Alterthümerr in Biel
Die Versammlung der schweizerischen geschichtforschenden Gesellschaft zu Solothurn bot die erwünschte Gelegenheit dar, auch die benachbarte lieblich gelegene Stadt Biel zu besuchen. Die dortige Gegend ist nämlich reich an merkwürdigen Fundorten keltischer und römischer Altertümer. Einige derselben waren zwar längst bekannt, viele aber wurden erst in der neuesten Zeit entdeckt und genauer erforscht, andere wie die benachbarte Trümmerstätte von Petinesca harren noch auf eine künftige gründliche und erschöpfende Ausgrabung. Auch die Stadt Biel besilzt noch ein Denkmal römischer Pietät; denn in der reichen Brunnquelle, welche aus einer Grotte hervorsprudelt. wurden vor einigen Jahren etwa 400 römische Münzen der Kaiserzeit aufgefunden, welche frommer Glaube der Quellnymphe geopfert hatte; in ähnlicher Weise wie auch vom Ahrabamsbrunnen zu Mamre berichlet wird, dass das Volk, welches denselben besuchte. Libationen von Wein, Opferkuchen und Geldmünzen in denselben spendete.
Der Freund und Sammler vaterländischer Alterthümer findet daher in dieser Gegend nicht geringe Ausbeute. Herr Oberst Schwab, der mit unermüdlichem Eifer die mannigfaltigen Spuren früherer Ansiedelungen aufsucht, hat bereits eine Sammlung von Alterthümern gewonnen, die beinahe keiner der übrigen in der Schweiz vorhandenen Privatsammlungen nachsteht, ja sogar manche der öffentlichen an Umfang und Bedeutsamkeii übertrifft. Namentlich die Alterthümer in Stein und Bronze. welche der ältesten Periode der Bevölkerung unsers Landes angehören, sind hier, vom grössten bis zum kleinsten Stück, in solcher Mannigfaltigkeil vorhanden, dass wir eine Uebersicht, ich möchte beinahe sagen, über das ganze Mobiliar an Waffen. an Jagd- und Fischergeräthe. an Werkzeugen und Schmucksachen (denn auch diese fehlen nicht und sind sogar zahlreich vorhanden) jenes alten Volkes gewinnen und auf solche Weise seinen ganzen Haushalt, seine Technik und sein Kunstvermögen kennen zu lernen im Stande sind. Und wie geringfügig auch viele dieser Werkzeuge heutzutage erscheinen mögen. so waren sie doch damals Erfindungen grösster Wichtigkeit, durch welche es dem Menschen erst möglich wurde, feste Wohnsitze auf der Erde zu gründen. Die Gegenstände in Bronze zeigen bereils sehr gefällige Formen. und die kleineren Geräthe und Zierrathen. Messer, Scheren, Ohrringe. Haarnadeln, Armspangen, Fingerringe, sind bereils in grosser Auswahl ausgestell. Auch buntfarbige Glasperlen und selbst goldener Zierrath waren schon damals ein beliebter
Schmuck.
Die ganze Sammlung hat der Besitzer streng nach den Fundorten geordnet, und die Ergebnisse jeder einzelnen Ausgrabung sind von einander getrennt, damit die
Eigenthümlichkeit, die namentlich in den Gräberfunden sich zeigt. nicht verwischt werde. Wir werden späterhin noch öfter diese Sammlung erwähnen und einzelne bedeutende Stücke derselben beschreiben. Ich lernte an diesem Tage durch Herrn Oberst Schwab einen der merkwürdigsten Fundorte keltischer Alterthümer kennen. Wir fuhren nämlich auf den Bielersee hinaus, zu jener Stelle, welche Steinberg genannt wird, unweit Nidau. Hier wurden Ueberreste ausgedehnter Pfahlbauten entdeckt, und man sieht eine Menge
von Pfählen auf dem Boden des Sees. theils vereinzelt, theils mehrere nahe beisammenstehend. Zwischen denselben liegen im Schlammboden mancherlei Geräthschaften, welche den Bewohnern dieser zerstörten und durch Feuer verheerten Wohnungen angehört hatten. Es sind steinere Waffen, Beile, llämmer. Wurfspiesse, Pfeile; ferner kleine Mühlsteine und Schleifsteine. Fischergeräthe, z. B. bronzene Angeln, gross und klein, Handwerkszeug aus Stein, Knochen, Horn und Bronze, Küchengeschirr von Thon, Töpfe, Becken, Schalen. Manches Geräthe ist ebenfalls vorhanden. dessen Gebrauch jetzt unbekannt geworden ist. Auch von den Bewohnern sind noch einige Ueberreste erhalten, nämlich mehrere vollständige Schädel.
Hr. Schwab hat aus dieser Lokalität. zwar nicht ohne grosse Kosten, Mühe und Ausdauer, seine reiche Sammlung grossentheils gewonnen, welche fürwahr ein vollständiges lnventarium der ganzen Habe der keltischen Físcherfamilien enthält, die vor undenklicher Zeit hier gewohnt hatten. Es wurde leider noch kein Stück gefunden, und wahrscheinlich wird auch keines je gefunden, das auf eine sichere Zeitangabe hinleiten, das jenen Zeitraum ermitteln kann. in welchem diese Pfahlbauten erbaut oder zerstört wurden. Keltische Münzen wurden bisher an allen diesen Fundorten nicht gefunden, wahrscheinlich aus keinem andern Grunde, als weil die Kelten erst später zu münzen anfingen. Und doch gibt es Münzen dieses Volkes, die bereits mehrere Jahrhunderte vor Chr. in Gallien geprägt wurden.
Die Umgebungen von Biel bieten aber auch noch andere Fundorte dar. die benachbarten Waldungen bergen viele Grabhügel, viele Ueberreste römischer Ansiedelung, und umschliessen auch noch merkwürdige Steindenkmale, die als Altäre zu heidnischem Kulte gedient hatten. Eines derselben heisst noch jetzt der Heidenstein und besteht aus einem grossen, künstlich aufgeriichteten Feldstein. ln der Nähe desselben entdeckte Herr Schwab ein zweites. Er bemerkte nämlich einen grossen breiten Stein, der mit Moos überdeckt war, löste dieses ab und fand nun auf demselben viele künstliche runde Vertiefungen oder Schalen. grössere und kleinere eingehauen. Die grössern dieser Schalen halten im Durchmesser 3 bis 5 Zoll. die kleinsten 1. Ein Theil derselben und zwar die grössern sind auf der obern Fläche des Steines befindlich. andere sind an den Seitenwänden eingemeisselt. Die Gesammtzahl beträgt 21. Ein seltsamer Anblick. Man hat zwar auch anderwärts solche Schalen auf Druidensteinen entdeckt, wie ich nachher berichten werde. allein die Zahl derselben ist weit geringer. Begierig frägt man nach der Bedeutung solcher Denkmals.
Der französische Alterthumsforscher De Caumont spricht in dem Cours d'antiquités monumenlales 1re partie. Ere Celtique. pag.1l7. Paris 1830. von diesen künstlichen bassins de pierre, die er auf der Oberfläche einiger dolmens bemerkt hatte. „Diese Bassins. sagt er, sind gewöhnlich rund und die grössten haben einen Durchmesser von 2, 3 bis 4 Fuss. mit verhältnissmässiger Tiefe. Auf dem gleichen Stein findet man oft mehrere, sogar 4 solcher Vertiefungen. Aehnliche wurden auch in England auf Steinblöcken bei Druidendenkmalen gefunden. und man vermuthete, dass in denselben Wasser aufbewahrt wurde zum Gebrauche beim Opfern. Andere dieser Schalen haben eine konische Form und sind zu oberst
auf pyramidalen Druidensteinen eingehauen und gaben zu der Meinung Veranlassung. es seien in dieselben Opfergaben eingelegt worden.“ An einer andern Stelle seines
Buches p. 76 theilt er noch eine dritte Vermuthung mit. diese Schalen könnten dazu gedient haben. um das Blut der Opferthiere in denselben aufzufassen.