Jnsel- oder Jselgau

Hiselgove 1258, Hyselgoa 1279, Yselgou 1335, Ylgouw 1336, Sielgöw 1382, Iselgau 1382, Siselgöw 1385, Yselgowe 1385

Keine Bezeichnung einer bernischen Gegend mag bis in die Gegenwart soviel Ungewissheit verursacht haben als der „Jnselgau“. Die Einen sehen in ihm einen abgerundeten Bezirk, die andern geben ihm eine allgemeine Deutung; die erstern betrachten ihn als die Grafschaft Neuenburg (Aarburgund) oder als einen bestimmten Theil dwerselben. Man findet auch eine wahre Genealogie des Jnselgaus: er soll als Erbe der Beatrix von Freiburgund an Kaiser Barbarossa, von ihm an seinen Sohn Otto, dann an dessen Tochtermann Otto von Meran gekommen sein, dessen Tochter Alir ihn ihrem Gemahle Hugo von Chalons zubrachte, deren Tochter Elisabeth den Grafen Hartmann den Jüngern von Kyburg heirathete; von den Kyburgern wäre er an die Habsburg und Neuenburg-Nidau gekommen.

Wir wollen uns auf die bestimnmnten Ueberlieferungen berufen.

1258 überliess Graf Rudolf I. von Neuenburg-Nidau für sein Seelenheil der Abtei St.Johannsen die Benutzung des Mühlsteinbruchs im Jnselgau, was sein Sohn 1279 bestätigte (FRB II.468, III.247) Es wird nicht gesagt, wo der Bruch bei Jns genannt wird, und sonst keinber in dieser Gegend, wird wohl dieser gemeint sein. Auch ohne dies steht fest, dass er im Gebiete des Grafen von Neuenburg-Nidau war. Der Jnselgau gehörte also zur Grafschaft Neuenburg-Nidau.

Erst aus dem ersten Drittel des 14.Jahrhunderts ist uns wieder eine Nachricht überliefert:Graf Rudolf III. von Neuenburg-Nidau lag im Processe mit einem Ulrich von Sutz, der ein Mann des Grafen, aber Burger von Bern war. Jedem der beiden wurde darnach die Hälfte von Gütern im Jnselgau zugesprochen. 1335 verkaufte Ulrich von Sutz um 250 Pfund Pfennige seinen Theil dem Grafen, nämlich: alle Güter „ez sin achre, matten, reben, holz old velt, wunne old Waide, wasser, wasserrunse, vischenzen, steg old weg, huser, schüren, garten, hofstette , bongarten, müser (Mööser), gehürste old allmende, dü ich hatte in dem Yselgau überal, ensit des fewes, mit Namen zu Rogget (siehe d.Artikel), in der burg ze Nidouwa und vor der burg und in den twingen und bannen zu Safneren und Orpunt, ze Studon, ze Egerdon, ze Jensse, ze Hermeringen, ze Belmont, ze Walprechtswile, ze Bargen, ze Gerlafingen, ze Ypsach, ze Swadernowa und da umt Nidouwa in der rivieri allenthalben und ze Obernbipe in dem Dorf“ (FRB VI.188)

Mit Ausnahme des Letztern gehören alle genannten Ortschaften zur Grafschaft Neuenburg und zwar, Bargen ausgenommen, zu Neuenburg-Nidau. Es ist hiebei wohl zu bemerken, dass es sich nicht um den Besitz von irgend einer Gerichtsbarkeit, sondern von Zinsgütern handelt. Von einer Veräusserung  gräflicher Rechte ist nicht die Rede. Wie Ulrich von Sutz zu diesen Gütern gelangte, ist unbekannt. Die Vermuthung, er habe sie durch Heirath mit einer Schwester des Grafen erhalten, ist nicht stichhaltig, da keine solche Schwester bekannt ist und die Sutz Eigenleute des Grafen waren.

Jm Burgrechtsvertrag des Grafen von Nidau mit Bern 1336 ist bestimmt, dass bei Stretigkeiten ihrer Unterthanen mit Bernern, die von Nidau und die von dem Yselgouw mit denen von Bern in Frienisberg tagen sollen (FRB VI.255)

Auch hieraus ergibt sich, dass der Jnselgau ein Theil der neuenburgisch-nidauischen Herrschaft war. Dass er gleichbedeutend sei mit den Gebieten von Erlach und Nidau, oder gar mit dem ganzen heutigen Seeland, ist also nicht anzunehmen.

Nach dem Tode des letzten Grafen von Neuenburg.Nidau erbte seine Schwester Anna, Gemahlin des Grafen von Kyburg, das Gebiet. Sie und ihr Sohn Rudolf, der Graf und Landgrafd von Kyburg und Burgund, verkauften die Grafschaft Neuenburg, Nidau, Büren, Altreu, Balm mit Burg und Stadt und Leut und Gut asm St.Michaelstage (29.September) 1379 an den Herzog von Oesterreich (Solothurner Wochenblatt 1825 S. 488)

Vom Jselgau ist hier nicht die Rede. Bestätigt wurde der Verkauf am Mittwoch vor Laetare (20.März) 1381 (Solothurner Wochenblatt 1825 S 488-490) Jm folgenden Jahre am 9.Mai verkauften sie an die Stadt Freiburg (die von ihrer Herrschaft Oesterreich dazu gezwungren wurde) Güter und Besitz im Sielgau, nämlich Ober- und Niederworben, Jens, Wiler, Port, halb Belmund und die Vogtei des Priorates der St.Petersinsel (Solothurner Wochen Blatt 1825 S.495)

Dabei ist von gräflichen Rechten nicht die Rede.

Es hafteten nun auf dem Verkauften verschiedene Pfandschulden. Gräfin Anna und ihr Sohn geboten am 17.Mai „Heini Längen, Jmern von Port, unsern Amtleuten und danach all den Unsern, die in denselben Pfandschilling des Jnselgaues gehören“, dem freiburgischen Vogt zu Nidau Jakob Ritscho gehorsam zu sein (Solothurner Wochen Blatt 1827 S 305)

Noch mehr wird man zu der Ansicht gebracht, dass der Jnselgau mit der Grafschaft Nidau keineswegs identisch sei, wenn man liest, wie Herzog Albrecht von Oesterreich erklärt, Nidau, Büren, Altreu und Balm lösen zu wollen, ohne dass dabei der Jnselgau erwähnt wird (Solothurner Wochen Blatt 1827 S.312). Der Jnselgau war noch freiburgisch, als 1387 der Krieg mit Oesterreich, das mit Jngelram von Couch verbündet war, auf’s neue begann. Nidau, Büren und die Landgrafschaft Burgund sollten Couch’s Lohn sein. Jakob Ritsch sprach die Leute seiner Vogtei ihrer Eide und Gelübde ledig und liess sie dem Bischof von Freising im Namen Oesterreichs , dem Herrn von Couch und ihren Amtleuten schwören (Solothurner Wochen Blatt 1829 S. 505,514-515)

Der Krieg fiel zu Gunsten der Berner aus (siehe den Artikel Nidau). Die Freiburger machten ihnen aber im Friedensschluss den Jnselgau streitig. Ein Schiedsgericht wurde eingesetzt. Der Obmann erklärte, wenn die Freiburger beweisen könnten, dass sie den Jnselgau inbesonderem Kauf, nicht zu noch mit Nidau gekauft, so sollten sie es geniessen; wenn aber die berner beweisen könnten, dass die Freiburger den Pfandschilling und die Leute in dem Jnselgau ihres Eides entlassen und dem Herrn von Couch hingegeben und sie diesem ider seinen Amtleuten geschworden, so sollten sie, die Berner, den Jnselgau inne haben und behalten. Dabei wird – zum ersten und letzten Male – von Seiten der Freiburger der Jnselgau eine besondere Herrschaft mit Twing und Bann genannt (Solothurner Wochenblatt 1829 S.503)

Weil der Jnselgau von den Freiburgern, wie erwähnt, wwirklich aan Oesterreich und Couch übergegangen war, die nun besiegt waren, sprach es der Obmann Bern zu, 1398 (Solothurner Wochen Blatt 1829 S.497-530, E.v.Wattenwyl II.290,302) Das Gebiet wurde zur Vogtei Nidau geschlagen.

Unsere Ansicht ist deshalb, dass die Bezeichnung Jnselgau eine allgemeiner war, hergenommen von der Bodenbeschaffenheit des damals noch wasser- und inselreichen Seelandes.

 Der Jnselgau deckt sich weder geographisch noch historisch mit dem Gebiet der Grafschaft Neuenburg-Nidau; er lag in ihr; später beschränkt sich der Name auf gewisse Güter in der Grafschaft, die allmählich ein Ganzes machten und eine Herrschaft bildeten. Als sie mit Nidau wieder vereinigt war, verschwand auch wieder der Name.

Etymologisch

Unter dem Namen Insel/Isle(n), versteht man im Bernerland weitherum einfach die Petersinsel im Bielersee (s.d.); Jsu i der – (K. sumpfig, hufeisenförmiges Stück Land, einst umgeben von breitem Sumpfgrasben) Aegerten; Anthonii abbatis Insule sancti Johannis 1448
Inselgau „hiess vormals das Berner Seeland, als von Gewässern überall umgeben (Id I, 346) Hiselgove 1258, Yselgou 1335, Yselgo 1336, in dem Yselgow 1381, terras daz Yselgow vulgariter nuncupatas 1382

Insel bedeutet in unserm Namensbereich nicht nur das von Gewässern ganz oder dreiseitig umgebene Gelände, sondern auch ein von zwei Bächen eingerahmtes Gelände oder oft eine trockene Stelle im Sumpfgebiet, selbst noch auf heute drainiertem Boden.
Besonders auffällig sind die vielen Inselnamen im früher stark überfluteten Berner Seeland, das vormals möglicherweise wegen dieser kleinen Inselwelt der Inselgau hiess.