Der Fall Dr. Knobel
Die Ordnungstruppen waren kaum entlassen, so entzündeten sich an dem nie ganz abgeklärten Tod des Arztes Dr. Knobel die politischen Leidenschaften in der entzweiten Stadt von neuem. Eduard Knobel, aus Luzern gebürtig, ein früherer Franziskanermönch, dann zum reformierten Glauben übergetreten, Teilnehmer am zweiten Freischarenzug, hatte sich als Arzt in Nidau niedergelassen. Sein ansehnliches Äußere und eine gewisse Beredsamkeit hatten ihn zu einem Führer der radikalen Seeländer gemacht.
Dieser Mann fand in einer Sturm- und Gewitternacht, aus dem Wirtshaus kommend, den Tod in der Zihl beim Schloß Nidau. Sofort verbreitete sich das Gerücht, an Knobel sei ein politischer Mord verübt worden, mit dem die «Jurazeitung» natürlich die Konservativen belastete. Der maßlose politische Haß schien sogar das Urteil der vom Gericht zu gezogenen Ärzte verwirrt zu haben. Während die einen keine Spur von Gewalttat am Leichnam entdecken wollten, behaupteten die andern das Gegenteil. Die gerichtliche Untersuchung verlief erfolglos, es waren keine Täter zu ermitteln. Die ungeheure Erregung, die sich der Bevölkerung bemächtigt hatte, entlud sich in gegenseitigen Beschuldigungen und in einem heftigen Zeitungs- und Broschürenkrieg, ein Presseprozeß löste den andern ab.