Eine verarmte und zerrüttete Stadt

Die ihnen von den Franzosen verheißene Menschwerdung kam die Bieler teuer zu stehen. Sie, die vordem von Steuern und Abgaben nicht eben geplagt waren, machten nun Bekanntschaft mit einem Steuersystem, das auf jede ersinnliche Weise das Geld aus den Taschen der Bürger in die bodenlose Kriegskasse Napoleons pumpte. Handel und Gewerbe siechten unter den überspannten französischen Schutzzöllen dahin. Es kostete beispielsweise ein Pfund Kaffee in Biel 40 Batzen, im nahen Nidau 8 Batzen. Umso einträglicher erwies sich der Schmuggel, was Biel den Ruf eines richtigen Schmugglernestes eintrug. Zusammenstöße zwischen den Schmugglern und den bei der Bevölkerung verhaßten Zöllnern waren nicht selten. Dem allgemeinen Krebsgang entging einzig die Baumwollindustıie, der die Kontinentalsperre, indem sie die englischen Gewebe fernhielt, zu vorübergehendem Gedeihen verhalf.

Die Verteilung der Gemeindegüter hatte die Stadt ihres Vermögens und des daraus fließenden Einkommens beraubt, so daß selbst für die allerdringendsten Aufgaben das Geld fehlte. Die Einführung einer freiwilligen Vermögenssteuer scheiterte am Widerspruch der Betroffenen; erst mit Hilfe eines octroi, das heißt einer Auflage auf allem in der Stadt verbrauchten Getränk und Fleisch, gelang es, die Einnahmen mit dem äußerst bescheidenen Ausgabenbudget von 6000 oder 8000 Franken ins Gleichgewicht zu bringen. Daß damit herzlich wenig ausgerichtet werden konnte, liegt auf der Hand, und es ist nicht verwunderlich, daß der Zustand der Straßen und öffentlichen Gebäude unter diesen Verhältnissen litt. Bei der Unsicherheit der Zeitläufe mochte überhaupt niemand etwas Rechtes unternehmen; gegen das Ende der französischen Herrschaft soll es in der ganzen Stadt geradezu nach Verfall ausgesehen haben. Dafür trugen die Häuser jetzt Nummern...

So tiefe Schatten die Fremdherrschaft auch auf die Stadt warf, ganz ohne hellere Seite war sie nicht. Sie schreckte die Bieler aus ihrer Selbstgenügsamkeit auf und ließ sie an den neuen politischen und sozialen Ideen teilnehmen, die die Welt revolutionierten. Die Erfüllung blieb freilich einer späteren Zeit vorbehalten. Ein Vorzug der neuen Verwaltung bestand in der Polizei, die für Ordnung in einer Weise sorgte, wie sie früher in Biel unbekannt war. Durch die französischen Beamten erhielt das gesellschaftliche Leben etwelchen Auftrieb. Da Französisch die Amtssprache war, gab es den Ton an.

 

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