Gerolfingen
Gewöhnlich Gerlafingen gesprochen, französisch Gérolfin, Gerolfingen 1322, Gerlavingen 1350, Geerlafingen 1588, Gerlafingen 1677
Dorf von 406 Einwohnern in 53 Häusern in der Einwohner- und Kirchgemeinde Täuffelen, im Amtsbezirk Nidau. Es liegt zu beiden Seiten der von Nidau nach Täuffelen führenden Strasse, bis zum See sich erstreckend, 6 Stunden von Bern, 1 ½ von Nidau und ¼ Stunde von Täuffelen entfernt.
Bei Gerolfingen stand ein grosses Pfahldorf der Steinzeit. Namentlich sind viele und schöne Steinbeile daselbst gefunden worden ( E. v.Fellenberg Anz f. schweiz. Alterthumskunde 1871 S. 283-284)
Gerlafingern obere Station oder Hageneck. Kleine Station zwischen Hageneck und Gerlafingen, etwa gerade unterhalb dem Kirchthurm von Täuffelen. Diese Station ist in Keller’s Pfahlbaubericht Nr.1, angeführt, geht beinahe bis ans Land und ist sehr von Schlamm und Sand eingedeckt. Wir fanden oberflächlich einige ausgezeichnete grössere Scherben mit Buckeln und Vorständen versehen, welche stellenweise durchbohrt sind (zum Aufhängen der Gefässe), ebenfalls mit vertikalen Verstärkungsleisten und rohen, mit dem Fingernagel eingegrabenen Verzierungen. Eine vollständige kleine Tasse würde durch ihre feinere Arbeit und dichteres Material beinahe auf Bronzealter hindeuten, jedoch scheinen wir hier eher späteres Steinalter zu haben, was durch einen Hammer von Hirschhorn, der einerseits eine dichte Schlagfläche bietet, anderseits ausgehölt zur Aufnahme einer Steinaxt und in der Mitte durchbohrt ist zum Einstecken eines hölzernen Stiels, bestätigt wird, den wir daneben fanden. Da die Kulturschicht hier tief eingeschlammt ist, wird die Baggerarbeit ziemlich langwierig und kostspielig.
Gerlafingen untere Station oder Oefeliplätze ( Hohle Plätze). Diese merkwürdigerweise beinahe (oder ganz) unbekannte, sehr bedeutende Station aus dem Steinalter bietet durch ihre Eigenthümlichkeiten grosses Interesse dar. Sie besteht aus einem ganz besonders wohldefinirten Steinberg, welcher einer kleinen Landzunge gegenüber liegt, mit welcher derselbe durch eine Brücke, deren Pfähle sehr deutlich sichtbar, verbunden war. Jedoch erstreckten sich wohlgeordnete Pfahlreihen noch mehrere hundert Fuss weit parallel dem Lande und umschliessen mehr oder weniger deutlich wahrscheinlich zwei bis drei andere Steinberge, welche jedoch so tief eingeschlammt sind, dass man nicht weiss, ob man es mit den Hütten umgebenden Terrassen oder mit den Ueberresten der Hütten selbst zu thun hat. Die Station liegt gerade gegenüber den westlichensten (äussersten) Häusern von Gerlafingen und heisst auch Oefeliplätze, weil sie gegenüber mehreren Pflanzplätzen von kartoffeln, Luzerne und Roggen liegt, welche auf abgerissenen Terrassen des Steilabfalls des Sandsteinufers angelegt sind, wo früher am Seeufer Sandsteinplatten zu Ofenbauten gewonnen wurden. Die Oefeliplätuze heissen auch Hohle Plätze; es sind dieser schiefen Terrassenabfälle vier und vom linken Seeufer, sowie vom ganzen See deutlich sichtbar. Ueber die genauen Dimensionen dieser Station werde ich später berichten und führe hier nur die zahlreichen merkwürdigen Funde auf derselben an.
Eines der ersten dort aufgefundenen Artefakte war ein ausgezeichnet schön gearbeitetes Nephritmesser, welches noch in der Hirschhornfassung stak. Diese selbst ist ein schöner Hirschhornspross, welcher, am breiteren Ende ausgehölt, das Messer genau umfasst und auf beiden Seiten flach abgeschnitten und polirt ist. Früher war daselbst ein Jadeitkeil von lichtapfelgrüner Farbe gefunden worden. Ebenso wurde aus demselben Material Anno 1870 ein mittelgrosses, vorzüglich gearbeitetes und scharf zugeschliffenes Beil gefunden. Die Ausbeute der untern Gerlafinger Station an Steinbeilen ist eine ganz besonders reiche und merkwürdiger Weise finden sich die meisten unter den zahlreichen am Ufer deponirten Geröllen und wurden bei niedrigem wasserstande meist am Ufer auf dem Trockenen erklärt sich durch die dem Ufer entlang sich leicht führbar machende Strömung, wodurch der oberflächliche Schlamm und Sand immer wieder fortgeführt wird, während vielleicht verhältnissmässig ebenso viele weiter draussen auf der Station von Sand zugedeckt sind. Von dieser Station besitzen wir zirka 70 Steinbeile aus allen möglichen erratischen Felsarten des Rhonegletscherbassins verarbeitet und von der Grösse von 1‘ Länge bei 1 ½ “ Dicke, bis zu kleinen, wohlberbeiteten Steinmessern von 1“ Länge bei 6-8 ‘“ Breite der Schneidekante. Wir haben verschiedene dichte und körnige Serpentine, Diallage und Smaragdditgabbros (Cupotide), Dioritschiefer, Quarzite, Eklogite etc. Da sich die Steinbeile vorherrschend am Ufer unter dem Gerölle finden, darf man gerade daselbst keine Hirschhorn- oder Knochen- Artefakte erwarten, welche daselbst an der Luft zerstörtz sein würden. Durch Baggern,wobei man draussen auf dem Steinberg stellenweise erst bei 2‘ Tiefe auf die Kulturschicht kommt, fanden sich einige Axthalter, mehrere schöne braune und gelblichgraue Feuerstein-Lamellen und neben vieler Töpferware ein vollständiges kleines Gefäss mit Buckeln versehen, wie alle Töpferware aus dieser Zeit. Die Formen der Steinbeile sind ziemlich verschieden und ich werde einige Typen in Umrissen abzeichnen lassen; bis jetzt jedoch habe ich weder von Ziehlbrück, noch Lüscherz, noch den beiden Gerlafinger Stationen durchbohrte Hämmer oder Beile, wie die bei Greng (Murtensee) gefundenen, gesehen. Von durchbohrten Steinen kenne ich von Gerlafingen eine steinerne Spinnwirtel oder kleinen Netzversenker.
Bis in das späte Mittelalter fehlen uns weitere Nachrcihten über das Dorf. Der zehnten gehörte als ein Lehen der Herrschaft Nidau dem Hugo von Efflingen, Burger zu Bern, der ihn 1322 an das elsässische Kloster Sels abtrat (FRB V 308) Später gehörter er als Burglehen den Herren von Ligerz (Pagan 36) und darnach dem Schlosse Nidau und der Pfrund Täuffelen.
Güter zu Gerolfingen, zum Jnsel- oder Jnselgau gehörig (siehe den Artikel), verkaufte Ulrich von Sutz, Burger zu Bern, 1335 an den Grafen Rudolf III von Neuenburg-Nidau (FRB VI 188.189) 1347 erkaufte Hugo von Durrach, Burger zu Solothurn, vom neuen Frauenkloster in Bern je 2 Schupposen zu Ober- und Nieder-Gerolfingen, die Mühle zu Nieder-Gerolfingen und den halben Twing und Bann beider Gerolfingen (FRB VII 281) Die Prämonstratenserabtei Gottstatt kaufte 1350 ein Gut daselbst von Werner Trimstein (FRB VII 513)
Das Dorf gehörte zur Herrschaft Erlach und kam mit dieser durch die Burgunderkriege 1476 an Bern (Blösch s.62), wurde aber zur Vogtei Nidau gelegt. Die vielen Fischer des Ortes erhielten die Fischenzen im See vom Landvogt von Nidau zu Lehen. Leu berichtet, dass zu seiner Zeit Gerolfingen eine vielbesuchte Station zur Seeüberfahrt gewesen sei.
Jm 17. Jahrhundert hatte hier der Venner Christoph von Graffenried, der Vater des Genealogen Anton von Graffenried, ein Hausd erworben, das er aber bald neu erbauen musste. Er erhielt auf sein Gesuch hin 1677 das Recht, die „Behausung zu einer offenen Taverne zu machen, mit ausgehängtem Schild und Tavernenzeichen, mit Losier- und Beherbigung der Gästen zu Ross und Fuss und Aufstellung Speis und Tranks“ (Urkunde mit Berns Siegel, die mir Herr Generalanwaltssecretär Fritz Hodler, der in diesem Hause geboren wurde, geschenkt). Von diesem Wirthshause aus geniesst man die Aussicht auf den ganzen See.
Jahn sagt, dass die um Bern so verdiente Familie von Tillier aus Gerolfingen stamme. Woher seine Nachricht stammt, ist mir nicht bekannt. Eine Bestätigung habe ich nirgends gefunden.
Auch das edle Geschlecht von Gerolfuingen, dessen Burg- und Stammhaus nach Leu im Dorfe stand, ist nicht nachzuweisen.
Aus dem Orte stammt die 1864 n Bern auf Schmieden eingeburgerte Familie Dasen.
Etymologisch
Gerlafine, ts, , in decima de Gerolfingen 1322, ze Gerlafingen 1335, ze Ober, ze Nider Gerolfingen 1347, Gerlavingen 1350, Gerlafingen 1370, 1377, 1390, apud gerlafingu, in gerlafingen, in villa et territorio de girofflens um 1398, an der tannen zu nider gerlofingen bÿ der eselfallen, …. under der eichen zu ober gerolfingen 1452, gerlafingen 1521, Gerlafingen 1530, Gerlefingen 1750 Täuffelen
-ingen- Bildung zu einem germanistischen Personennamen Gerolf (Fm I 588) vgl. gerolffs Hoffstat 1524, IV Reich; mit derselben Metathese von Gerolf- Gerlof/ Gerla- wie im solothurnischen Gerlafingen: 1278 Gerolvingen