Während des Deutsch-Französischen Krieges 1870/ 71
Als dem Bundesrat klar wurde, daß der Krieg unvermeidlich war, ließ er die Regierungen Frankreichs und des Norddeutschen Bundes wissen, daß er fest entschlossen sei, die schweizerische Neutralität mit allen Mitteln zu wahren. Er bot fünf von den neun Divisionen der Armee auf und stellte die übrige Mannschaft des Auszuges auf Pikett. Dieser ungewöhnliche Krafteinsatz verlieh der Neutralitätserklärung den nötigen Nachdruck. Die Bundesversammlung wählte den Obersten Hans Herzog aus Aarau zum Oberbefehlshaber.
Mit begreiflicher Spannung verfolgte man in Biel wie in der übrigen Schweiz den Gang der Kämpfe, und als der General das Aufgebot und die Verschiebung der 4. Division in die Gegend von Biel verfügte, bemächtigte sich der Bevölkerung eine fieberhafte Aufregung. Kirche, Schulhäuser und Turnhallen wurden mit Beschlag belegt, im Schützenhaus ein Militärspital eingerichtet. Es bildete sich sogleich eine freiwillige Schützenkompanie, und ein Hilfsverein sammelte Gaben zur Unterstützung der aus dem belagerten Straßburg geretteten Frauen, Kinder und Greise.
Schon im Laufe des Monats Januar 1871 trafen die ersten versprengten französischen Soldaten in Biel ein und wurden nach Verpflegung und kurzem Aufenthalt nach Thun weiterbefördert. Am 1. Februar begann über die tief verschneiten Jurapässe der Übertritt der geschlagenen und von den Deutschen gegen die Schweizer Grenze gedrängten Ostarmee, rund 90‘000 Mann mit Troß und Pferden. Zwei Tage dauerten der Einmarsch und die Entwaffnung der völlig erschöpften, halb verhungerten und erfrornen und gänzlich kampfunfähigen Truppen.
Ungefähr 30000 dieser Unglücklichen zogen durch Biel, wo sie von Behörden und Bevölkerung aufs wohlwollendste aufgenommen und gepflegt wurden. Wegen der von kranken Soldaten eingeschleppten Pocken sah sich die Stadt gezwungen, ein Blatternhaus einzurichten. Die internierten Franzosen blieben bis zum März im Land, hierauf konnten sie nach Frankreich zurückkehren.