Rechtsordnung und Rechtspflege «Die Zünfte»
Der Schutz gegen außen und das richterliche Urteil im Innern waren die frühesten Betätigungen der öffentlichen Gewalt. Aber immer machten die Bischöfe der Stadt die hohe Gerichtsbarkeit streitig, bis im Jahre 1468 Bischof Johann von Venningen «in Betracht der guten Dienste, welche die Bieler ihm und seinen Vorfahren getan, und in der Hoffnung, daß sie dieselben auch in Zukunft leisten werden», ausdrücklich auf diese Rechte verzichtete und sie mitsamt einem Anteil an den Bußen der Stadt überließ.
Gerichtet wurde nach der Handfeste und nach dem Herkommen vom Rat unter dem Vorsitz des Meiers. Eine Teilung der Gewalten unter Ausscheidung der gesetzgebenden, ausführenden und richterlichen Befugnisse war, wie bereits gesagt, unbekannt. Die Geldstrafen waren im Vergleich zum Geldwert hoch und bildeten eine erhebliche Einnahme im Haushalt der Stadt. An dem Rechte, einen überführten Sünder köpfen oder henken zu können, war dieser um so mehr gelegen, als darin ein Zeichen der Souveränität erblickt wurde.
Die Gewerbepolizei war Sache der Zünfte. Jeder Bürger mußte sich von der Zunft aufnehmen lassen, in die ihn sein Beruf verwies. Es gab deren acht:
1. Pfauen, 2. Rebleute, 3. Waldleute, 4. Gerber, 5. Pfister, 6. Schuhmacher, 7. Fischer, 8. Metzger - Gerber und Metzger vereinigten sich später in der Gesellschaft zu Gerbern und Metzgern. Das ganze gewerbliche Leben der Stadt war an die Zünfte und ihre für alle Gewerbegenossen verbindlichen Ordnungen gebunden.
Die Zünfte hatten nicht nur handwerkliche, sondern auch politische und militärische Bedeutung. Als militärische Einrichtung hatten sie im Verhältnis zur Zahl ihrer Mitglieder Auszüger zu stellen und verfügten über Kriegsgerät. Dazu hatte jede Gesellschaft ihr eigenes Vermögen und die Reisbüchse zur Besoldung der von ihr gestellten Mannschaften.
Mit der Zeit machte sich die Verwaltung des Gemeinwesens deutlicher bemerkbar, indem sie regelnd in das Wirtschaftsleben eingriff. Im Vordergrund stand der Weinbau. Der Wein war in unsern Städten bis tief in die Neuzeit hinein nicht nur ein Genußmittel, sondern galt als lebenswichtiges Getränk. Das Wassertrinken hielt man für gesundheitsschädlich. Die Obrigkeit hatte also dafür zu sorgen, daß die Bürger einen unverfälschten und nicht zu teuren Wein zu trinken bekamen. Sie setzte den Preis des Weines fest. Fremder Wein durfte nur mit ihrer Bewilligung eingeführt und verkauft werden. Anderseits war die Stadt, die direkte Steuern nur ausnahmsweise erhob, auf allerlei Abgaben, besonders Verbrauchssteuern, angewiesen. Beiden diente eine strenge Markt- und Kellerkontrolle. Der Rat sorgte auch dafür, daß die Gemeinde keinen Mangel litt, weder an Brot noch Fleisch. Wie das Brot in der allgemeinen Brotschal, mußte das Fleisch in der ebenfalls der Stadt gehörenden Fleischschal ausgelegt und zum Verkauf angeboten werden. Es war den Bäckern wie den Metzgern untersagt, ihre Ware im eigenen Haus zu verkaufen. Die Metzger, deren Zahl beschränkt war, durften ihren Beruf nur mit behördlicher Erlaubnis ausüben und waren gehalten, die Gemeinde das ganze Jahr mit gutem Fleisch zu versehen, und zwar zu einem Preis, der von vereidigten Schätzern bestimmt wurde. Von schöner Fürsorge zeugt die Vorschrift, schwangere Frauen und Kinder vor andern Kunden zu bedienen und den Armen ebenso gutes Fleisch zu geben wie den Reichen. Auch auf eine ausreichende Milchversorgung war der Rat bedacht.