Urnenabstimmung, Stadt- und Gemeinderat

Die starke Bevölkerungsvermehrung hatte zur Folge, daß die Gemeindeversammlungen je länger je weniger die Gesamtheit der stimmberechtigten Bürger vertraten. Eine vorschriftsmäßig einberufene Gemeindeversammlung ist immer beschlußfähig, sie mag noch so schwach besucht sein. Ein ungleicher Besuch der Versammlungen erschwert einen festen politischen Kurs. In sehr großen Gemeinden stößt zudem die Versammlung aller Stimmberechtigten auf Schwierigkeiten, weil vielenorts geeignete Räume fehlen, abgesehen davon, daß allzu große Versammlungen einer ordnungsmäßigen Abwicklung der Geschäfte nicht günstig sind. Mit deren Zunahme und dem beschleunigten Rhythmus des öffentlichen Lebens meldete sich auch das Bedürfnis nach einer rascheren und weniger umständlichen Erledigung. Die Lösung wurde in einer Aufteilung der Befugnisse gefunden. Während ganz wichtige, an die Grundrechte des Bürgers rührende Angelegenheiten der Abstimmung an der Urne vorbehalten sind, berät und entscheidet über alle andern Geschäfte eine Art Delegiertenversammlung, Stadtrat genannt.

In Biel vollzogen sich der Übergang von der Gemeindeversammlung zur Urnenabstimmung und die Einführung des Stadtrates in seiner jetzigen Gestalt im Jahre 1893. Sein Vorläufer von 1874, als Bindeglied zwischen Gemeinderat und Gemeindeversammlung gedacht, war mehr nur begutachtende Instanz. Der Stadtrat bestand von Anfang an aus der festen Zahl von 60 Mitgliedern, die seit 1908 nach dem Verhältniswahlverfahren (Proporz) bestellt werden. Der aus neun Mitgliedern gebildete Gemeinderat (Exekutive) setzte sich bis 1908 aus dem Stadtpräsidenten im Hauptamt und acht Gemeinderäten im Nebenamt zusammen; von 1909 bis 1919 aus drei ständigen Gemeinderäten (im Hauptamt) und sechs im Nebenamt, seit 1949 aus fünf ständigen und vier nichtständigen Mitgliedern. Die ständigen Mitglieder dürfen neben ihrem Amt keinen andern Beruf ausüben, die vier nichtständigen Mitglieder amten als Beisitzer. Die Stadtverwaltung ist in sechs Direktionen aufgeteilt: Polizeidirektion, Finanzdirektion, Fürsorgedirektion, Schuldirektion, Baudirektion und Direktion der industriellen Betriebe. Polizeidirektion und die Direktion der industriellen Betriebe sind in einer Hand vereinigt. Dem Stadtpräsidenten ist außer der Präsidialabteilung (Stadtkanzlei, Archiv, Statistisches Amt und Einkaufszentrale) gegenwärtig die Polizeidirektion zugeteilt.

Der Gemeinderat vertritt die Gemeinde nach außen und besorgt die Verwaltung innerhalb der ihm nach Gemeindegesetz und Gemeindeordnung zustehenden Befugnisse. Der Stadtrat ernennt die Chefbeamten und die Primarlehrer. (Die Lehrer an den Mittelschulen werden von den Schulkommissionen gewählt.) Er behandelt alle Geschäfte, die nicht in die Zuständigkeit des Gemeinderates fallen, und beschließt über Aufwendungen bis zum Betrage von 400000 Franken. Ihm obliegt auch die Vorbereitung der Geschäfte, die der Gemeindeabstimmung unterliegen.

 

 

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