keltisch - römische Ortsnamen

Eine Hauptquelle der frühern Geschichte eines Landes eröffnet sich in der Be-
kanntschaft mit der Bedeutung derjenigen Namen, mit denen einst die Berge, die
Thäler und Gewässer. der urbar gemachte und bewohnte. sowie der unbenutzt gelassene Boden, die Völkerschaften und die einzelnen Familien und Geschlechter
derselben bezeichnet wurden. Eine derartige Arbeit, die ein ganzes Kantonsgebiet
umfasste, ist unsers Wissens bis anhin nur für den Kanton Zürich unternommen
worden. und zwar hat sich auch diese bloss mit den Namen alemannischer Herkunft
beschäftigt 1);

das übrige Gebiet der alemannischen, sowohl als die ganze übrige Schweiz. liegt noch völlig brach und harret des Arbeiters der den begrabenen Schatz aus Licht des Tages fördere. Sehr verdienstlich wäre vor allem eine Sammlung derjenigen Namen, die von den alten Kelten (Gallier, Helvetiern) , welche Jahrhunderte lang unser Land bewohnten ehe die Römer von demselben Besitz nahmen, von den Rätiern (Etruskern, Rasenern) und von den Römern selbst (die romanischen Namen) herstammen; der Spuren sarazenischer Benennungen gedenkt die Geschichte des Einfalles der Sarazenen in der Schweiz während des X. Jahrhunderts (XI. Band der Mittheilungen der antiquarischen Gesellschaft. 1856. 1 Heft) von Dr. F. Keller.
1) Die Ortsnamen des Kantons Zürich; aus den Urkunden gesammelt und erläutert von Dr. H.Meyer 1849.

Um wo möglich die Aufmerksamkeit auf dieses anziehende Gebiet sprachlicher
und geschichtlicher Forschung zu lenken, wollen wir hier nur diejenigen Namen-,
vielmehr nur eine Anzahl derselben-anführen, welche die Römer bei der Eroberung des alten Helvetiens als Benennungen von Niederlassungen der über unser ganzes Land verbreiteten keltischen Bevölkerung vorfanden, Benennungen welche dann von den Römern mit ihrer eigenen Sprache in Uebereinstimmung gebracht d. h. romanisiert oder latinisiert und so mehr und minder verändert wurden; es hat sich dies auf ähnliche Weise begreiflich, in nachfolgender Zeit, auch durch die alemannischen und burgundischen Völkerschaften wiederholt.
Es sind uns auf römischen Inschriften, Münzen oder bei römischen Schriftstellern
unter andern folgende keltische Ortsnamen, - sei es nun diese selbst oder, was auf dasselbe herauskommt, die von den Ortsnamen hergeleiteten Namen der Bewohner-, erhalten worden. (Man vgl. hiezu insbesondere  Th. Mommsens Inschriften
im X. Bande der Mittheilungen der antiquarischen Gesellsclıall in Zürich 1854.)

Agaunum (bei St. Moriz im Wallis - St.Maurice).
Aventicum (im Gau der Tigoriner, die man daher nicht, wenigstens nicht vorzugsweise, im Zürichgau suchen muss; jetzt Avenche, deutsch Wiflisburg, welches aus pagus villiacensis, Vully entstanden ist).
Petenisca, Petinisca, Petinesca (am Jensberg, bei Büren).
Pennilucus, Pennolucus, Pennelocus (ob etwa aus Poenini lucus? wie Vallis poenina,
Jupiter und Mons poeninus, Alpes poeninze) bei Villeneuve.
(Liber Pater) Cocliensis, Cochliensis (Cully).
Tarnaiae ( bei St. Maurice en Vallais).
dun, romanisirt dunum, tunum (eine Benennung die in Thun sich wieder findet, und in den mit deutschen Wörtern verbundenen Thunstetten, Thungschneit, Dürnten aus tun-riuti zusammen gezogen): Eburo-, Ebrodunum (Yverdon), Minno- Minni - Mel-dunum etc. (Moudon. Milden), Novio-Nevi- Nivi-dunum etc. (Nyon, Neus), Se-dunum, Taure-tunum. Diesen reiht sich unter andern an: Campodunum (Kempten, Kanton Zürich).
dur, rom. durum, turum: Gauno-durum. Octo-durus, Octodurum. Octodorum
(bei Martinach). Salodurum (Solothurn). Vitu-durum (Winterthur). Turicum,
Turegum (Zürich). (Diesem Stamm gehören z. B. an: Thur, der Fluss, Durach
bei Schaffhausen, Dürrenbach im Engelberg, beide tautologisch, wie man sagt
Aabach, Aawasser; Durnacum (Dornach); Turgi (bei Windisclı); das goldene
Thor auf dem Schatzbuck bei Kloten, d. h. die Goldflimmer aufwerfende Tur).
Genava, Geneva, Geneua. Lousanna, Lausona, Losanne. magus: Bromagus, Viromagus. Vindonissa (Windisch). Viviscum, Vibiscum (Vivis, Vevey).