Rudolf Hofmeister

(Nach Richard Feller «Geschichte Berns»)

So spärliche Kunde wir von Rudolf Hofmeister haben, so genügt das wenige, um das Außerordentliche seines Wesens zu erkennen. Seine Familie gehörte dem Dienstadel des Bischofs von Basel an und hieß Gräfli. Der Vater diente dem Bischof als Hofmeister und nahm vom Amt den neuen Namen an. Der Sohn Rudolf Hofmeister wurde 1375 in Biel geboren. Während eines Jahrzehnts verwaltete er als bischöflicher Meier seine Vaterstadt und tat sich als gewandter Unterhändler und Vermittler hervor. Er gehörte zu den Wohltätern des Spitals in Biel. Daß er auch den 1451 in Angriff genommenen Bau der Stadtkirche förderte, ergibt sich aus einem Schlußstein im Gewölbe des südlichen Seitenschiffes, der das Wappen Hofmeisters und das seiner Frau Cäcilia von Reinach zeigt. In Biel bewohnte Hofmeister das letzte Haus auf der Südseite der Obergasse. 1458 verkaufte es die Wtwe Hofmeisters dem Bischof von Basel, der es seinen Meiern als Amtswohnung zur Verfügung stellte.

Dem hochgestimmten Manne, der von der Zukunft eines Staates eine deutliche Vorstellung gehabt zu haben scheint, konnte die Enge Biels nicht genügen, und er entzog sich ihr 1417 durch seine Übersiedlung nach Bern. Er kam rasch in die Ämter, zu Ostern 1418 wurde er zum Schultheißen erhoben, und zwar setzte die Bürgerschaft seine Wahl gegen die alten Geschlechter durch.

Im obersten Amt entwickelte Hofmeister gleich eine Überlegenheit, vor der das Gesetz vom jährlichen Schultheißenwechsel in Vergessenheit fiel, so daß er die Würde 28 Jahre ununterbrochen bekleidete. Als Vertreter Berns gewann er bald eidgenössisches Ansehen, sein Rat war gesucht, in zahlreichen Handeln ließ er seine Gabe zum Vermitteln spielen und war ein gern gehörter Tagsatzungsredner, ohne den nichts Wichtiges geschah. Er stieg zum ersten Mann in der Eidgenossenschaft auf.

Hofmeister war seiner harten Zeit weit voraus und zeichnete sich durch Milde aus. Er verwarf die Folter und meinte, es sei besser, zehn Schelmen Barmherzigkeit zu gewähren, als einen Unschuldigen leiden zu lassen Er verzichtete den aufkommenden Kleiderprunk und trug sich schlicht und einfach.