Das Bieler Schulwesen in chronologischer Übersicht

EINLEITUNG: DIE SCHULHÄUSER VON BIEL-STADT

1469. Erstes Gemeindeschulhaus: Haus Ring Nr. 6 (direkt hinter der Kirche) von der Gemeinde erworben, als Schulhaus eingerichtet und dem jeweiligen Schulmeister gratis zur Verfügung gestellt; von 1550 an Mädchen-Gemeindeschulhaus. Als Schulhaus benützt bis 1832. Seit 1842 in Privatbesitz.

1544. Knaben-Gemeindeschulhaus neu erstellt, an der Untergasse (heute Nr. 8, Café Cardinal); 1754 vollständig umgebaut; 1817/18 vom Gymnasium besetzt. Als Schulhaus dienend bis 1863; dann von Privatperson an öffentlicher Steigerung erworben zum Preis von 29‘000 Franken.

1818. Schulhaus Dufour-Ost: 1455 erbaut als Johanniterkloster; 1741 bis 1817 als Burgerspital dienend. 1817/18 als Schulhaus eingerichtet; 1818-1836 durchs Gymnasium, 1836-1889 durchs Progymnasium, 1889-1910 durch deutsche und welsche Knabenklassen der Primarschule (seit 1898 auch durch einzelne Progymnasialklassen) und seit 1910 durch deutsche Knaben-Primarschulklassen

besetzt. 1871 Schulhaus um ein Stockwerk erhöht, Aula eingebaut und mit gefälliger Nordfassade versehen. - Dufourstraße ursprünglich Hintergasse, 1818-18/18 Schulgasse und erst seit 1848 heutiger Name, nach dem Bieler Ehrenbürger General Dufour.

1863. Schulhaus Dufour-West erstellt, besetzt von Mädchenklassen bis 1889, vom Progymnasium («das College» genannt) 1889-1910, von welschen Primarschulklassen seit 1910.

1865. Erste städtische Turnhalle, beim Schulhaus Dufour-Ost; heute als Volksküche benützt.

1874. Burgerschulhaus Unionsgasse: Zur Verfügung der burgerlichen Mädchenschule und der Einwohner-Mädchensekundarschule, ferner der Burgerratskanzlei (bis 1942). Seit 1952 städtisches Handelsschulhaus.

1889. Mädehenprimarschulhaus Neumarktstrasse: Bezogen durch die Mädchenklassen aus Dufour-West. Später um ein Stockwerk erhöht.

1899. Schulhaus und Turnhalle Plänke: Von untern und mittleren Primarschulklassen bezogen.

1900. Technikumsgebäude (Hauptbau): Bereit zum Bezug. - Die beiden Nebengebäude für Präzisionsmechanik und Uhrentechnik erst 1925/26 erstellt.

1906. Schulhaus Neuengasse: Handelsschule und Klassen der Mädchensekundarschule, seit 1952 kaufmännische Schule.

1910. Gymnasiumsgebäude und Turnhalle an der Alpenstraße.

1913. Ältere Turnhalle (inkl. Zeichensäle) an der Logengasse.

1929. Doppelturnhalle an der Logengasse.

1949. Gewerbeschulhaus an der Feldeckstraße.

1952. Mädchensekundarschulhaus auf den Rittermatten, samt Turnhallen.

1. PERIODE: 1269-1815

1269. Chonradus scholasticus de Bielle: Urkundlich ersterwähnter Schulmeister von Biel; hielt Schule auf eigene Rechnung.

1525. Erste lateinische Knaben-Gemeindesehule, untergebracht im Gemeindeschulhaus, heute Ring 6.

1544. Erste deutsche Knaben-Gemeindeschule. Für diese das neue Schulhaus an der Untergasse (Café Cardinal) erstellt.

1550. Erste deutsche Mädchen-Gemeindeschule. Diese nun Ring 6, beide Knabenschulen daher Untergasse 8.

Um 1565. Erste allgemeine Schulordnung der Stadt Biel. Diese bis 1787 neunmal revidiert. - Gemäß Schulordnung von 1777 in Biel folgende Schularten: 1. Elementarschule. 2. Untere Realschule.

3. Obere Realschule. 4. Schreibschule. 5. Singschule. Hierzu, in den Jahren 1794-1798, die Hintersässenschule.

1621-1630 und 1648-1651. Jakob Rosius lateinischer Schulmeister in Biel, zugleich Mathematiker, Astronom und Kalendermacher, seit 1626 Bielburger. Rosiusplatz, Rosiustürme uncl Rosiusstraße nach ihm benannt.

1798-1815. Bieler Schulwesen der französischen Gesetzgebung unterstellt: Schulbesuch nicht mehr obligatorisch; allgemeine Verlotterung und Verwilderung der Schuljugend. -

1789 in Biel 150 Schüler, 1815 nur noch 104.

II. PERIODE: 1815-1920

1815. Das Bieler Schulwesen nun, bis 1835, der seit 1720 bestehenden bernischen Schulgesetzgebung unterstellt. - 1815 einzige Schule in Biel die Burgerschule («Stadtschule››). Hierzu, von 1817 an, das neugegründete Gymnasium, ferner, von 1819 an, die Einsassenschule (d.h. die Hintersässenschule von 1794-1798), später Einwohnerschule genannt, teils als Tageschule, teils als Nachtschule geführt. Damit seit ungefähr 1825 in Biel 3 Schulgattungen: 1. Primarschule erster Ordnung = Burgerschule und Einsassen-Tagschule.

2. Primarschule zweiter Ordnung = Einsassen-Nachtschule. 3. Gymnasium (1836-1902 Progymnasium). 4. Die Mädchensekundarschule erst von 1871 an.

1829. Neuerungen an der Burgerschule: Oberlehrerstelle geschaffen (Pfarrhelfer Adam Friedr. Molz), Lehrerbesoldungen erhöht und «Holzgeld» der Schüler abgeschafft.

1831. Neuerungen der Einsassen› oder Einwohnerschule: Ein Lehrer im Hauptamt und fürderhin auch im Sommer Schule. Einsassenschule nun für einige Jahre im Pfründerspital, Untergasse 45, untergebracht.

1833. Biel total 332 Primarschüler, nämlich: 154 Burgerschüler und 178 Einsassen (Einwohner)-Schüler (91 Tag- und 87 Nachtschüler).

1835. Erstes bernisches Primarschulgesetz, geschaffen durch Erziehungsdirektor Karl Neuhaus. Diesem Gesetz entsprechend, die Bieler Einsassenschule von 1840 hinweg Gemeinde-Primarschule genannt. - Damals 40% der Einsassenkinder Schüler der Burgerschule; für sie jedoch Entrichtung von Schulgeld Bedingung.

1845. Die Burgerschule (Knaben und Mädchen) nun, gemeinsam mit dem Progymnasium, im ehemaligen Johanniterkloster an der Schulgasse (Dufour-Ost), die Gemeinde-Primarschule dagegen im burgerlichen Schulhaus an der Untergasse (Café Cardinal).

1860. Errichtung der zwei ersten welschen Primarschulklassen.

1862. Errichtung einer dritten welschen Klasse; nun total 164 welsche Schüler.

1863. Sämtliche Mädchenklassen der Gemeinde-Primarschule mit 294 und der Burgerschule mit 86 Schülerinnen, total 380 Schülerinnen, das neu erstellte Schulhaus Dufour-West bezogen. - 1874 die Burger-Schülerinnen im Burgerschulhaus an der Unionsgasse übergesiedelt.

1880. Fusion der Burgerschule mit der Gemeinde-Primarschule; Schülerzahl der beiden Schulen damals total 1590, und zwar 26 deutsche Klassen mit 1030 Schülern und 14 französische Klassen mit 560 Schülern.

1889. Umzug sämtlicher Mädchen-Primarklassen aus dem Schulhaus Dufour-West ins neuerstellte Neumarktschulhaus.

1894. Neues Primarschulgesetz. Unter seinem Regime in der Folgezeit mancherlei Neuerungen: Knaben-Handfertigkeitsunterricht, Schülerbibliothek, Schülerspeisung, Schülerkleidung, Ferienheime für schwächliche und kränkliche Kinder, um 1908 Haushaltungsunterricht für Mädchen.

1910. Schaffung des städtischen Schularztamtes,

1913. Errichtung von Spezialklassen für Schwachbegabte.

1914. Die Bieler Primarschule 87 Klassen mit 3190 Schülern (1908 deutsche und 1282 Welsche).


2. Primarschule II. Ordnung: Einsassen-Nachtschule = Fabrik- oder Lehrlingsschule

«Nachtschüler waren Einsassenkinder, die tagsüber in der Fabrik oder daheim arbeiten und mitverdienen mußten und im Jahr 1821 die Erlaubnis erhielten, den Unterricht nachts zu besuchen. Später wurden in den Fabriken selber Nachtschulen eingerichtet, daher nun «Fabrikschulen››, auch «Lehrlingsschulen››, genannt.

1833. In der Indiennefabrik '70 Kinder beschäftigt; sie erhalten, nach 12stündiger Arbeitszeit, wöchentlich an 3 Tagen je abends 7 bis 9 Uhr Unterricht (also 6 Stunden in der Woche).

1836. In der Baumwollspinnerei und -Weberei Gurzelen 98 Kinder unter gleichen Bedingungen beschäftigt.

1845. Mindestalter der Fabrikschüler auf 9 Jahre festgesetzt.

1857. Mindestalter von 13 fahren und mindestens 12 Stunden Unterricht pro Woche vorgeschrieben, morgens 5-7 (Winter 6-8), abends 6-8 Uhr.

1877. Durchs eidgenössische Fabrikgesetz Mindestalter der Kinder auf 14 Jahre festgesetzt.

1882. Fabrikschule durch den bernischen Erziehungsdirektor Bitzius aufgehoben, durch seinen Nachfolger Gobat fürs 9. Schuljahr wieder erlaubt.

1894. Durchs neue Schulgesetz Fabrikschule auch in ihren letzten Spuren endgültig aufgehoben; ihre Schüler der Primarschule zugewiesen.


3. Gymnasium und Progymnasium


1816. Beschluß der Berner Regierung, für Biel und den Südjura in Biel ein Gymnasium zu errichten.

1817. Eröffnung des Gymnasiums, am 15. September, mit 3 Klassen, 5 Lehrern und 48 Schülern. Rektor: Pfarrer Appenzeller; Latein-, Griechisch- und Deutschlehrer: Pfarrhelfer Adam Friedrich Molz,

Bieldytsch-Dichter. - Gymnasium vorläufig untergebracht im Knabenschulhaus Untergasse 8. - Für die auswärtigen Schüler Pensionat, geführt durch Witwe Luise Blösch, Mutter von Landammann Blösch und Dr. Cäsar Blösch.

1818. Umzug des Gymnasiums von der Untergasse ins Spitalgebäude an der Hintergasse (ehemaliges Johanniterkloster), heute Schulhaus Dufour-Ost.

1821. Gründung eines Kadettenkorps als integrierenden Bestandteil des Gymnasiums. Ausrüstung mit Säbeln, Gewehren und 2 Kanönlein. Das Kadettenkorps im Jahr 1919 «entmilitarisiert und unter

der Leitung von Oberst Kipfer ins heutige «Jugendkorps» umgewandelt.

Um 1825. Blütezeit des Gymnasiums: Unter seinen Schülern mehrere künftige Wissenschafter von Weltruf: Graf Gobineau (Orientalist und Schriftsteller), Louis Agassiz (Zoologe und Gletscherforscher),

Eduard Desor (Naturforscher), Alexander Schweizer (Theologe).

1829-1836. Niedergang des Gymnasiums: Zwistigkeiten Weltanschaulicher Art im Lehrerkollegium. Mehrere Lehrer - in ihrem Beruf die tüchtigsten - übereifrige Politiker: August Weingart (später Buchdrucker in Bern, Nationalrat); ferner deutsche politische Flüchtlinge: Karl Mathy (später Ehrenbürger von Grenchen, hernach badischer Ministerpräsident), Ernst Schüler (später Gründer

der Uhrenindustrie in Biel, Gemeinderat und Posthalter von Biel, Gründer einer Buchdruckerei), Ernst Rochholz (später an der Kantonsschule Aarau, Germanist und Historiker). -Burgerrat Dr. Nieschang heftigster Gegner des Gymnasiums. - Rückgang der Schülerzahl auf 40 (von 90 um 1825).

1836. Aufhebung des Gymnasiums, ersetzt durchs Progymnasium. Dieses am 1. November eröffnet mit 70 Schülern und 7 Lehrern. Bis 1889 im Schulhaus Dufour-Ost.

1880-1887. Am Progymnasiurn Errichtung eines zweiten Klassenzuges

von der 5. bis 2. (später bis 1.) Klasse.

1887-1917. Jakob Wyss Rektor des Progymnasiums und, von 1902 an, des Gymnasiums.

1889. Umzug des Progymnasiums (9 deutsche Klassen mit 227 Schülern) aus dem Knabenschulhaus Dufour-Ost ins bisherige Mädchenschulhaus Dufour-West.

1891-1897. Errichtung eines französischen Klassenzuges (5 Klassen) am Progymnasium.

1902-1905. Ausbau des Progymnasiums zum Gymnasium. Herbst 1905 erste Maturitätsprüfung (20 Maturanden).

1904-1907. Errichtung eines dritten deutschen Klassenzuges von der 5. bis zur 2. Klasse des Progymnasiums.

1909-1911. Schaffung eines zweiten französischen Klassenzuges von der 5. bis zur 2. Klasse.

1908-1910. Bau des Gymnasiumsgebäudes an der Alpenstraße. Gesamte Baukosten (Turnhalle, Stützmauern, Pasquart-Treppe, Schulhof usw. inbegriffen): 802 367 Franken.

1910. Umzug ins neue Gymnasiumsgebäude: 24 Klassen mit 640 Schülern.

1917. Reorganisation des Gymnasiums: Auflösung in 3 selbständige Anstalten:

a) Gymnasium, 3 Unter- und 4 Oberklassen mit total 153 Schülern.

b) Deutsches Progymnasiurn, 12 Klassen mit 368 Schülern,

c) Französisches Progymnasium, 9 Klassen mit 231 Schülern.

Gesamte Anstalt: 28 Klassen, 36 Lehrer, 752 Schüler. - Jede der drei Abteilungen ein eigenes Rektorat; dagegen alle dieselbe Schulkommission.

4. Die Mädchensekundarschule


1871. Die Mädchensekundarschule der Einwohnergemeinde am 31.0ktober eröffnet, mit 2 deutschen Klassen, 2 Lehrern und einer Lehrerin und 68 Schülerinnen. Im folgenden Jahr, 1872, eine dritte deutsche Klasse errichtet.


1877. Errichtung einer französischen Mädchen-Sekundarschulklasse; im Laufe der kommenden Jahre weitere französische Klassen.


1880. Fusion mit der burgerlichen Mädchenschule und ausgebaut auf 5 deutsche Klassen; damit bleibende Wohnstätte gesichert im burgerlichen Mädchenschulhaus an der Unionsgasse (erbaut 1874).


1882. Schaffung einer Handelsklasse für Mädchen, der Mädchensekundarschule angegliedert. (Weitere Entwicklung siehe unter Berufsschulen 1)

1890-1912. Parallelisierung der deutschen und französischen Klassen. Infolge des dadurch entstandenen Platzmangels immer mehr Klassen in andere Schulhäuser verlegt: zuerst ins Dufourschulhaus, von 1906 an ins neuerbaute Schulhaus Neuengasse und ins Plänkeschulhaus.


1910. Einführung des Haushıaltungsunterrichtes.


1914/15. Mädchensekundarschule insgesamt 13 deutsche Klassen mit 378 und 9 französische Klassen mit 224 Schülerinnen, total 22 Klassen mit 602 Schülerinnen und 28 Lehrerinnen und Lehrern (Hilfslehrer inbegriffen).

III. PERIODE: 1920-1951


1920. Infolge der Eingemeindungen von Bözingen, Mett und Madretsch in den Jahren 1917-1920 die Zahl der Bieler Schulklassen angestiegen: Primarschule von 103 auf 125, Sekundarschulen und

Progymnasien von 51 auf 61. (Die 1902 und 1903 in Bözingen und Madretsch errichteten zwei-, später dreiklassigen Sekundarschulen sofort nach der Eingemeindung zu fünfklassigen Sekundarschulen ausgebaut.)


1921. Schaffung der Städtischen Schuldirektion und einer Zentralschulkommission für sämtliche Schulen der Gemeinde. - Einteilung des Stadtgebietes in 4 Primarschulkreise mit selbständigen Schulkommissionen.

1921-1930. Einführung der obligatorischen Schülerversicherung, der Schulzahnpflege und des Schulkinos, und zwar für alle Schulen des schulpflichtigen Alters.

1922 und 1951. Klassen- und Schülerzahlen sämtlicher Bieler Schulen des schulpflichtigen Alters in den Schuljahren 1922/23 und 1951/52:

Tabelle S.40

 Dabei die Einwohnerzahl in der gleichen Periode von rund 35 000 auf 49 000 gestiegen!


1951. Neues bernisches Primarschulgesetz: Mit überwältigendem Mehr (81 238 Ja gegen 22 880 Nein) in der Volksabstimmung vom 2. Dezember 1951 angenommen. Die im Gesetz enthaltenen Neuerungen an der Bieler Primarschule größtenteils schon verwirklicht. Immerhin auch für Biel neu: l. Keine Austrittsexamen mehr möglich nach absolviertem 8. Schuljahr. 2. Bedingung zum Schuleintritt für alle Kinder:
Zurückgelegtes 6. Altersjahr vor dem 1. Januar (Mindestalter also 6 1/4 Jahre).

1952

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