Der Bahnhofstreit
Die einsetzende industrielle Entwicklung der Stadt und andere materielle Aufgaben, hauptsächlich die Eisenbahnfrage, Straßenbauten in- und außerhalb der Stadt und die Juragewässerkorrektion beschäftigten die Geister und lenkten vom unfruchtbaren Parteihader ab, wenn sie auch selbst wieder Gegensätzen riefen. So trat Gemeindepräsident Dr. Cäsar Bloesch von seinem Amt zurück, weil «seine Anschauungsweise in Finanzsachen und in der Bahnhofangelegenheit mit der der Mehrheit des Rates nicht übereinstimme››. Das erste Projekt, das der Gemeinderat schon 1853 ausarbeiten ließ, sah ein großes Hafenbecken in Verbindung mit einem Bahnhof nördlich des Schüßkanals vor, scheiterte aber an den großen Kosten und an der noch unabgeklärten Lage des Bahnhofs.
Als es darum ging, Biel an das entstehende schweizerische Eisenbahnnetz anzuschließen, gab es hier noch genug Leute, die dem «Teufelszeug» mißtrauten, und als am 10. Mai 1857 der erste Eisenbahnzug von Herzogenbuchsee-Solothurn her qualmend und pustend in den provisorischen Bahnhof am Obern Quai einfuhr, war durchaus nicht jedermann davon beglückt. Eine kurze Gleisstrecke stellte die Verbindung mit der Dampfschiffstation her, von wo die Reise mit dem Schiff bis Yverdon weiterging. Mit der 1860 erfolgten Eröffnung der Linie Biel-Neuenstadt war die durchgehende Bahnverbindung über Neuenburg nach Genf hergestellt. Der regelmäßige Schiffsverkehr fiel weg.
Die Eröffnung der Berner Linie und die Bestrebungen für eine Jurabahn erwiesen die Notwendigkeit eines neuen, gemeinsamen Bahnhofs. Der von der Bernischen Staatsbahn ausersehene Standort auf den Nidaumatten verursachte in Biel große Aufregung. Dem Drucke der Bewohner der Altstadtnachgebend, erhob der Gemeinderat Einsprache und verlangte, daß der neue Bahnhof in die Nähe des provisorischen Bahnhofs der Zentralbahn am Obern Quai gerückt werde und das Aufnahmegebäude quer zur Nidaugasse zu stehen komme, um auf diese Weise den Zugang vom und zum Stadtinnern abzukürzen. Allein die Regierung hielt, zum großen Verdruß der Bieler, am Plan der Staatsbahn fest, was einen wahren Sturm von Eingaben auslöste. Der Gemeinderat ließ sich zu einer Beschwerde an den Bundesrat verleiten und forderte die Aufhebung des Beschlusses der Staatsbahn. Der Bundesrat trat, weil nicht zuständig, auf die Beschwerde nicht ein, worauf der Gemeinderat an den Großen Rat gelangte. Dieser wies die Beschwerde ziemlich schroff ab, weil die Staatsbahn allgemeine und nicht rein örtliche Interessen zu wahren habe - eine verdiente Lektion für den schwachen Gemeinderat.