des Schuljahres 1827/28 konnte der Neubau vermutlich bezogen werden. Für die Ausführung wurden nur zwei Handwerker benötigt, ein Maurermeister und ein Zimmermeister, die mit ihren Gesellen sämtliche Arbeiten zur Zufriedenheit der damaligen Baukommission ausführten. Der Plan stammte von Zimmermeister Bendicht Arn, Büetigen. Auf der Nord- und auf der Westseite wies dieses Schulhaus hölzerne Lauben auf.

Schon die nächste Generation hatte sich wieder mit Bausorgen zu plagen. Am neuen Schulhause zeigten sich allerlei Fehler und Mängel. Die Lauben auf der Nord- und Westseite waren bereits baufällig und es musste zu einem Umbau geschritten werden, wie aus einem Devis des Bendicht Schneider, Sohn, Zimmermeister zu Diessbach, vom Jahre 1857 hervorgeht. Damals wurde die Hausstüre versetzt, Öfen und Kamine neu erstellt und das Rieg ausgebessert. Zwölf neue Fenster und gleichviele Vorfenster wurden in Auftrag gegeben. Alle Fussböden mussten neu gelegt und die Türen mit neuen Schlössern versehen werden. Man kann annehmen, dass der Umbau mehr kostete als der Neubau von 1825.

Erst rund ein halbes Jahrhundert später vermochte das Schulhaus nicht mehr so recht zu genügen, so dass die Erziehungsdirektion sich veranlasst sah, die Initiative zu ergreifen entweder für einen umfassenden Umbau oder, noch besser, für einen Neubau. Der Gemeinderat beauftragte Architekt Friedrich Wyss in Lyss mit der Aufstellung eines Umbauprojektes mit Kostenvoranschlag, dem die Kosten für einen Neubau gegenüberzustellen wären.

Der Architekt sah, - nach einem Landerwerb auf der Südseite, - einen neuen Querbau vor mit 3 Schulzimmern, einer grossen Lehrerwohnung und einer Gemeindeschreiberei. Der ganze Umbau mit Zentralheizung, Abortanlage, Wasserzuführung, Gemeinderatszimmer und einem Turnplatz von 600m2 wäre auf Fr. 33000.- zu stehen gekommen. Ein allfälliger, um eine Lehrerwohnung grösserer Neubau hätte Kosten von Fr. 55000.- erfordert, wobei der Verkaufswert des alten Schulhauses im Betrage von zirka Fr. 12000.- in Abzug, gekommen wäre. - Der im Jahre 1914 ausbrechende Weltkrieg machte diesen durchaus berechtigten Plänen ein vorzeitiges Ende.

Die Errichtung einer dritten Schulklasse in der Nachkriegszeit brachte die Angelegenheit dann wieder in Fluss. Es wurde beschlossen, sofort einen Schulhausbaufonds anzulegen, welcher durch jährliche Einlagen von Fr. 1000.- bis 2000.- gespiesen werden sollte. Durch die 1930 einsetzende Wirtschaftskrise wurde dieser gutgemeinte Beschluss zunichte gemacht. Aus der obern Wohnung, - 1. Stock Nordseite, - wurde für die dritte Klasse ein viel zu kleines, schmales Schulzimmer eingerichtet, das nur durch ein Schulbänklein betreten werden konnte, wenn die dort sitzenden Schüler sich in das Mittelgänglein flüchteten, ein für Schulinspektor, Pfarrer und Schulkommissionsmitglieder recht bemühendes Manöver.

Pläne Zigerli. Inzwischen war das Schulhaus über hundert Jahre alt und immer baufälliger geworden. Durch ein Stück entferntes Bodenbrett konnte im Mittelschulzimmmer ein westseitiger Balkenkopf von blosser Hand zerbröckelt werden. Herr Jules Zigerli, Lyss, gab im März 1933 folgendes Gutachten über den Zustand des Schulhauses ab:

«Es wäre eine unverantwortliche Fahrlässigkeit, wenn das Gebäude im gegenwärtigen Zustande zum Unterricht weiter in Anspruch genommen würde. Als Experte lehne ich jede Verantwortung ab, wenn nicht sofort provisorische Sicherungsmassnahmen getroffen werden, da mit einem Einsturz gerechnet werden muss.» Unter seiner Aufsicht wurden denn auch sofort die nötigen Massnahmen getroffen. In der Folge stellte der gleiche Architekt sowohl für den Umbau als auch für einen Neubau entsprechende Pläne und Kostenberechnungen auf. Die Ausführung scheiterte aber an der gespannten finanziellen Lage der Gemeinde und am hartnäckigen Widerstand des damaligen Gemeinderates.

Der Ankauf eines Bauplatzes am 30. Dez. 1934 kann als Startzeichen zu den eigentlichen Vorarbeiten für den kommenden Schulhausbau gewertet werden. Zu diesem Geschäft wurde der Schulhausbaufonds verwendet. Damit waren aber die Geldmittel der Gemeinde erschöpft und es schien, der Baubeginn sei in weite Ferne gerückt. Am politischen Himmel zogen immer drohendere Wolken auf und in Landesinnern nahm die Arbeitslosigkeit immer üblere Formen an. Während aber ein Kleinstaat gegen die mörderischen Säbelrassler jenseits des Rheins keinen Einfluss hatte, wäre es

für Bund und Kanton durchaus möglich gewesen, erfolgversprechende Massnahmen zur Beschaffung von Arbeit vorzukehren.

Die Wahl einer achtgliedrigen Kommission im Frühling 1937 brachte dann die Angelegenheit in Fluss. Bund und Kanton hatten im Herbst des Vorjahres grosse Geldmittel zur Verfügung gestellt zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Von diesen Geldern galt es zu profitieren, einesteils, um der Gemeinde das nötige Schulhaus zu beschaffen und, noch viel wichtiger, die notleidende Arbeiterschaft nicht nur unproduktiv stempeln zu lassen, sondern ihr sinnreiche Arbeit zu beschaffen. 22 Sitzungen und 2 Besichtigungen von Schulhäusern waren erforderlich zur Abklärung aller auftauchenden Fragen, bevor einer Gemeindeversammlung die Pläne vorgelegt und der Antrag zum Bauen formuliert werden konnte.

Eine Plankonkurrenz unter sieben Architekten brachte uns in den Besitz der nötigen Unterlagen. Am 30. Juni 1937 konnten Kantonsbaumeister Egger und Schulinspektor Baumgartner, Biel, die eingereichten Pläne folgender Architekten einer Beurteilung unterziehen:

Fritz Wyss, Lyss
Paul Bütikofer, Büren a.A.
Louis Grossi, Diessbach b.B.
Otto Laubscher, Diessbach b.B.
Hans Lehner, Alchenflüh
A. Wyttenbach, Zollikofen
Walter Sommer, Biel

Als architektonisch beste und für uns zweckdienlichste Arbeiten wurden zu einem Preise von je Fr. 150.- die Pläne angekauft der Herren

Otto Laubscher, Diessbach b.B.
Walter Sommer, Biel
A. Wyttenbach, Zollikofen.
Herr Fritz Wyss überliess uns die seinen geschenksweise.

Jetzt wird gebaut. Am 23. August 1938 wurde bei Anwesenheit von 42 Stimmberechtigten einstimmig beschlossen, den Bau nach den Plänen von Architekt Otto Laubscher und unter seiner Bauführung auszuführen, nachdem Bund und Kanton zusammen einen Beitrag von 36 Prozent zugesichert hatten. Am 30.August wurde am Zufahrtsweg der erste Spatenstich getan und anschliessend auch auf dem Bauplatz der Humus abtragen, alles von Hand. Diese Arbeiten wurden noch in Regie ausgeführt.

Bei der Vergebung der Arbeiten liess sich die Kommission vom Grundsatz leiten, dass möglichst viele Unternehmer und Handwerker berücksichtigt werden sollten. Zugleich wurde einbedungen, dass vor allem ortsansässige Arbeitslose Beschäftigung finden sollten. Fremde Arbeitskräfte sollten nur mit Zustimmung der Kommission angestellt werden dürfen. Mit der Stadt Biel wurde sogar ein Abkommen getroffen, dass gleichviel Arbeiter, wie der Unternehmer Bezzola aus Biel in Büetigen beschäftige, nächstes Jahr Büetiger in Biel Arbeit finden sollten. Für die Erd- und Maurerarbeiten taten sich die Firmen M. Bezzola, Biel, und Ed. Imperiali, Oberwil b.B., zusammen, alle übrigen Arbeiten wurden an weitere 30 Firmen vergeben.

Um innerhalb der Gemeinde in diesen schweren Zeiten möglichst viel Verdienst zu schaffen, wurden als weitere Bedingungen aufgestellt, dass sämtliche Fuhrungen soweit tunlich durch hiesige Landwirte ausgeführt würden und dass Kies und Sand aus der eigenen Kiesgrube bezogen werden müssten. 55 Sitzungen der Baukommission und 3 Besichtigungen von Schulhäusern waren erforderlich, um die Arbeiten so weit zu fördern, das am 22. Oktober 1938 zur Grundsteinlegungsfeier eingeladen werden konnte. Die von Schmiedemeister Gottfried Schmutz angefertigte und geschenksweise überlassene Blei-Urne wurde auf der Westseite des Haupteinganges in der dortigen Doppelmauer versenkt, was vom ältesten Behördemitglied Rudolf Friedrich, pensioniertem Werkstättearbeiter SBB, vorgenommen wurde. Über die in die Urne eingelegten Urkunden und Münzen gibt das nachfolgende Verzeichnis Auskunft:

1. Auszug aus dem Gemeindeversammlungsprotokoll betr. Schulhausbau
2. Urkunde über den Schulhausbau. Verfasser: G. Häusler, Lehrer.
3. Bericht über die finanzielle Lage der Gemeinde
4. Amtsanzeiger mit Baupublikation und Ausschreibung
5. Organisations- und Verwaltungsreglement von Büetigen
6. Verzeichnis und Unterschriften der Behördemitglieder
7. Verzeichnis der hiesigen Lehrerschaft und der Schüler
8. Stundenpläne der hiesigen Schule
9. Verzeichnis der Lebensmittelpreise, Oktober 1938
10. Tageszeitungen: Bund, Berner Tagwacht, Neue Berner Zeitung, Jungbauer, Schweizer Bauer, Emmenthaler Blatt, Seeländer Volksstimme, Seeländer Bote.
11. Programm der Grundsteinlegungsfeier
12. Münzen: Fr. 5.-/Fr. 2.-/Fr. 1.-/ 50 Rp./20 Rp./10 Rp./5 Rp./2 Rp./1 Rp.

Die drei symbolischen <<Hammerschläge›› beinhalteten beste Wünsche für die Zukunft des neuen Gebäudes. Drei am Bau massgeblich interessierte Männer begleiteten ihren Schlag mit den nachfolgenden Segenssprüchen:

Erster Schlag, ausgeführt von Architekt Otto Laubscher: Der erste Hammerschlag diene zur Festigkeit des Gebäudes. Es möge verschont bleiben vor Senkungen, Rissen, Sturm und Wind, vor Wasser, Feuer und sonstiger Gefahr. Gott segne das Gebäude und nehme es in seinen Schutz.

Zweiter Schlag, ausgeführt von Gemeindepräsident Arn-Nobs Fritz: Der zweite Schlag erwecke alle geistigen und moralischen Kräfte für Eintracht und Frieden. Möge in der neuen Bildungsstätte die Saat aufgehen, blühen und reiche Früchte tragen, unserer Jugend zum Wohle, der Gemeinde zur Ehre.

Dritter Schlag, ausgeführt von Baukommissionspräsident Ernst Schneeberger: Diese Bildungsstätte möge unsere Nachkommen zu brauchbaren und nützlichen Gliedern einer willensstarken Volksgemeinschaft werden lassen und so eine Quelle werden nie versiegender nationaler und geistiger Werte. Dazu hoffen wir, dass unser neues Schulhaus möglichst bald eine Zeit des allgemeinen und unzerstörbaren Völkerfriedens erleben möge. Das walte Gott!

Zur Feier der symbolischen «Hammerschläge» versammelte sich die Dorfbevölkerung auf der Kellerdecke, welche ringsum zirka 70 cm hoch mit aufgehendem Mauerwerk einigermassen unfallsicher gestaltet worden war. Musikgesellschaft, Männerchor und Schülerchor umrahmten die Ansprache des Baukommissionspräsidenten, die Bekanntgabe des Urneninhaltes, die Versenkung der Urne und die drei Hammerschläge.

Der Schulhausbasar kurz vor Kriegsbeginn.

lm kleinen Dorf baut nicht jede Generation ein Schulhaus. Eh weder nid verfliesst jeweils ein Jahrhundert, bis wieder gebaut werden muss. Je nach Qualität des Baues muss zwischen hinein etwa renoviert oder umgebaut werden. Wer aber vom Schicksal verpflichtet wurde, der fühlt nicht nur die Last der Franken, sondern auch die im Herkommen liegende Verpflichtung, das grosse Ereignis gebührend festlich zu begehen. Der eher bescheidenen Grundsteinlegung oder andernorts dem ersten Spatenstich folgte im Abstand eines Jahres der heutzutage sehr einträgliche Schulhaus-Basar. Leicht überschattet vom noch in der unbekannten Zukunft liegenden Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde im Juli 1939 in den Räumen des Gasthofes Bären ein fröhlicher Rummel durchgeführt mit dem Ziel, auch das hinterste Feufi aus den damals noch eher zugeklemmten Geldbeuteln zu locken.

Ohne Einweihung.
Und dann kam die Mobilmachung, die jüngeren Männer wurden zum Aktivdienst einberufen, manche Arbeit blieb ungetan oder ihre Vollendung verzögerte sich um Monate. Das neue Schulhaus wurde sang- und klanglos bezogen. Als Zügelfuhrleute amtierten zur Hauptsache die Schülerinnen und Schüler.