Ritter Jakob von Büetigen
Ein Dienstmann der Grafen von Kiburg
Laut Urbarbuch der Grafen von Kiburg, aufgenommen von 1261-1264, gehörte unser Dorf neben Schnottwil, Hardern, Merzligen, Brügg, Port, Grossaffoltern, Kosthofen, Ammerzwil u.a. in deren Amt Oltingen. Der Graf bezog von seinem Besitz eine Grundsteuer, die zum grössten Teil aus Naturalien, Fabrikaten und Erzeugnissen des Tierreiches bestand. Die Einkünfte an Geld waren gering, da sich der Übergang von der Natural- zur Geldwirtschaft erst später zu vollziehen begann. Die Hörigen zahlten nebstdem ihrem Herrn eine Heiratssteuer, meistens aber nur die Braut. Sie waren ausserdem ihrem Herrn zur Entrichtung eines Kopfzinses und einer Erbschaftssteuer verpflichtet.
Die Eigenleute (servi) standen im reinen Sacheigentum des Herrn, gehörten aber zum Fronhof, was man gewöhnlich mit dem Ausdruck «an die Scholle gebunden» bezeichnet. Sie wurden wie der Hausrat und andere Gegenstände ins Inventar aufgenommen. Ihr Herr konnte sie körperlich züchtigen, aber nicht töten. Die Ehe von Eigenleuten bedurfte immer der Erlaubnis des Herrn. (Nach Bichsel, Graf Eberhard II.von Kyburg). Aus unserem Dorf bezogen die Kiburger 6 Solidi in Bargeld und 230 Eier.
Den grössten Teil des Dorfes hatten die Kiburger an Dienstleute oder Ministeriale weiter verliehen. Diesem Lehensverhältnis verdanken wir die frühesten Nachrichten über unser Dorf. Geschichtlich taucht der Name Büetigen oder Butingen sehr früh, eben durch einen kiburgischen Ministerialen, Gerlacus de Butingen, auf, der von 1223 bis 1250 wiederholt als Zeuge in Urkunden genannt wird. Sein Sohn dürfte Jakob von Büetigen gewesen sein, der spätere Ritter. Dieser besass selber grössere Ländereien und war mit einem reichen Edelfräulein, Diemuth (Diamut, Dietmoth) von Schwanden bei Schüpfen, verheiratet. Er wird erstmals erwähnt in einer Urkunde vom Jahre 1252, wo er als Zeuge bei einer Schenkung auftritt. Die Ritterwürde scheint ihm erst in der Zeit zwischen 1257 und 1260 verliehen worden zu sein. Als Ritter unterschreibt er erstmals am 17.April 1261. In dieser Zeit scheint er sich auch verheiratet zu haben. Aus seiner Ehe gingen drei Knaben hervor, Kuno, Heinrich und Johannes. Über die Verwandtschaft des Ritters Jakob erhalten wir bei zwei Verkäufen einigen Aufschluss. Im Jahre 1261 verkaufte er 4 Schupposen (=48 Jucharten) dem Kloster Frienisberg zum Preise von 14 Mark. Als Zeugen bei diesem Verkauf amtierten: Uolrich von Swandon, wahrscheinlich ein Verwandter von Frau Diamuth, - Vater oder Bruder - und Nicolaus de Butingen, welcher als Bruder des Ritters angesehen werden darf. 1292 verzichtete das ritterliche Ehepaar auf verschiedenen Eigenbesitz zu Gunsten der Schwester Judentha, Witwe des Freien von Balm, eine geborene von Schwanden.
Wir haben bereits erwähnt, dass es heute absolut unmöglich ist, den Standort der Behausung des Ritters - festes Haus, Turm, Burg – zu bestimmen. Uns scheint der Platz oben am heutigen Bärenstutz, dort wo das abgebrannte Haus des Ernst Wälti-Nussbaumer stand, als der geeignetste und wahrscheinlichste. Die beim Brand zutage getretenen festen Mauern lassen jedenfalls vermuten, dass dort nicht ein Bauernhaus, sondern viel eher ein Herrenhaus, gestanden haben muss.
Wie so viele Ministeriale verarmte auch Ritter Jakob nach und nach und sah sich genötigt, Stück um Stück von seinem Besitztum zu verkaufen. Eine Zusammenstellung seiner Landverkäufe gibt folgendes Bild:
1261: Vier Schupposen an die Abtei Frienisberg zum Preise von 14 Mark.
1270: Eine Hube seines Eigengutes an die Abtei St. Urban bei Roggwil. Preis wahrscheinlich 10 Mark Silber.
1274: Siebeneinhalb Schupposen an die Abtei Frienisberg um 59 Pfund.
1277 überlässt er den von der Gräfin Anna von Kiburg zu Lehen getragenen Wald zu Büetigen nebst den Hölzern Bühl, Altholz, Kolchenthal und Rothlaub der Abtei Frienisberg um 15 Pfund.
1286 entsagen Ritter Jakob von Büetigen und seine Frau Diamuth von Schwanden all ihren Ansprüchen auf 5½ Schupposen zu Safnern, nebst zwei Eigenleuten zu Gunsten der Abtei St. Urban.
1292 entsagt die Witwe Ritter Jakobs von Büetigen gegen Empfang von 25 Pfund ihren Ansprüchen auf Güter zu Büttenberg.
Die von Ritter Jakob 1270 an das Kloster St. Urban verkaufte Hube Land wurde im Jahr 1280 von Frienisberg erworben, um seinen Besitz zu erweitern und abzurunden. Das lässt uns vermuten, dass Büetigen zu den wichtigsten Erwerbungen Frienisbergs gehörte.
Über weitern Grundbesitz in Büetigen verfügten die Abtei Gottstatt sowie das St. Ursenstift in Solothurn. Trotzdem die aufgezählten Verkäufe mindestens 300 Jucharten ausmachen, müssen ein kleiner Grundbesitz im Dorfe Büetigen und einige Güter zu Röthenbach bei Herzogenbuchsee im Besitz der Hinterlassenen geblieben sein. Möglicherweise waren diese aber derart verschuldet, dass die Nachkommen es vorzogen, ihren Stammsitz zu verlassen. Es wäre auch ein gespanntes Verhältnis zu der Bevölkerung denkbar, wer weiss! Jedenfalls verschwindet das Geschlecht um das Jahr 1300 herum aus unserem Dorfe.
Im Grossen Rat der Stadt Bern finden wir schon im Jahre 1295 einen Johann Büting, welcher ein Nachkomme unseres Ritters, vielleicht einer der Söhne, sein könnte. In einer Berner Urkunde von 1301 wird er noch einmal erwähnt. Weitere Nachkommen trifft man später als Landwirte in der Dorfmarch zu Zuzwil. Auch in Biel treten Bütinger auf. So wird 1373 ein Hans Bütinger erwähnt, 1374 ein Hannemanus Bütinger, opidanus in Bielo. Im 15. Jahrhundert treten Bütinger auch in Twann und in Schnottwil auf. Das Geschlecht ist noch heute im Bucheggberg und bis hinaus nach Biberist anzutreffen, heimatberechtigt war es nach dem Schweiz. Familiennamenbuch von 1940/41 vor 1800 nur in Schnottwil, seit 1901 dazu noch in Solothurn.
Das älteste Jahrzeitbuch der Franziskaner von Solothurn weist die Vergabung eines Jäki Laufenburg, Messerschmied zu Solothurn, auf, der dem Barfüsserkloster sein Wasserwerk vergabet zu einem Jahrzeit für sich und seine Vorfahren. Als seine Gattin wird erwähnt: Agnes de Büttingen. Das Datum dieser Eintragung ist nicht bekannt, doch fällt sie auf Ende des 14. Jahrhunderts. Diamuth, des Ritters Witwe, siedelte in das Brückenstädtchen Altreu zwischen Büren a. A. und Solothurn, über, wo sie vermutlich auch gestorben ist.