Bendicht Beppet
Eine typische Gestalt der aus den Feldzügen des Burgunderkrieges heimkehrenden aufsässigen Jungmannschaft war Bendicht Beppet, Sproß eines alten Bieler Geschlechts und früh Mitglied des Rates. In jungen Jahren schon machte er durch sein ungebärdiges Wesen von sich reden und hatte sich deswegen vor dem Rat zu verantworten. Er drohte sogar, die Stadt anzuzünden, worauf er gefänglich eingezogen wurde. Auf Fürbitte seiner Familie freigelassen, ging er ins Ausland. Wieder zurück, beschimpfte er den Fürstbischof, indem er zu Bözingen das bischöfliehe Wappen anspuckte und sich äußerte, daß er den Bischof weder als seinen noch als der Stadt Herrn anerkenne. Deshalb gebüßt und bei den Ratswahlen übergangen, setzte er es mit Hilfe seiner zahlreichen Anhänger durch, daß ihm die Buße zum Teil erlassen und er wieder in den Rat aufgenommen wurde.
Kaum war dieser Handel erledigt, so hob ein neuer an, der während zwanzig Jahren allen Beteiligten und namentlich der Stadt Biel schlimme Umtriebe und große Kosten verursachte und nicht nur in Biel, sondern auch in Bern böses Blut machte, sogar die Tagsatzung beschäftigte. Anlaß dazu gab eine Forderung von 1000 Pfund, die Beppet an den Vorsteher des Cluniazenserpriorates Vaucluse hatte und wofür ihm dieser die Verwaltung des Priorates mit seinen Gefällen übergeben hatte. Unter der kundigen und tatkräftigen Leitung Beppets verbesserte sich die Lage des verarmten Priorates rasch. Als nun der Vorsteher sein Amt niederlegte, erschien der vom Papst ernannte Nachfolger in Abwesenheit Beppets und verlangte vom Schaffner die Auslieferung des aufgespeicherten Korns, entnahm dem Kirchengut 1100 Gulden und machte sich mit der Beute davon.
Von dem erzürnten Beppet mit den Waffen bedroht, wandte sich der merkwürdige Kirchenmann an den Rat von Biel mit dem Ersuchen, zwischen ihm und Beppet zu richten. Der Rat entschied, daß Beppet gegen eine Entschädigung von 900 Pfund seine Rechte über das Kloster aufzugeben habe. Da sich weder Beppet noch der Prior an den Spruch hielten, entstanden daraus Weiterungen und neue richterliche Entscheidungen, die jedoch der gleichen Mißachtung verfielen.
Weil Beppet nach seiner Meinung kein Recht finden konnte, suchte er sich selber solches zu verschaffen. Wie es zu jener Zeit üble Gewohnheit der Gewaltmensehen war, sammelte er eine Schar ihm ergebener Gesellen, brach mit ihnen in Burgund ein, bemächtigte sich des festen Schlosses Franquemont und plünderte und verwüstete von hier aus das umliegende offene Land. Da auf seinen Raubzügen auch Leute des Grafen von Neuenburg zu Schaden gekommen waren, klagte dieser beim Bischof von Basel, der, dem Treiben gegenüber selber ohnmächtig, die Sache vor Schultheiß und Rat von Bern brachte. Auf deren Warnung und Mahnung ließ Beppet endlich ab und kehrte nach Nidau zurück, wo er schon vorher Wohnsitz genommen hatte, weil ihm Biel verleidet war. Aber auch jetzt gab er keine Ruhe. Bei jeder Gelegenheit schimpfte er auf den Rat von Biel, in dem Schelmen und Diebe saßen. Abermals in Bern verklagt, mußte Beppet förmlichen Widerruf tun und die ergangenen Kosten bezahlen.
Weil der Stadtschreiber Seriant gewöhnlich die Stadt vertreten und auf die Klagen Beppets antworten mußte, sah dieser in ihm den persönlichen Widersacher und beschuldigte ihn, daß er beim Zeugenverhör nur aufgezeichnet habe, was zu seinem, Beppets, Nachteil sei, und schalt ihn einen schlechten Schreiber, der falsche Protokolle führe. Seriant zog ihn deswegen in Nidau vor Gericht, und Beppet wurde verurteilt. Das Urteil konnte jedoch nicht vollstreckt werden, weil Beppet entwich und 1493 in den Dienst des Kaisers Maximilian trat. Während seiner Abwesenheit verbreitete sich das Gerücht von seinem Tode, was Seriant und die Stadt veranlaßte, auf seine Güter zu greifen. Beppet, der das vernahm, wandte sich mit einer Beschwerde an den Kaiser, bei dem er in hoher Achtung stand. Von ihm, des Reiches Oberhaupt, erwartete er Schutz und Hilfe. Meier und Rat wurden 1496 vor das Reichskammergericht geladen, um sich zu verantworten. In Biel wurde das Begehren übel aufgenommen, «weil den Freiheiten der Stadt zuwider», und die Stadt erwirkte auf der Tagsatzung in Luzern den Beschluß, den Beppet, ungeachtet des kaiserlichen Geleitbriefes, beim Betreten des Landes zu verhaften.
Um aber der Sache ein Ende zu machen und Ruhe zu haben, wurde sie nochmals vor den Rat von Bern gebracht. Auf Grund einer neuen Kundschaft, das heißt einer neuen Abhörung von Zeugen, wurde Biel in die Bezahlung der ergangenen Kosten und Seriant in die völlige Schadloshaltung Beppets verfällt. Von diesem Ausgang betroffen, verlangte die Stadt von ihrem Schreiber die Erstattung aller Kosten. Dagegen verwahrte sich Seriant, da er immer nur im Namen und Auftrag der Stadt und für sie gehandelt habe. Er legte sein Amt als Stadtschreiber nieder und verzog sich nach Solothurn.
Nachdem die leidige Sache noch wiederholt auf den Tagsatzungen zur Sprache gekommen war, wurde sie im Jahre 1501 zur endgültigen Entscheidung an den Rat von Freiburg gewiesen. Nach dem gefällten Spruch mußte die Stadt Biel zusammen mit Seriant in Freiburg zuhanden des Beppet 1300 Pfund hinterlegen, wogegen dem Seriant wieder zu den Gütern verholfen werden sollte, die ihm Beppet genommen hatte. Bendicht Beppet starb wenige Jahre später in Bern, Hans Seriant erwarb in Solothurn das Bürgerrecht - und die Stadt Biel zahlte die großen Kosten, die sie durch ihre Schwäche mindestens mitverschuldet hatte.
In Biel atmete man beim Tode Beppets erleichtert auf; mit ihm verschwand ein Mann, der dank seiner Gaben berufen gewesen wäre, seiner Vaterstadt in verworrenen Zeitläufen nützliche Dienste zu leisten, den aber statt dessen Streitsucht und Zuchtlosigkeit zu einem Schädling an der Stadt werden ließen.