Das Gemeindegesetz von 1852 - Der Ausscheidungsvertrag

Den weiter oben geschilderten Mißhelligkeiten zwischen den Einwohner- und den Burgergemeinden, die ihre Ursache in der unklaren Abgrenzung der beidseitigen Aufgaben und Befugnisse hatte, suchte das Gemeindegesetz von 1852 auf zwei Arten abzuhelfen: entweder durch die Vereinigung der Einwohner- mit der Burgergemeinde zu einer sogenannten gemischten Gemeinde mit gemeinsamer Verwaltung oder durch eine reinliche Vermögensausscheidung zwischen den beiden Gemeinden. In diesem Falle sollte die Zweckbestimmung sämtlicher Gemeindegüter ermittelt und festgestellt werden, ob und in welchem Umfange sie einem öffentlichen und allgemeinen oder einem rein burgerlichen Zwecke dienten und als Privateigentum der Burgergemeinde zu betrachten waren. Eigentum und Verwaltung der Güter mit allgemeinem örtlichem Zweck hatten an die Einwohnergemeinde überzugehen.

Die Burgergemeinde Biel lehnte die Bildung einer «gemischten Gemeinde» ab. Bei dem zwischen den beiden Gemeinden abgeschlossenen Ausscheidungsvertrag zog die Einwohnergemeinde insofern den kürzeren, als sich die Burgergemeinde den Besitz der ausgedehnten, von ihr in der Folgezeit übrigens musterhaft verwalteten Wälder und großen Berggüter zu wahren wußte.

Der Ausscheidungsvertrag gründete auf mutmaßlichen künftigen Ausgaben der Einwohnergemeinde von 20132 Franken im Jahre, die nach dem Durchschnitt der letzten sechs Jahre berechnet wurden, und auf mutmaßlichen Einnahmen von 21464 Franken. Demnach glaubte man nicht nur ohne direkte Steuern auskommen zu können, sondern noch 1332 Franken für Unvorhergesehenes zur Verfügung zu haben - eine Rechnung, die, wie sich bald zeigen sollte, ohne den Wirt gemacht war. Glücklicherweise, denn die Rechnung war ganz auf Sein und Erhalten gestimmt, wo doch alles schon zum Werden und Wachsen drängte. Sie wäre nur dann aufgegangen, wenn sich an Biel die Tragik einer stillstehenden, untätigen und absterbenden Stadt erfüllt hatte. Merkwürdig, daß die klugen Unterhändler sich so kurzsichtig erwiesen und sich so sehr verrechnen konnten.

Schon das Budget für 1857 wies einen Ausgabenüberschuß von mehr als 7000 Franken auf, und nun war die Erhebung einer Telle oder Steuer nicht mehr zu umgehen. Es nützte nicht viel, daß die bittere Pille mit der Feststellung verzuckert wurde, daß «Handel und Industrie sich zusehends heben, der allgemeine Wohlstand sich vermehre und die Bevölkerung stark zunehme», die Pille wurde nur widerstrebend geschluckt. Es brauchte drei Anläufe, um das der Gemeinde vorgelegte «Tellreglement» endlich unter Dach zu bringen.